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Prolog
Regen prasselte auf die Straßen und tauchte die große Stadt in einen Schleier aus grauen Farben.
Das Plätschern des Wassers, auf den gepflasterten Wegen, war kaum zu überhören und wer nicht musste, war heute nicht draußen. Es war nicht nur nass, sondern auch kalt und windig.
Selbst in diesem gräulichen Nebel wirkten die Gebäude noch prunkvoll und majestätisch, doch nichts davon übertraf das Schloss des Highlords, der Vampire.
Müde richtete das Mädchen ihren Blick durch den Regen auf das riesige Gelände, das sich hinter einer stattlichen Mauer befand und die Mitte der goldenen Stadt bildete.
Der kalte Regen prasselte auf ihre Haut ein, doch da ihr Körper bereits keine Wärme mehr hatte, konnte er ihr diese auch nicht mehr nehmen. Ihr Gesichtsausdruck war schicksalsergeben. Sie hatte das schon so oft durch, dass sie erahnen konnte, was auf sie zukam.
„Trödel nicht", rief eine raue Stimme und sie wurde an einem Seil, das ihre Hände zusammenband, nach vorn gezogen.
Ihre nackten Füße platschten in das Wasser, das sich bereits zu kleinen Flüssen gesammelt hatte und über die unebenen Straßen floss.
Die Steine waren rutschig und so musste sie sich Mühe geben, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während sie den anderen Frauen hinterher stolperte.
Sie alle wurden durch den Regen getrieben und niemand achtete auf sie.
Ihr Weg führte sie hinauf zu den Palastmauern.
Sezuna wusste nicht, wie ihr geschehen war.
Sie war doch eine junge Vampirin. Teil dieser Gemeinschaft und ihre Eltern hatten tapfer darum gekämpft diese Stadt zu schützen. Nur, weil sie auf dem Schlachtfeld gefallen waren, war sie jetzt dazu verdammt als Sklavin zu enden?
Warum tat man ihr das an? Warum steckte man sie zusammen mit den anderen Gefangenen in diese Rubrik?
Die restlichen Frauen, die mit Sezuna unterwegs waren, waren älter und Kriegsgefangene. Es machte es nicht besser, doch sie waren nie Teil dieses Systems gewesen. Hatten sich nie auf den Schutz verlassen. Doch für Sezuna gab es diesen Schutz schon lange nicht mehr. Sie war schon seit einigen Jahren als Sklavin unterwegs, wurde aber immer wieder verkauft. Sie war eben noch ein Kind und daher zu nicht viel zu gebrauchen. Und niemand dieser Stadt wollte sich die Hände verbrennen, weil sie die höchste Regel verletzt hatten. Das hatte ihr bisher das Schicksal von vielen anderen Frauen erspart. Noch.
Man brachte sie alle als Sklaven zum Palast des Highlords.
Einige von ihnen würde das zweifelhafte Glück besitzen, als Frauen für den Harem des Highlords ausgewählt zu werden. Alle anderen würden mit anderen Aufgaben betraut werden.
Sezuna blinzelte, als erneut Wasser in ihre goldenen Augen lief und wehtat.
Ihre roten Strähnen klebten ihr im Gesicht und die wenige Kleidung, die sie trug, war durchweicht und klebte an ihrem Körper. Dieser war gerade dabei zu dem einer Frau zu werden, doch bis es soweit war, würde es noch eine Weile dauern. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass sie fast alt genug war. Bald war sie Volljährig, was auch der Grund war, warum sie nicht mehr unter dem Welpenschutz ihrer Rasse stand. Dann würde sich niemand mehr darum kümmern, ob sie wollte, oder nicht. Und dann würde es kein Gesetz mehr geben, dass sie vor den lüsternen Blicken einiger Männer schützte. Von daher wusste sie nicht, ob es gut, oder schlecht war, dass sie zum Palast gebracht wurde.
Ihre Glieder schmerzten, als sie die Tore passierten und dazu gezwungen waren, mehrere Treppenstufen zu überwinden.
Ihr Körper schrie nach Ruhe und Nahrung, doch sie hatte bereits gelernt, ihrem Geist die Oberhand zu überlassen, der sie zum Weiterlaufen zwang.
