„Ist ja kein Wunder, dass du dich nicht mehr an mich erinnerst. So oft wie du die Frauen wechselst und so schlecht wie dein Gedächtnis ist, ist klar, dass du dich nur noch an ihren Brustumfang erinnern kannst“, erklärte die Rothaarige und klang nicht mehr ansatzweise so freundlich, wie zu Orion und Lika.
Die Blauhaarige wurde bei diesem Thema ein wenig rot um die Nase und blickte auf den Tisch, wo sie ihre Hände liegen hatte und die Finger immer wieder ineinander verknotete.
Kaden seufzte und warf den Kopf in den Nacken.
„Hören sie Lady, sie sind aufgeflogen. Sie können dieses schlechte Schauspiel also seinlassen. Langsam wird dieser gescheiterte Versuch wirklich traurig!“, rief Kaden den letzten Satz in den leeren Raum, als würde er zu jemandem sprechen der sich nicht zeigte. Obwohl er ein Vampir war und aus diesem Grund eigentlich eindeutig Sezunas Geruch wahrnehmen sollte, schien er es dennoch zu leugnen, als würde er es nicht glauben wollen.
„Das ist mal wieder sowas von typisch! Du hast dich wirklich kein bisschen verändert, du bist immer noch dasselbe Arschloch von früher!“ Wütend schlug Sezuna mit der Faust auf den Tisch und lehnte sich weiter in Richtung Kaden, wobei sie mehr und mehr an Orion geriet, was der rothaarigen Vampirin gar nicht aufzufallen schien.
„Gut du willst dieses Spiel also weiterspielen Kätzchen? Schön! Ich war schließlich nicht derjenige der die Scheiße gebaut hat!“ Auch Kaden lehnte sich mehr in Sezunas Richtung, während er bereits halb auf Lika lehnte und im Grunde eher sie anschrie, als seine ehemalige Freundin.
„Ach nein hast du nicht?“, fragte sie herausfordernd. „Ich wusste schon immer, dass dein Gedächtnis nicht das Beste ist, aber Demenz in dem Alter?“ Hier schüttelte sie empört den Kopf. Lika zog ihren Kopf ein, als Kaden sich noch weiter vor beugte, um noch etwas zu sagen. Doch im selben Moment ließ die Direktorin ihre Hand auf den Tisch krachen und beide blickten, nicht ansatzweise erschrocken, zu ihr auf.
„Es reicht mir mit euch beiden! Saytan und Dilectus setzen!“, rief die Direktorin zu Cyrils linken aus und sowohl Sezuna als auch Kaden setzen sich wieder normal auf ihre Stühle, aber nicht ohne sich zwischendurch böse Blicke zuzuwerfen.
„Ich hab Ihnen gesagt, dass es keine gute Idee war die beiden in ein Team zu stecken“, flüsterte sie eindringlich zu der Frau mit den violetten Augen, wobei ihre Stimme dennoch durch das Echo im Raum an die anderen Anwesenden weitergegeben wurde.
„Moment mal. Versteh ich das richtig? Wir sollen mit den beiden in einem Team arbeiten?“, fragte Orion und hoffte mit jeder Faser seines Körpers, dass er sich irrte. Cyril nickte langsam mit dem Kopf und beobachtete amüsiert die Blicke, die sich die vier zuwarfen.
„Können wir nicht lieber in Salzsäure baden? Das wäre mir lieber, als mit der Furie da drüben Zeit verbringen zu müssen.“ Kaden nickte kurz mit seinem Kopf in Sezunas Richtung. „Abgesehen davon, scheinen die beiden Köter hier auch nicht sonderlich begeistert davon zu sein.“ Kurz zeigte er mit dem Daumen auf Lika und Orion, die neben ihm saßen, den Blick nahm er jedoch keine Sekunde von Cyril. Wütend schreckte Orion von seinem Stuhl hoch.
„Wie hast du uns gerade genannt?“, fragte er mit einem tiefen Knurren, das seine Aggressivität zum Ausdruck brachte.
„Genug“, sagte Cyril mit fester Stimme und Orion ließ sich entspannt auf seinen Stuhl fallen. Alle schienen gelassener zu werden und konzentrierten sich nur noch auf die Frau mit dem grauen Haar, die ihre Hand senkrecht und flach in die Luft gerichtet hatte.
Als diese die Hand wieder sinken ließ, kassierte sie ein verärgertes Knurren und einen wütenden Blick von Sezuna, doch sie schwieg. Zumindest fürs erste.
Ihre Mission war wichtig, dass wusste sie und sie wollte endlich mehr erfahren.
Cyril ließ noch einmal ihren Blick über die Gruppe schweifen, ehe sie sich dazu entschied anzufangen.
„Uns ist ein eher merkwürdiges Gesuch entgegen gebracht wurden“, erklärte sie und blickte noch einmal alle vier nacheinander und eindringlich an.
„Es scheint so, als hätten es einige magische Wesen auf die Erde geschafft und verbreiten jetzt dort Chaos.“
Kaden riss überrascht die Augen auf, in denen sich seine Begeisterung spiegelte. „Die Erde? Ich habe ein Auftrag von der Erde bekommen?“ Ein kurzes Lachen entfuhr ihm das seine Genugtuung betonte.
