Ermüdend rieb sich Kaden über die Augen und bereute es diesen Auftrag angenommen zu haben. Er würde es sich definitiv angewöhnen öfter Stunden ausfallen zu lassen.
Wenigstens schien es die Professoren nicht zu interessieren, ob man aufpasste oder nicht. Somit konnte er wenigstens ein Nickerchen machen, da er bereits nach der Begrüßung des Professors schläfrig wurde.
Noch immer leicht benebelt blickte sich der Dunkelblonde in dem Café um, in dem die vier ein Treffen vereinbart hatten, nach deren Vorlesung.
Kaum zu verwechseln entdeckte er den blauen Haarschopf der Werwölfin und begann zu grinsen, als er sah, dass sie alleine dort saß.
Auf eine seltsame Art und Weise genoss er es sie in Verlegenheit zu bringen, wenn sie beide alleine waren. Weder Orion, noch Sezuna, die sie in Schutz nehmen konnten.
Wie eine Gazelle auf der Flucht.
Mit einem Gähnen richtete er sich wieder auf und gab sich innerlich einige Ohrfeigen, um wieder zu Bewusstsein zu kommen.
Ohne sich anschleichen zu wollen ging er zu ihr rüber und ließ sich auf den Stuhl gegenüber von der Werwölfin fallen.
„Und hast du dich bepinkelt?“, fragte er neckisch mit demselben arroganten Grinsen, das er immer so selbstgefällig aufsetzte.
Lika, die ihn offensichtlich nicht bemerkt hatte, schreckte auf und ihre zweifarbigen Augen richteten sich erschrocken auf Kaden.
„Oh“, gab sie von sich und versteifte sich etwas. Dann blickte sie sich suchend um, als würde sie nach Hilfe suchen, doch weder Orion, noch Sezuna waren anwesend.
Lika schluckte. „Nein, es war nicht schlimm“, meinte sie schließlich ein wenig schüchtern und zog den Kopf ein.
Eine Kellnerin kam vorbei, um die Bestellung aufzunehmen, was Lika kurz durchatmen ließ. Doch kaum hatte sie ihre heiße Schokolade bestellt, würde die Kellnerin sie auch schon wieder mit Kaden allein lassen.
„Ich glaube nicht das sie irgendwas dahaben was mit gefällt“, erklärte er nur mit einem freundlichen Lächeln und gab das Wort an Lika weiter die mehr als lange zögerte ihre Bestellung zu äußern.
Letztendlich führte doch kein Weg drum herum und somit saß sie wieder alleine an ihrem Tisch... mit Kaden.
„Möchtest du nichts essen? Ich könnte dir ein Stück Kuchen holen, wenn du möchtest“, fragte er verdächtig zuvorkommend, während sein Gesicht auf seiner Faust ruhte und er keine Sekunde den Blick von Lika abwandte.
Diese schüttelte jedoch den Kopf und hatte ihre Hände sittsam in ihrem Schoß verschränkt.
Während sie versuchte Kadens Blicken auszuweichen, hörte sie die Kellner tuscheln. Es wurde sich über ihre Haar- und Augenfarbe gewundert und einer der Kellner war nicht sicher, ob er nicht zu ihr kommen und sie vor Kaden retten sollte.
Das beruhigte sie ein wenig, auch wenn sie wusste, dass der Mensch keine Chance gegen den Vampir haben würde.
„Was treibst du da schon wieder?“, fragte eine leicht verärgerte Stimme und Sezuna ließ ihre geschlossene Hand leicht auf Kadens Kopf fallen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. „Dich kann man auch keine Sekunde aus den Augen lassen.“
Dieser verlor jedoch keine Sekunde sein Lächeln und hielt den Blick stets auf Likas Gesicht gerichtet.
„Hör überhaupt nicht auf die, du hast wunderschöne Augen“, flüsterte der Vampir mit seinem verträumten Blick und zwinkerte ihr zu.
Auch wenn Likas verlegene, hilfesuchende Gefühle ein Lächeln auf seine Lippen zauberte, so konnte er dennoch Sezunas Verärgerung nur schwer ausblenden.
Lika wurde rot im Gesicht und blickte hilfesuchend zu Sezuna. Diese seufzte und ließ sich auf dem Platz zwischen Kaden und Lika nieder, konnte aber leider nicht verhindern, dass sich die beiden gegenüber saßen. Dazu war sie zu spät gekommen.
Aber so konnte sie Lika wenigstens ein wenig Unterstützung geben.
Einer der Kellner kam auf sie zu und nahm nun Sezunas Bestellung entgegen.
Sie wollte einen Kaffee und ein Stück Zupfkuchen.
Der Kaffee würde sie wach halten und der Kuchen ihren Magen beruhigen, dennoch würde sie sich mit Kaden unterhalten müssen. Sie sollten heute Abend irgendwo ausgiebig trinken. Und wenn sie sich irgendwelche Besoffenen von der Straße sammeln mussten. Sie brauchte verdammt noch mal endlich Blut! Ihr Kopf schmerzte schon, weil sie in letzter Zeit zu wenig getrunken hatte. Ob es Kaden auch so ging?
Zum wiederholten Mal senkten sich Kadens Augenlieder, kurz davor sich erneut dem Schlaf hinzugeben.
Seufzend lehnte er sich zurück und legte den Kopf in den Nacken.
