Dienstag
Heute ist der erste Tag unseres Urlaubs, also genau genommen der Zweite, aber heute geht es endlich nach Wien. Ich habe mich schon einige Zeit darauf gefreut und mir mithilfe eines Reiseführers ein paar Dinge herausgesucht, die ich gerne sehen möchte. Viele finden das ja in Zeiten des Internets und Google Maps altmodisch, aber ich mag es darin herumzublättern, Seiten zu markieren und damit erst recht wie ein Tourist auszusehen.
Fliegen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, da ich unter Reisekrankheit leide, aber wie kann man der Tatsache widerstehen, dass man in einer Stunde und zwanzig Minuten von Berlin nach Wien kommt? In der Zeit schafft man es nicht einmal quer durch unsere Hauptstadt. Außerdem wohnen wir in der Einflugschneise, was sonst eher nervig ist, aber nun gerade mal 20 Minuten Fahrtweg zum Flughafen bedeutet. Diesen Teil kann ich dann auch kurz fassen. Der Flug war gut, Übelkeit erträglich und das Personal durchgängig nett.
Wien empfing uns mit regnerischen Wetter und einem kleinen Hin und Her bezüglich der Fahrkarten vor Ort. Aber als erprobter Großstädter, kann einen etwas Chaos nicht umwerfen. Rein in die Bahn, Umsteigen in die U-Bahn, einmal durch den ganzen Hauptbahnhof, rein ins Hotel. Nichts großartiges, ein typisches Businesshotel, aber mit guter Lage direkt am Hauptbahnhof. Sehr hilfreich um zu jeder Tageszeit einen Weg dorthin zu finden.
Die ersten Stunden haben wir mit ein bisschen Sightseeing verbracht, bei der mir eine Sache auffiel, die die Orientierung erschwerte. Ich konnte keine Straßenschilder finden! Habt ihr jemals versucht euch irgendwo zurechtzufinden, wenn es scheint, als gäbe in der ganze Stadt keine Straßenschilder? Behaltet diese Frage im Hinterkopf, wir werden später auf dieses Rätsel zurückkommen, denn es brauchte etwas, bis es sich mir erschlossen hat.
Da das Wetter nicht so mitgespielte, haben wir uns gleich für ein Museum entschieden, welches an erster Stelle auf meiner Liste stand.
Solltet ihr in Wien sein, empfehle ich definitiv einen Besuch im Haus der Musik. Es ist mehr als nur ein schnödes Museum, es bietet viele interaktive Möglichkeiten, sich mit Musik und generell Klängen auseinanderzusetzen. Schon im Treppenhaus, kann man auf den Stufen Klaviernoten spielen. Auf den ersten Etagen lernt man viel über die Wiener Staatsoper, kann sich Konzertaufnahmen in einem kleinen Saal anschauen und persönliche Ausstellungsstücke betrachten.
Die zweite Etage steht ganz im Zeichen der Klänge und der Klangkunst. Man kann an vielen kleinen Stationen kleine Aufgaben, Rätsel oder Experimente machen, sich in einem Stimmenmeer verlieren oder den perfekten Raumklang erleben.
In der dritten Etage erwarten einen die alten Meister der Musik. Eine musikalische Zeitreise entführt einen in jedem Raum zu einem anderen großen Komponisten: Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert und Strauß. Hier findet sich eine Brille von Franz Schubert, dort Originalpartituren von Mozart. Für mich war es ein interessantes Erlebnis. Es klingt vielleicht komisch, aber fasziniert hat mich der Teppich, der in den Komponistenräumen lag. Er wurde extra dafür hergestellt und spiegelt unter anderem einen Stadtplan Wiens wieder. Leider kann ich euch hier kein Bild zeigen, aber einen der Sprüche wiedergeben die dort zu lesen waren:
»Das Werk ist wie ein Buch mit vielen Gestalten und Bildern, mit gelungenen Bosheiten, mit ernsten wichtigen Gesprächen und mit oft furchtbaren Unglücksfällen; das Werk ist wie ein lebendig gewordenes Buch mit einem rostigen Drahtgittereinband, vor dem scharfe Augen Wache halten, Wache halten, Wache halten.«
Nach dieser Reise in die Welt der Musik, ging es in ein sehr uriges Lokal um eine der ersten Dinge auf unserer kulinarischen Reiseliste auszusuchen. Wie kann man nach Wien fahren, ohne ein richtiges Wiener Schnitzel zu essen?
