Kaden seufzte erleichtert, als er endlich die Tür zu seinen Räumen öffnen konnte.
Sein Koffer stand zwar noch bei Sezuna in der Wohnung, aber den würde er sich später holen. Zuerst einmal würde er sich ins Bett packen und schlafen. Das hatte er sich auch verdient.
Langsam betrat Alexa die Wohnung und sah sich um. Es sah auch wie jede andere Wohnung im Haus für zwei Zimmer. Nichts wirklich Besonderes.
Überanstrengt ließ sich Kaden mit dem Gesicht voran auf die weiche Matratze fallen und drohte augenblicklich einzuschlafen. Erst nach mehreren Atemzügen musste er sich daran erinnern, dass er Alexa eingeladen hatte. Räuspernd richtete er sich wieder auf und ging in die Küche um den Kühlschrank zu öffnen.
„Ich würde dir ja was zu trinken anbieten, aber...“, unnötig lange Sekunden starrte Kaden in den leeren Kühlschrank bis er diesen doch endlich zuschlug. „Wie wär‘s mit Leitungswasser?“
Alexa gab ein Lachen von sich. „Weißt du was? Wie wäre es, wenn ich dich zum Essen einlade, bis du Zeit hattest einzukaufen und dann lädst du mich wieder ein?“, fragte sie mit einem Schmunzeln.
Dieser Typ war irgendwie lustig, wenn auch verplant. Sie mochte ihn sehr. Vielleicht konnten sie Freunde werden.
„Du willst mich also zum Essen einladen ja?“, fragte er und verengte spielerisch seine braunen Augen. „Zum Frühstück?“, hakte er nach.
Alexa musste anfangen zu lachen bei der Andeutung die Kaden ganz offensichtlich aussprach.
„Das hättest du wohl gerne“, gab sie zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Kaden musste bei dieser Geste lächeln.
Nun, da sie wohl nicht mit einer Übernachtung einverstanden war, entschied er sich dennoch das Abendessen anzunehmen. Es war immerhin besser als nichts. Außerdem hatte er Hunger nach dem ganzen Alkohol.
Schließlich zuckte er die Schultern. „Na ja ein Abendessen tut es auch.“
Mit einer gespielten Geste rollte er die Augen und ging auf sie zu. „Na schön. Wenn es dir so wichtig ist, darfst du mich zum Essen einladen.“
„Du bist ganz schön überheblich, weißt du das?“, entgegnete diese als Kaden die Tür aufstieß, nachdem er sich den Hausschlüssel in die Hosentasche gesteckt hatte.
Er musste grinsen bei ihrer Bemerkung. „Ich würde es eher realistisch nennen.“
Er schloss die Tür hinter sich und kontrollierte alle zwei Sekunden ob er den Schlüssel auch noch in der Tasche hatte. Er wollte nicht nochmal in diesem Hotelzimmer aus Staub schlafen müssen.
„Oh Bitte. Du kannst mir doch nicht sagen, dass du das glaubst was du da von dir gibst“, warf sie lachend zurück und stieß die Tür zum Wohnheim auf und fröstelte.
„Meine Ma hat mir immer gesagt ich wäre ein Halbgott, der mit der Schönheit eines Engels gesegnet ist. Mütter lügen nicht“, gab er zurück, als hätte er einen wissenschaftlichen Fakt aufgezählt, der unwiderruflich war.
Bei dieser Antwort musste Alexa schallend lachen. „Oh ja, natürlich“, gab sie zurück. Aber sie musste seiner Mutter zustimmen. Schön war er auf alle Fälle. Aber wie ein Engel, das glaubte Alexa nicht.
Sein Charme war zwar himmlisch, aber sonst kam er ihr doch ein wenig zu eingebildet für einen Engel vor.
Das erklärte wenigstens so einiges. Sollte er wirklich eine solche Erziehung genossen haben, war es schließlich kein Wunder, dass er dachte er stände über allem.
Kaden fing selbst an zu lachen und schüttelte den Kopf.
„Was ist mit dir? Haben dich deine Eltern auch von einem Botschafter Gottes geschenkt bekommen? Oder doch eher von einem des Teufels?“, fragte Kaden nun, in der Hoffnung ein wenig mehr über Alexa zu erfahren.
