Plötzlich vergrößerte sich das Grinsen um Kaden Mundwinkel und lies den Werwolf leicht die Augenbrauen hochziehen.
„Sag es“, forderte Kaden selbstgefällig.
„Was?“, irritiert legte Orion die Stirn in Falten.
„Ich will, dass du sagst: Kaden, bitte hilf mir. Ich schaff das nicht“, erklärte Kaden wobei er den letzten Satz in einem schlechten Orionabklatsch wiedergab.
Der Werwolf rollte die Augen und fuhr sich gestresst durch die Haare.
„Bist du wirklich so erbärmlich?“, fragte der Brünette und hoffte das es nur ein schlechter Witz war.
„Offensichtlich“, lächelte ihn Kaden an und sah ihn ungeduldig an. „Ich warte.“
Seufzend fuhr sich Orion über den Nacken und lehnte sich zurück.
„Kaden... wir brauchen deine Hilfe... zufrieden?“
„Hm...“, machte Kaden nachdenklich, „Ich denke das kannst du besser.“
Er war so darauf fixiert Orion zu ärgern, dass er gar nicht bemerkte, wie sich ihm eine rothaarige Frau näherte. Sie beugte sich zu seinem Ohr und flüsterte: „Ich dachte mir schon, dass du das nicht kannst.“
Kaden drehte sich um und sah gerade noch, wie Sezuna wieder in der Menge verschwand.
Er hätte sich doch denken könne, dass sie zuhörte.
*Typisch Kätzchen*, dachte sich Kaden verärgert. Immer musste sie ihm den Spaß aus allem nehmen.
Kein Wunder. Schließlich zwang er ihren Hund dazu sich ihm zu unterwerfen.
Kaden grinste. „Scheint so, als wäre das Kätzchen böse, dass ich dich ärgere“, erklärte er an Orion gewandt.
„Lass uns das verschieben. Ich mach es. Unter einer Bedingung“, Kaden hob den Zeigefinger und hielt kurz inne. Erneut rollte Orion genervt die Augen. Könnte er es nicht einmal gut sein lassen? „Nach dem Auftritt von dir und Sezuna wird sie mich vermutlich für einen perversen Idioten halten-“
„Was du auch bist“, warf Orion ein, doch Kaden ignorierte ihn.
„-Das bedeutet ihr müsst irgendwie für mich herausfinden auf was für einen Typ sie steht. Ansonsten hat das alles sowieso keinen Sinn.“
Orion hob eine Augenbraue. Irgendwie hatte er etwas anderes erwartet, aber das was Kaden wollte, schien für seine Aufgabe wichtig zu sein. Das sah sogar Orion. Allerdings war er sich nicht sicher, wie sie herausfinden sollten, auf welchen Typ Alexa stand.
Seufzend gab sich Orion geschlagen: „Meinet wegen“, murmelte er und hoffte, dass er es irgendwie an Sezuna abschieben konnte.
Zufrieden mit sich, wenn auch nicht ganz, lehnte sich Kaden zurück und wartete ab.
„Wie viel Zeit hab ich?“
Orion richtete sich auf und setzte dazu an aufzustehen.
„Mach einfach so schnell du kannst“, mit diesem Satz stand er auf und ging los um Sezuna zu suchen.
Kaden blickte ihm hinterher. Wie ein Hund, der sein Herrchen suchte.
Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen und er nippte an seinem Getränk. Das würde noch sehr lustig werden.
Vorsichtig versuchte die Frau mit den violetten Haaren drei Gläser zu balancieren, während sie sich zwischen eine tosende Menge schlängelte. Sie war es gewohnt sich in dieser Bar zurecht zu finden, nur war das meist hinter dem Tresen der Fall. Auf der offenen Fläche ging es zu wie auf einem Schlachtfeld.
Im nächsten Moment stolperte diese auch schon über einen tanzenden Fuß und stieß geradewegs gegen eine feste Brust, während sich die Getränke überall verteilten außer da wo sie hin sollten.
Ausrufe wurden laut, weil sie einige Leute mit den Getränken getroffen hatte und Havok malte sich schon aus, wie die Leute auf sie losgingen. Das war durchaus denkbar.
Vorsichtig hob sie den Kopf und blickte den Mann entgegen, der sie unbeabsichtigt aufgefangen hatte. Scheinbar aus Reflex hatte er eine Hand um sie gelegt, um sie zu halten.
„Alles in Ordnung?“, fragte seine tiefe Stimme und Havok wurde leicht rot. Bis sie bemerkte, dass sie auch den Mann mit dem Getränk beschüttet hatte.
Grün leuchtende Augen blickten auf sie herab bis sie den Mann wiedererkannte. Es war derselbe Mann der hinter Sezuna gestanden hatte als sie sie zum ersten Mal kennengelernt hatte.
Ihre Mitbewohnerin musste ebenfalls hier irgendwo sein, ging sie automatisch davon aus.