Das Sprechen war allen untersagt, somit hörte man nur die plätschernden Schritte und das lautstarke Getratsche ihrer Besitzer, die bereits Pläne schmiedeten, was sie mit ihrem Verdienst anstellen wollten.
So viele hübsche Frauen waren unter ihnen und Sezuna war sich mehr als sicher, dass viele in der Gunst des Highlords gute Dienste leisten würden.
Sie glaubte gar nicht daran, dass sie ein solches Glück treffen würde.
Sie war doch nicht mehr als ein Kind unter den restlichen Frauen, die hier ihr Schicksal teilten. Und sie wollte nicht die Aufmerksamkeit von Männern auf sich ziehen. Egal welches Standes. Dennoch besaß sie einen gewissen Respekt vor dem Highlord, der ihr von ihren Eltern förmlich in die Wiege gelegt worden war.
Die Gruppe Frauen wurde in einen Raum geführt und danach mussten ihre Besitzer diesen verlassen.
Zurück blieb eine Frau, die in feinste Stoffe gekleidet war. An ihrer Seite eine weitere Dame. Sie war schon sehr alt, doch ihr Körper war ebenfalls in kostbare Stoffe gehüllt.
Hinter diesen Frauen standen zwei großgewachsene Vampire, die jeweils ein Langschwert trugen.
„Senkt den Blick", sagte die jüngere der elegant gekleideten Frauen mit befehlerischer Stimme und sofort gingen alle ihrem Befehl nach.
So sah Sezuna nicht, wie die ältere Dame alle nacheinander musternd anblickte und bei einigen von ihnen den Kopf hob, um die Gesichter mustern zu können.
Die ältere Dame musterte die Frauen kritisch und betrachtete diese aus jeder erdenklichen Position.
Sowohl gekleidet, als auch nackt bis aufs Fleisch.
Ab und an richtete sie sich an die Jüngere, um sich mit ihr zu beraten.
Einige der Frauen wurden aussortiert und in eine andere Reihe gestellt, andere blieben jedoch wo sie waren und senkten erneut die Blicke.
Sezuna schluckte und blickte weiter zu Boden, als sie sah wie ein paar Schuhe gegenüber ihren Zehen auftauchten.
Zwei Finger hoben ihr Kinn hoch und zwangen sie somit die ältere Dame anzublicken.
Sezunas Herz schlug schneller, obwohl sie wusste, dass es vermutlich jeder hören konnte. Doch ihre Nervosität wuchs.
„Das Haar und diese Augen", murmelte die ältere Dame skeptisch, ehe sie Sezunas Kinn ein Stück vorzog.
Ungeschickt folgte Sezuna dieser Bewegung und kurz darauf wurde ihr das zerfetzte Kleid von den Schultern geschoben und ihr Atem beschleunigte sich.
Hier drin war es wesentlich wärmer, als draußen und auch angenehm trocken. Dennoch fühlte sie sich unwohl unter den musternden Blicken.
Prüfend griff die Frau an ihre Brüste und schüttelte den Kopf. „Viel zu jung", sagte sie schließlich, als die ruhige Stimme der zweiten Frau erklang.
„Ich möchte sie als Kammerzofe", erklärte sie leise und erhielt einen verblüfften Blick der Älteren.
„Nun denn", war ihre Antwort, ehe sie von Sezuna abließ und sich den restlichen Frauen widmete.
Sezuna hingegen hob den Blick und war so dreist, der Frau in die Augen zu blicken, die gerade beschlossen hatte, dass Sezuna ihr gehöre.
Wunderschönes, seidig-schwarzes Haar, welches zu einer eleganten Hochsteckfrisur geflochten war und eine Haut so rein wie Porzellan war das Erste, was Sezuna wahrnahm. Rosige Wangen, ein liebliches Lächeln und blauviolette Augen in denen man sich verlieren konnte.
Sezuna sah ihr an, dass sie wohl etwas sagen wollte, dennoch regte sie keinen Muskel. Sie lächelte nur warm und gab ein kaum erkennbares Nicken von sich.
Als würde sie Sezuna sagen wollen, sie solle keine Angst haben.
Doch Sezuna hatte Angst, denn sie wusste überhaupt nicht, was auf sie zukam.