Seit sie erwähnt hatte, es sei ein Familienerbstück, lag die Vermutung nahe, dass sie womöglich auch eine Hexe sein konnte. Jedoch spürte Kaden keinerlei Magie in ihr und Hexen und Hexer, waren dafür bekannt in der magischen Welt sowie auch auf der Erde ihr volles Potential nutzen zu können. Er konnte das Risiko einfach nicht eingehen.
„Ich bin adoptiert, aber meine Eltern haben mir immer ihre ganze Liebe angedeihen lasse“, erklärte Alexa gut gelaunt und führte Kaden ein Stück durch den Campus, zu einem anderen Wohnheim. „Mein Dad war sehr musikalische und hat mir viel beigebracht“, damit stieß sie die Tür zum Wohnheim auf und ließ Kaden ein.
Dieser passierte den Gang und folgte der Brünetten ins nächste Stockwerk.
„Adoptiert“, murmelte er und sah zu Alexa, die vor einer Tür stehen blieb, um diese zu öffnen. „Du spielst also“, lenkte Kaden das Thema um und überlegte innerlich fieberhaft, wie er an die Kette kommen sollte, ohne dass sie etwas merkte. Er spielte sogar mit dem Gedanken ihr etwas ausversehen überzukippen. Doch der Gedanke verabschiedete sich schnell, da er nicht sicher sein konnte, ob sie die Kette denn ausziehen würde. Andererseits... war es die einzige Idee, die er bis jetzt hatte, außer zu warten bis sie schlief.
Wobei dann auch nicht gesagt war, dass sie die Kette ablegte.
„Ja ich spiele. Auch sehr gern“, erklärte Alexa und führte Kaden in die Küche.
„Was hättest du denn gern? Nudeln hab ich immer da“, erklärte sie und deutete so an, dass er eigentlich keine Wahl hatte.
„Solang es essbar ist, hab ich keine Einwände“, antwortete er mit einem charmanten Lächeln. „Soll ich dir helfen?“, bot er an und beobachtete sie dabei, wie sie diverse Zutaten auf die Küchenplatte packte.
„Kannst du denn kochen?“, fragte sie misstrauisch mit einem Lachen.
„Ich kann Dosen öffnen“, entgegnete er mit einem schiefen Grinsen.
„Na dann öffne mal“, damit warf sie ihm eine Dose mit Tomatensauce und einen Dosenöffner zu.
Fast schon zu schnell fing Kaden die Gegenstände instinktiv auf und hätte sich ohrfeigen können.
Zum Glück hatte sich Alexa schon wieder dem Herd gewidmet, daher hoffte Kaden, dass sie es nicht gesehen hatte. Doch leider hatte er Pech. Alexa hatte es bemerkt, wusste aber nicht, was sie sagen sollte. Wie war das möglich?
Kaden, der spüren konnte, dass Alexa wohl ein wenig geschockt war, überlegte fieberhaft, wie er die Lage entschärfen konnte.
„Ich hab früher... jongliert“, er kniff die Augen zu und fragte sich, was er da eigentlich von sich gab. „Ich war echt gut. Ich war sogar am Überlegen, ob ich zum Zirkus gehen soll“, ergänzte er widerwillig, da er sich schon zu tief in die Lüge fallen lassen hatte.
Verärgert über seine eigene Unachtsamkeit, setzte er den Dosenöffner an und begann zu drehen.
„Wirklich?“, fragte Alexa erstaunt. „Zeigst du mir das mal?“, wollte sie mit Neugier wissen und Kaden konnte keinen Argwohn spüren. Schien als würde sie es ihm abnehmen.
„Aber wenn dann richtig“, meinte er nur und schob die geöffnete Tomatendose über den Tisch, um zum Kühlschrank zu schreiten und sich drei rohe Eier rauszuholen.
„Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, dass man mit Essen nicht spielt?“, mahnte Alexa die Kaden neben sich mit großen Augen anstarrte und schlimmes ahnte.
„Vertrau mir, ich kann das“, lachte er nur und begann die Eier in die Luft zu werfen und wieder aufzufangen.
Beeindruckt hob Alexa eine Augenbraue, während sie Kaden beiläufig beobachtete wie er fast schon nebenbei die zerbrechlichen Ovale auffing und wieder hoch warf.
„In den Zirkus wärst du damit aber nicht gekommen“, seufzte sie nur und drehte sich wieder zu ihrem Herd.