„Entschuldigung“, entgegnete sie überraschend heißer. Ihre Stimme versagte als sie den Blick wieder senkte.
„Kein Problem“, entgegnete Orion und packte sie an den Schultern, ehe sie Havok wieder hin stellte. Dann besaß er sich den Boden. Alles war voller Trinken und Glas.
Doch die tanzende Menge schien sich daran kaum zu stören. Sie machte lediglich ein bisschen Platz.
Havok, die nun nach unten sah und den Schaden bemerkte, seufzte. Sie hatte keine Lust das weg zu machen.
„Ist dir was passiert?“, frage Orion und begutachtete sie von oben bis unten, während er kurz über ihren Unterarm fuhr um sicherzugehen das sich nicht doch Glassplitter darin verirrt hatten.
Havok versteifte sich ein bisschen, unter der ungewohnten Berührung, zwang sich dann aber doch dazu, ihren Mund zu öffnen: „Mir geht es gut, danke“, brachte sie ein wenig gepresst hervor.
Orion hob wieder seinen Blick, um Havok zu betrachten und trat einen Schritt zurück.
„Entschuldige, ich... wollte dir nicht zu nahe treten“, erklärte er und hob ein wenig beschwichtigend die Hände. Plötzlich schien sich sein Blick zu einem Grübeln zu wandeln. „Kennen wir uns nicht?“
Havok blickte Orion kurz fragend an, ehe es ihr dämmerte, was er meinte.
„Namentlich nicht, aber ich bin Sezunas Mitbewohnerin. Wir haben uns am Tag ihres Einzuges gesehen“, erklärte sie und reichte ihm ihre Hand: „Ich heiße Havok. Freut mich.“
Orions Augen schienen die Menge ab zu suchen.
„Ja ich erinnere mich. Orion. Hast du vielleicht Sezuna gesehen?“, fragte er und ließ die grünen Augen weiter über die umliegende Menge schweifen.
Havok, die sich fühlte, als wäre sie gerade abgeblitzt, ließ ein wenig die Schultern hängen. „Sie war vorhin dort drüben“, erklärte sie hilfsbereit, auch wenn es ihr nicht sonderlich gefiel.
Orion sah in die gezeigte Richtung doch er konnte ihre Mitbewohnerin nicht ausfindig machen. Seufzend ließ nun auch der Mann die Schultern hängen.
Kaum hörbar fluchte dieser leise und fuhr sich mehrmals mit der Hand über den Nacken.
„Kann ich dir vielleicht helfen?“, fragte Orion schließlich und deutete auf den Fußboden.
Havok, die erwartet hatte, dass Orion nun abzog, war über diese Frage sehr verwundert.
„Ähm“, machte sie kurz nachdenklich. „Würdest du vielleicht hier warten und dafür sorgen, dass niemand reinläuft, bis ich mein Zeug geholt habe?“, fragte sie vorsichtig. Es war kaum zu glauben, dass er ihr Hilfe anbot.
Er nickte und hielt bereits einen anderen Mann davon ab in die Pfütze zu treten. Im selben Moment machte sich Havok schnell auf den Weg um einen Mopp und einen Handfeger zu besorgen.
Auch wenn sie nur Teilzeit in der Bar arbeitete, wobei es in letzter Zeit eine Menge Ausfälle gab in denen sie einspringen musste, hatte sie den Mann vorher nie in der Bar gesehen. Außer das eine mal als er kurz mit Kaden hier war, doch an dem Abend war sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt als dass sie ihn wahrgenommen hatte. Sie waren danach auch schnell bei Reyes verschwunden also nicht der Rede wert. Im Gedanken versunken machte sie sich auf den Weg zurück zur Tanzfläche als ihr ein roter Haarschopf ins Auge fiel.
Das musste Sezuna sein.
Sollte sie Orion Bescheid sagen, oder warten, bis er sie vielleicht selber sah?
Havok überlegte noch, als sie bei Orion ankam. Mit einem leisen 'Danke' begann sie damit das Chaos, das sie angerichtet hatte, wieder zu beseitigen.
Es dauerte nicht lange als Orion ebenfalls nach unten bückte, um die Scherben aufzufegen. Er konnte nicht anders als zu lächeln als er wieder an Sezunas Worte denken musste, dass Frauen zum Kinder kriegen da waren und nicht für solche Arbeiten. Havok linste ab und zu, zu ihm rüber doch sie konnte sich keinen Reim auf sein plötzliches Lächeln machen.
Hätte sie gewusst, dass er dabei an Sezuna dachte, hätte sie es sicherlich nicht so beruhigend gefunden.
Aber so musste sie ebenfalls über die Situation lächeln.
„Den Rest mach ich erst nach Ladenschluss weg. Aber Danke für deine Hilfe“, meinte Havok als sie sich wieder aufrichtete und den Handfeger von Orion entgegen nahm.