Mittwoch
Die erste Nacht im Hotel war in Ordnung. Zuhause schläft es sich natürlich immer am besten, aber es war nicht schlecht. Nach einem guten Frühstück, mit einem Buffet, an dem man sich sogar selbst Waffeln backen kann, ging es wieder auf Tour.
Erst kurz vor der Abreise hatte ich zufällig gesehen, dass dieser Tag in Österreich ein Feiertag ist. Alle Geschäfte waren geschlossen und so fiel die Entscheidung, sich heute nach Schloss Schönbrunn aufzumachen. Bei traumhaften Sommerwetter. Schon an der Haltestelle fiel auf, dass viele Menschen mit uns ausstiegen. Auch auf dem Weg dahin waren wir nicht allein und in dem Moment, als wir auf den Vorplatz des Schlosses einbogen, waren wir ganz sicher nicht mehr allein. Scheinbar hatten viele andere die gleiche glorreiche Idee wie wir. Es ist schwer einzuschätzen, wie viele Menschen dort waren, aber es war gerade im Bereich der Ticketschalter ein riesiges Gedränge. Meiner Schwester erzählte ich später, dass ich noch nie so viele Asiaten auf einem Haufen gesehen hatte. Sie war der Ansicht, dass es wohl nur von Neuschwanstein zu toppen ist. Da wir vier Stunden warten mussten um das Schloss von innen sehen zu können, hatten wir genug Zeit den Park zu entdecken. Wer Schönbrunn nicht kennt, hier ein paar kleine Details:
Es ist ein Unesco Weltkulturerbe und hat einen wunderschönen riesigen Park, der auch den ältesten Tiergarten der Welt beherbergt. Eigentlich war es einmal ein Jagdschloss, das zu einem prunkvollen Bau wie Versailles umgebaut werden sollte. Soweit kam es zwar nicht, aber es ist trotzdem sehr beeindruckend geworden. Im Park gibt es riesige Hecken, ein Labyrinth und viele Brunnen, Staturen und Gebäude.
Das Schloss selbst wurde zu seinem vollen Ausmaß von Kaiserin Maria Theresia ausgebaut, später bewohnten es Franz Joseph und Elisabeth und genau diese beiden sind wohl der Grund, warum das Schloss so beliebt ist. Wer kennt nicht die alten Sissi-Filme? Die unterschiedliche Schreibweise ist übrigens Absicht. Die »echte« Sisi schrieb sich mit einem S, im Film waren es immer zwei. Auch wenn sie nicht dauerhaft dort wohnten, verbrachten sie viel Zeit in Schönbrunn.
Beim Schlossrundgang mit einem Audioguide lernte man dann einiges über die Architektur, aber auch über das Leben ihrer Bewohner. So romantisch die Geschichte von Franzl und Sissi im Film dargestellt wird, war sie nicht. Es ist auf jeden Fall eine sehr interessante Führung mit vielen Einblicken in das Leben. Wusstet ihr, dass Mozart im Alter von 6 Jahren im Spiegelsaal sein erstes Konzert vor Maria Theresia gab?
Wir haben eine ziemlich lange Zeit im Park und Schloss verbracht und trotz der vielen Menschen, war es ein schönes Erlebnis. Hier haben wir übrigens auch eine Sachertorte gegessen. Eigentlich hatten wir das direkt im Café Sacher geplant, aber auch diese Idee hatten nicht nur wir. Geschmeckt hat es trotzdem!
Um dem Trubel zu entkommen machten wir uns am Abend auf den Weg an die Donau. Ich war sehr überrascht von dem Teil, den wir durch Zufall entdeckten. Irgendwann in den 70er Jahren wurde der Fluss geteilt, es entstand ein neues Flussbett und eine neue Insel. Was scheinbar als Schutz gegen Hochwasser gedacht war, entwickelte sich zum modernsten Teil der Stadt. In der UNO-City ist nicht nur ein Sitz der UNO, sondern auch das höchste Gebäude Österreichs. An ihrem Ufer hat sich ein Naherholungsgebiet entwickelt. Auf der einen Seite kann man schwimmen und an vielen kleinen Ständen essen und trinken, auf der anderen Seite, mit einem Steg verbunden, findet sich die Sunken City eine Fressmeile mit vielen Restaurants, Bars und Lounges. Mit ein paar Cocktails und einem Essen mit Blick auf das blaue Wasser der Donau endete unser zweiter Urlaubstag.