„Ich kann‘s auch einhändig, warte“, schnell schielte Kaden zu Alexa und erkannte seine Chance. Er wechselte auf eine Hand und ließ absichtlich ein Ei auf ihren Kopf fallen.
Mit einem schockierten Gesichtsausdruck riss er die Augen auf.
„Ist wohl doch schon eine Weile her“, lächelte er nun entschuldigend, während die glibbrige Masse von ihrem Kopf auf ihr Top tropfte.
Alexa zog einen Schmollmund, als sie ihn betrachten, doch Kaden konnte ihre Belustigung spüren. Sah sie sogar in ihren Augen.
„Mist“, murmelte Alexa und griff nach ihrer Kette, um sie abzumachen. „Kannst du die mal mit dem Zewa säubern? Ich muss mir Haare waschen“, erklärte sie und das Lachen bahnte sich nun doch einen Weg aus ihrem Mund.
Sie hatte schon lange keinen solchen Spaß mehr.
Sobald Alexa die Tür hinter sich geschlossen hatte wandte Kaden sich um und spülte sie ab um sie im Anschluss abzutrocknen.
Das war ja fast schon zu einfach, dachte er sich grinsen und lobte seine Fähigkeiten bis in den Himmel. Er schaltete eine kleine Lampe ein, um die Kette unter das weiße Licht zu halten.
Der Köter hatte von einem Geheimfach gesprochen... doch wo?
Kaden, der nur allzu gut wusste, dass seine Zeit begrenzt war, fühlte jeden Millimeter davon mit seinen Fingern ab, bis er fündig wurde. Ein kleiner eingerosteter Hackenverschluss der an der Seite des Metallions kaum zu erkennen war.
Er versuchte sie vorsichtig zu öffnen, ohne sie kaputt zu machen, doch das Metall schien wie verschmolzen.
Er hörte wie Alexa das Wasser abstellte und konnte sogar die Shampooflasche hören, die sich öffnete.
„Scheiße!“, fluchte Kaden im Flüsterton, der seiner Verzweiflung Ausdruck verleihen musste. Mit einem Mal knackte es und er befürchtete schon das Schlimmste. Doch das Geheimfach öffnete sich fließend, als wäre es nicht verrostet gewesen.
Kaden warf seufzend den Kopf in den Nacken und hätte beinahe aufgelacht vor Erleichterung. Doch er konzentrierte sich und versuchte sich zusammen zu reißen. Er entdeckte eine kleine Locke, die aussah, als hätte man sie einem Fuchs abgeschnitten. Das musste es sein. Schnell packte er die Locke die mit einem weißen Band verschnürt war ein und drehte sich schnell zur Badezimmertür, wo Alexa bereits wieder das Wasser angestellt hatte.
Schnell versuchte er die Kette wieder zuzuklappen, als er merkte, dass der Verschluss kaputt war und die Öffnung somit immer wieder aufklappte.
Mit großen Augen versuchte der diese verzweifelt zu schließen, doch es war zwecklos.
Als Alexas Schritte erklangen, machte Kaden das einzige, was ihm einfiel und nutzte seine Magie, um den Verschluss zu reparieren. Er hatte nur, dass Alexa dies niemals mitbekommen würde.
„Mach sie mir nur nicht kaputt“, murmelte die junge Frau, als sie im Bademantel und mit einem Handtuch auf den Kopf die Tür öffnete und Kaden beobachtete.
Der Dunkelblonde lachte verzweifelt auf, wobei es eher ein erleichtertes Lachen war.
„Als würde ich jemals etwas kaputt machen. Meine Ma, sagte mal das alles was ich anfasse zu Gold wird also... hier Ma'am, ihre goldene Kette“, mit diesen Worten ging er auf die Knie und hielt ihr dramatisch ihr Schmuckstück entgegen.
Alexa lachte auf und fühlte sich so entspannt, wie schon lange nicht mehr.
„Na dann lass uns weiter kochen. Aber keine Eier mehr anfassen“, sagte die junge Frau gespielt tadelnd, während sie einfach die, doch sehr seltsame, Gesellschaft genoss.
Mit einem Lächeln kam er wieder auf die Füße, wobei ihm innerlich der Schweiß auf der Stirn lief.
„Versprochen“, stimmte er zu und atmete tief durch. Hausschlüssel und Locke in einer Nacht ergattert... es schien wohl doch kein so mieser Tag zu sein.