„Das war doch gar nichts“, entgegnete der Mann kopfschüttelnd und begleitete Havok zurück zum Tresen, um die Sachen zurück zu bringen.
Dort ließ er sich auf einen Barhocker nieder und suchte mit seinen Augen die Umgebung ab.
Havok überlegte kurz und stellte ihm schließlich ein Getränk vor die Nase. „Das geht aufs Haus. Als Dank für deine Freundlichkeit“, sagte sie mit einem Lächeln.
Orion senkte kurz seinen Blick auf das beschlagene Glas und dann wieder hoch zu Havok.
„Danke, aber ich trinke normalerweise nicht“, gab er ein wenig unangenehm zurück da er ihre Geste eigentlich nicht ablehnen wollte.
Jedes Mal wenn ihm etwas angeboten wurde, was ziemlich oft vorkam, musste er an das erste und letzte Mal denken an dem er getrunken hatte.
Es war eine ganz normale Abschlussfeier, nur unter Schülern, und sein Vater hatte ihm nach einer ordentlichen Tracht Prügel vorgeworfen er wäre wohl doch nicht in der Lage dazu irgendwann seinen Platz einzunehmen.
Seufzend schob er das Glas von sich weg und verschränkte die Arme auf dem Tresen.
„Niemand wird von einem Glas betrunken und ich schätze dich so ein, dass du stark genug bist, um deine Grenzen zu kennen. Immerhin kann das niemand, außer dir“, erklärte Havok und war noch nicht dabei aufzugeben. Auch wenn sein Wiederspruch sie störte.
„Niemand außer ich?“, wiederholte er mit einem kurzen Lachen und drehte das Glas mit seiner rechten Hand. „Ich denke ich sollte lieber passen.“
Er zog wieder seine Hand zurück und löste sein immer noch nasses Hemd ein wenig von seiner Brust und seinem Bauch das begann zu kleben.
„Na sowas, Orion beim Trinken und flirten. Das gefällt mir“, erklang eine Stimme und kurz darauf ließ sich Sezuna elegant neben ihm auf dem Barhocker sinken. „Oder bist du etwa gerade dabei der Dame den Dank auszuschlagen? Das ist sehr unhöflich. Ich glaube so hat dich dein Vater nicht erzogen“, meinte sie und bestellte ebenfalls ein Getränk.
Auch wenn Sezuna die Informationen, die sie im Laufe der Jahre sammelte, nur selten benutzte, um ihren Freunden und Kammeraden zu schaden, so war sie doch besser über Orion informiert, als dieser wusste. Auch wenn die Rothaarige es bis vor einigen Momenten ebenfalls verdrängt hatte.
Im selben Sekundenbruchteil indem sie seinen Vater erwähnte schlugen sich Orions Mundwinkel nach unten und er schien sprachlos.
Er mochte es bereits nicht, dass Kaden wusste wer sein Vater war, doch Sezuna?
Es schien als würde jeder alles über ihn wissen doch er nichts über sie.
Er senkte den Blick und wandte sich wieder zu Havok.
„Ich habe weder das eine, noch das andere getan“, antwortete er mit tiefer Stimme ungewohnt kühl.
„Natürlich hast du das“, erklärte Sezuna mit ihrer leicht neckenden Art weiter.
Havok hielt sich aus dieser Sache lieber raus und reinigte das Glas, das eigentlich keine Reinigung brauchte. Nebenbei beobachtete sie verstohlen Orion und Sezuna. Es schien ihr fast so, als würde Orion gleich die Beherrschung verlieren.
„Aber eigentlich ist es auch gut nicht immer auf seine Eltern zu hören. Sonst überflügelt man sie nie“, damit schien für Sezuna das Gespräch beendet und sie nahm sich ihren Cocktail, den ihr Havok schon vor einigen Sekunden hingestellt hatte und verschwand wieder in Richtung Tanzfläche.
Der Werwolf zögerte und blickte auf das Glas nieder bis er schließlich einen Schluck nahm und das Glas danach wieder abstellte.
Es war bereits etliche Jahre her gewesen, als Orion das letzte Mal etwas Alkoholisches getrunken hatte und musste sich daher wieder die Erinnerungen an das letzte Mal wieder ins Gedächtnis rufen.
Die Frau mit der Brille legte den Kopf leicht schief und kämmte ihren Pony zur Seite. Wieso hatte er nun doch getrunken? Hatte Sezuna etwa einen wunden Punkt getroffen?
„Danke, aber ich sollte jetzt lieber gehen“, erklärte Orion und stand auf um zum Gehen anzusetzen.
Das er jetzt so einfach davon lief, zeigte Havok, dass Sezuna wohl wirklich einen wunden Punkt getroffen hatte.
Aber sie konnte auch nichts daran ändern, daher lächelte sie nur ein wenig traurig und meinte: „Schade, aber ich hoffe wir sehen uns nochmal wieder.“