„Ja, sie haben mich schon richtig verstanden. Wir haben eine Nachricht von ihrer Regierung erhalten und es scheint wohl ein Notfall zu sein. Wir kennen weder Ursprung noch Rasse.“ Ein mulmiges Gefühl machte sich in der Magengrübe von Orion breit, was nichts Gutes verheißen konnte. Seine Sinne Gefahr zu wittern, waren mehr als ausgereift und eine klare Warnung. Vorsichtig schielte er zu Lika, die zwar zuzuhören schien, jedoch nur auf ihre Hände unter dem Tisch starrte.
„Von welchen Ausmaßen sprechen wir hier?“, erklang Sezunas Stimme. Orion bekam eine Gänsehaut, doch er ließ sich nichts anmerken und lehnte sich nach vorne, um die Unterarme auf der Tischplatte abzulegen.
„Verwüstung, Mord, Bedrohungen. Es gab auch einige die vermisst wurden. Wir wissen nicht, ob es eine Entführung sein soll, oder ob die Leichen nur noch nicht entdeckt wurden. Auch in den Regierungsgebäuden der Erde schien es mehrere Einbrüche und dergleichen gegeben haben. Die Lage ist mehr als zugespitzt“, antwortete Cyril und schlug einen ernsteren Ton an.
„Und warum wurden gerade wir ausgewählt?“, wollte die Rothaarige wissen und spielte mit einer Strähne ihres Haares. Diese drehte sie immer wieder um den Finger, während sie nachdachte.
„Das kann ich euch sagen“, erklärte die Direktorin, wenig begeistert. „Du bist ein magisches Archiv und interessierst dich für die Erde. Keiner in unserer Welt weiß so gut Bescheid, wie du. Kaden ist gut darin an Informationen heran zu kommen. Lika ist ein technisches Genie, das sehr hilfreich sein wird, wenn ihr auf der Erde mit Elektronik in Berührung kommt und Orion ist stark und gut darin Pläne zu machen.“
Lika hob den Blick, als die Direktorin von ihr sprach und ihr Mund wurde trocken. Sie war also nicht nur dabei, weil es um Orion ging? Sie wurde wirklich, wegen ihrer Fähigkeiten gebraucht?
Ein wenig Farbe wich aus ihrem Gesicht, als ihr bewusst wurde, wie viel man von ihr verlangte. Dennoch schwieg sie.
Neugierig wendete der dunkelblonde Mann zu ihrer linken den Blick zu ihr und musterte sie. „Nervös? Sind ja nicht gerade die besten Voraussetzungen um einen Auftrag höchsten Niveaus entgegen zu nehmen“, meinte dieser leichthin und beobachtete wie seine Worte Lika verunsicherten.
„Ich bin mir sicher, dass sie sich auf einem höheren Niveau bewegt, als du. Allerdings ist es ja auch nicht gerade schwierig eine hohle Kokosnuss zu übertreffen“, fauchte Sezuna, die schon allein vom Klang von Kadens Stimme durchdrehen könnte.
Orion musste ein Lachen, das Gefahr lief die angespannte Stimmung noch weiter zu provozieren, unterdrücken.
„Wäre es möglich, dass du vielleicht einfach nur eifersüchtig bist?“, fragte Kaden mit einem gespielt nachdenkenden Ton in der Stimme, um sie zu provozieren. Frustriert seufzte die Direktorin, die bereits ahnte worauf das wieder hinaus laufen würde.
„Auf Lika, das sie mit einen so sexy Werwolf zusammenarbeitet und ich ein solchen hohlen Partner habe? Ja, ich denke, da hast du Recht“, erklärte sie und zuckte die Schultern, um zu symbolisieren, wie egal ihr Kadens Meinung dazu eigentlich war. „Aber auf Grund der Tatsache, dass wir auf die Erde können, kann ich darüber hinweg sehen, dass du schwanzgesteuert bist. Immerhin kann das auch hilfreich sein. Nehme ich an.“
Auf diesen Kommentar seitens Sezuna, wurde Lika schlagartig rot im Gesicht und wünschte sich überall hin, nur nicht hier. Was war nur los bei den beiden, oder waren alle Vampire so?
Auch Orion runzelte verwirrt die Stirn und fing bereits an diesen Auftrag zu hassen. Wenn es jetzt schon so anfing, wie würde es dann auf der Erde erst aussehen?
„Ich bin also Schwanzgesteuert, ja?“ Der Vampir legte ein provokantes Grinsen auf und lies seinen Blick über Sezuna wandern. „Ich bin hier nicht derjenige, der halb nackt zu einer beruflichen Sitzung kommt. Außerdem habe ich kein Interesse an solchen Mauerblümchen, wie der Welpin hier.“ Gelangweilt verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf und schloss die Augen.
„Oh, du Armer. Wahrscheinlich bringt dich so viel nackte Haut aus dem Konzept, weil du die sonst nicht siehst. Das tut mir leid“, erklärte Sezuna in einem Ton, der deutlich machte, dass es ihr alles andere als Leid tat.
„Genug jetzt“, rief die Direktorin und schlug mit der Hand auf den Tisch.
Sezuna seufzte, schloss ebenfalls die Augen und lehnte sich abwartend zurück.
„Nun gut. Wie ich merke sind unter den einzelnen Anwesenden gewisse Spannungen vorhanden. Jedoch schätze ich sie alle als professionell genug ein, diese Konflikte nicht ihren Auftrag beeinträchtigen zu lassen. Da sie jedoch bereits morgen abreisen werden und noch einige Sachen geklärt werden müssen, denke ich, es wäre von Vorteil keine weiteren Auseinandersetzungen mehr zu provozieren.“ Cyril schien die Sitzung schnellst möglich beenden zu wollen, was auch alle anderen Anwesenden ebenso empfanden.