Donnerstag
Zum Frühstück konnte ich heute endlich eine Waffel ergattern. Es ist nicht so einfach, wenn sich jeder selbst eine backen kann und es nur eine Station dafür gibt. Aber sie war lecker und das ist die Hauptsache.
Am letzten vollständigen Tag unseres Urlaubs stand einiges auf dem Plan. Angefangen haben wir mit dem berühmten Naschmarkt. Im Prinzip ist es eine riesige, lange Mittelinsel zwischen zwei Straßen in denen es viele kleine Stände, Läden und Restaurants gibt. Ich glaube, ich habe noch nie soviel Antipasti auf einem Haufen gesehen! Begonnen hatte dort alles 1775 als Milchmarkt und entwickelte sich nach und nach zu einem Gemüse- und Obstmarkt. Dank der vielen multikulturellen Einflüsse, die Wien von jeher erlebte, finden sich dort nun auch viele exotische Waren. Durchzogen ist es, wie heute fast überall üblich, auch von Touristenläden und hochpreisigeren Luxusläden.
Direkt auf dem Weg zurück zum Karlsplatz mit seiner prächtigen Karlskirche, findet sich ein Gebäude, das es mir besonders angetan hatte. Die Seseccion hat eine wunderschöne goldene Kuppel, die aus einem Blättergeflecht besteht. Es ist schwer, es zu beschreiben, am besten ihr sucht einmal nach einem Bild. Das Seseccion ist eines der bedeutendsten Jugendstilgebäude der Stadt und entstand ab 1897 als Gebäude für Kunst und Kultur. Heute finden viele Wechselausstellungen dort statt.
Mit der Straßenbahn, einem altmodischen Modell mit Holzsitzen, ging es dann zum Prater. Ich glaube, jeder hat den Begriff schon gehört. Er fällt immer, dann wenn von Vergnügen und Rummel in Wien die Rede ist. Bevor ich damit weitermache, lege ich die Straßenbahn als Transportmittel tatsächlich wärmstens an Herz. Man sieht mehr, als man denkt und definitiv mehr als in den anderen Bahnen!
Zurück in den Prater, der sich in zwei Bereiche aufteilt. Der größte Teil der Grüne Prater besteht aus Wald, Wiesen und Teichen. Inklusive Trabrennbahn, Golfplatz und Messegelände. Viel interessanter allerdings ist der Wurstelprater, das Vergnügungsviertel der Stadt. Bereits 1766 wurde er für alle Wiener geöffnet, nicht nur für den Adel und schnell entstand eine Ansammlung an Wirtschaften, Spielbuden und Fahrgeschäften. Auch heute noch finden sich alte Attraktionen zwischen den neueren Fahrgeschäften. Besonders beängstigend fand ich übrigens ein Kettenkarussell, das 117 Meter hoch ist. Nicht nur wegen der Höhe, sondern weil man dort wie bei solchen Karussells üblich ist, nur von dünnen Ketten und einem metallischen Sitz gehalten wird. Wer mutig ist, sollte es wagen.
Empfehlenswert ist mit Abstand allerdings das Riesenrad. Nicht das Neue, sondern das mit den roten Gondeln, dass man am ehesten von Bildern aus dem Prater kennt. Die Fahrt dauert 10-12 Minuten und bietet einen wunderschönen Blick.
Nach dem Prater und einem kleinen Einkaufsbummel auf der Wiener Prachtmeile zwischen Karlsplatz und Stephansdom, dieser wird auch liebevoll Steffl genannt, bei dem wir viel Geld in Mozartkugel - und Likör investiert haben, ging es zurück zum Hotel. Der Stephansdom ist das Herz und Mittelpunkt der Stadt. Am Anfang erinnerte er mich sehr an die Sagrada Família in Barcelona, auch wenn ich gelernt habe, dass sie grundsätzlich nichts gemeinsam haben. Er gilt als Höhepunkt der Wiener Gotik und wird auch heute noch als Kirche für Gottesdienste genutzt. Über das Gebäude an sich gibt es unheimlich viel zu erzählen, aber das würde zu weit führen, schließlich reicht die Baugeschichte bis ins 12. Jahrhundert zurück!