„Oh Gott“, murmelte Kaden als er im Nacken seine Augen öffnete und eine auf dem Kopf stehende Selene entdeckte die ihn zum Glück noch nicht bemerkt hatte.
Schnell richtete er sich wieder auf und heftete seinen Blick nun auf die Rothaarige.
„Hast du nichts zu Trinken?“, er musste ihren Blutdurst gespürt haben.
„Nicht mehr viel“, gestand Sezuna und zuckte ein wenig. Das Blut, das sie dabei gehabt hatte, war noch nicht alle, aber es war abgestanden und schmeckte widerlich. Außerdem verbrauchte ihre besondere Gabe immer enorm viel Kraft. In letzter Zeit hatte sie diese zu oft genutzt und zu wenig getrunken. Daher wäre sie auch während der Vorlesung beinahe eingeschlafen. Was ihr sonst nicht passierte, wenn es neue Dinge zu lernen gab.
Außerdem war sie sich fast sicher, dass auch Kadens Müdigkeit daher rührte, dass er nicht genug getrunken hatte. Zumindest zum Teil. Zum anderen Teil schien ihm einfach stink langweilig zu sein.
„Vielleicht könnten wir heute Abend in eine Bar gehen“, schlug die Rothaarige vor und versuchte Kaden dabei möglichst nicht anzuschauen.
Ob Orion sie von sich trinken ließ?
Sezuna wusste nicht genau, woher der Gedanke kam, aber er kam ihr einfach. Vielleicht, weil Werwolfsblut so lecker schmecken sollte.
Sie konnte das nicht sagen, immerhin hatte sie noch nie welches probiert. Und wahrscheinlich war das einfach nur eines dieser typischen Klischees, die es öfters gab, wenn Vampire von Werwölfen und anderes herum, sprachen.
Genau zum richtigen Zeitpunkt nahm sie auch schon den männlichen Werwolfsgeruch wahr der ihr gegen den Rücken schlug. Und wenig später setzte sich der Werwolf auch schon gegenüber von der Rothaarigen.
Verstohlen schielte Kaden kurz zu Sezuna, der ihre Gefühle nicht ganz deuten konnte.
„Hab ich was verpasst?“, fragte der Werwolf und sah Lika kurz prüfend an und dann zu Kaden, bei dem sich seine Mimik im Sekundenbruchteil verschlechterte.
Anschließend wandte er den Blick geradeaus auf Sezuna und wartete auf eine Antwort.
„Nein, nicht wirklich“, murmelte Sezuna, die den Kopf schief legte und blickte Kaden weiter fragend an.
War er nun für eine Bartour am Abend, oder nicht.
Hatte er ihre Frage überhaupt mitbekommen? Das war auch etwas, was sie an Kaden noch kannte. Das er manche Fragen einfach nicht realisierte, oder absichtlich überging.
„Kaden und ich wollten vielleicht eine Bartour heute Abend machen“, erklärte die Rothaarige schließlich doch, um Kaden noch einmal auf ihre Frage hinzuweisen. Vielleicht war er zu müde, um es beim ersten Mal zu bemerken.
Immer noch erwiderte er nichts, sondern Blickte vielmehr auf Lika die sich nach wie vor zurückgezogen hatte.
Auch wenn er die Frage sehr wohl gehört hatte, ignorierte er diese mit Absicht. Er war sich nicht sicher, ob er mit Sezuna Zeit alleine verbringen wollte. Schließlich hatte er sich vorgenommen ihr weitgehend aus dem Weg zu gehen.
Doch in Anbetracht der momentanen Situation wäre es wohl keine schlechte Idee.
Auch wenn er die letzten Nächte wenig geschlafen hatte, da er sich angewöhnt hatte bei Lika zu übernachten, setzte ihm der Blutmangel dennoch ebenso zu.
Er müsste endlich seinen verdammten Zimmerschlüssel wiederfinden.
Er hatte schon oft genug mit dem Gedanken gespielt, sich einfach in Likas Bett zu legen, da er auf der unbequemen Couch keinen Schlaf fand.
Doch natürlich spürte er wie viel Angst Lika doch vor ihm hatte. Andererseits... vielleicht würde sie dann etwas weniger Angst bekommen, wenn sie merken würde, dass er ihr nichts tat... noch nicht.
Orion hob fragend eine Augenbraue und blickte nach wie vor zu Sezuna.
„Ist es das, was ich denke was es ist?“, fragte er und wusste um ehrlich zu sein gar nicht so recht ob er die Antwort überhaupt hören wollte.
Sezuna nickte gerade noch, als schon ihr Kaffee geliefert wurde.
Sie trank schnell einen Schluck und versuchte nicht auf Kaden zu blicken.
Aber auch Orions Blick war ihr gerade nicht ganz so angenehm.
Am Tisch verbreitete sich ein unangenehmes Schweigen und keiner schien sich wirklich in die Augen sehen zu wollen. Nach geraumer Zeit wandte auch Orion den Blick von Sezuna ab und blickte fragend zu Lika.
Was genau war hier los?
Schien so als hätte er doch was verpasst.
Diese gab ihm jedoch keine Antwort auf die unausgesprochene Frage und starrte weiter auf ihre Hände in ihrem Schoß, wenn sie nicht gerade ein Schluck von ihrer heißen Schokolade nahm.