Interessant und ein Thema, das jeder für sich selbst entscheiden muss, waren die Fiaker. Die traditionellen Pferdefuhrwerke, mit denen man in Wien die Straßen erkunden kann, sind nichts für den kleinen Geldbeutel. Faszinierend daran: Gleich neben einem größeren Abfahrtsplatz der Fiaker, standen einige Demonstranten, die dagegen aus Tierschutzgründen protestierten. Ein Mann erzählte uns, dass die fast jeden Tag da stehen. Geändert hat es bisher nichts, wenigstens scheinen sie friedlich miteinander umzugehen.
Erinnert ihr euch übrigens noch an das Rätsel um die Straßenschilder vom Dienstag? Es dauerte tatsächlich bis Donnerstag um dieses Mysterium aufzulösen. In Wien stehen die Straßenschilder nicht einfach so an den Kreuzungen am Straßenrand, sie sind an den Häusern angebracht! Wie viel einfacher es ist, wenn man das erkannt hat!
Am Abend haben wir es uns in der Sky-Bar direkt neben dem Steffl gemütlich gemacht. Etwas teurer, mit Ledersesseln und Livemusik und der absolut schönsten Terrasse und Aussicht der Stadt. Der Blick geht über die Dächer Wiens und direkt auf den Stephansdom. Die antialkoholischen Cocktails kann ich nicht empfehlen, aber die meisten kommen wohl nicht deswegen dorthin.
Freitag
Am letzten Tag haben wir nicht mehr viel gemacht. Sicherlich wäre noch etwas Zeit gewesen um einige Dinge anzusehen, die wir diesmal nicht geschafft haben, aber wir haben uns lieber auf den Weg zum Flughafen gemacht.
Eine Sache, die mir fast ein peinliches Erlebnis beschert hatte, möchte ich übrigens noch mit euch teilen. Unterwegs habe ich mir öfter kleine Flaschen zum Trinken gekauft. Meistens die typischen Plastikflaschen. Im Hotel habe ich sie treu und brav gesammelt, denn in Deutschland gibt es auf diese Getränkeflaschen Pfand und man muss oder besser sollte sie in die Läden zurückbringen. Donnerstag wollte ich sie alle in den Supermarkt schleppen, als ich plötzlich den kleinen dezenten »Grünen Punkt« entdeckte. Heißt im Klartext: In Österreich haben diese Flaschen und auch Dosen keinen Pfand! Ich habe mir schon vorgestellt, wie ich im Supermarkt mit den Flaschen anrücke und man sich wundert, warum ich »Müll« zurückgeben möchte. An einer Haltestelle hatte ich sogar eine Flasche neben den Mülleimer gestellt, weil es sich in Berlin (vielleicht auch in anderen Städten) eingebürgert hat dies zu tun um es den Flaschensammlern leichter zu machen. Gut, dass mich keiner kannte. Man merke ich also: Dinge die im eigenen Land selbstverständlich sind, können woanders völlig anders gehandhabt werden.
Fazit:
Wien ist eine wunderschöne Stadt, die mich sehr an Prag erinnert hat. Die kleinen Gassen und tollen Gebäude, geben ihr ein ganz besondere Flair. Es ist sicherlich nicht das billigste Pflaster Europas, aber es lohnt sich. Einiges haben wir, wie gesagt nicht geschafft. Die Hofburg zum Beispiel, in der Franz und Sisi meistens lebten oder weitere Museen, aber es ist auch ein guter Grund noch einmal wiederzukommen. Schließlich ist es gerade mal eine Stunde, solange dauerte der Rückflug zum Glück nur, entfernt. Natürlich hab ich hier nur unsere Highlights beschrieben. Wenn man die Augen offen hält, kann man so viele wunderschöne Dinge entdecken. An vielen Hausfassaden sind Malereien oder Verzierungen, in den Schaufenstern gibt es wundersame Dinge zu bestaunen. Die musikalische Vergangenheit und Gegenwart ist überall zu bemerken. Wir werden sicher noch einmal wiederkommen.
Details zu den Sehenswürdigkeiten aus dem Reiseführer von Baedeker smart - Wien.