Der Boden erbebte und die junge Frau mit den langen, satten braunen Haaren fiel hin. Der kleine Korb mit den Früchten, die sie gesammelt hatte, ging beim Aufprall kaputt und der Inhalt ergoss sich auf der Fläche vor ihr.
Eabha war sehr überrascht über dieses Erdbeben, denn in dieser Region war das noch nie geschehen. Sie spürte allerdings, dass das Beben der Erde nicht das einzige war, was nicht stimmte. Die magischen Ströme der Luft, die auch als Sternenstaubstraßen bekannt waren, schwankten. Etwas, was überhaupt nicht normal war.
Der Wind frischte auf und eine wilde Böe fuhr Eabha durch die Haare, ehe der Wind so stark wurde, dass sie fast vom Boden abhob. Diesem Wetterphänomen folgten Blitze, die mehrere Bäume zerstörten und die Braunhaarige hielt sich schützend die Arme über den Kopf, als das Holz durch die Gegend wirbelte.
Was war hier los?
Panik machte sich in ihr breit und ihr Herz klopfte immer heftiger. Das war überhaupt nicht normal. Was sollte sie denn jetzt machen? Es war, als würde die Magie komplett durchdrehen!
Aber so schnell, wie dieses Phänomen gekommen war, war es auch wieder verschwunden. Dennoch blieb Eabha noch ein paar Minuten liegen, um auch wirklich sicher zu gehen. Erst dann erhob sie sich vom Waldboden und sah sich um. Würden die Bäume nicht fehlen, dann wäre alles wie immer. Selbst die Sternenstaubstraßen hatten sich wieder beruhigt.
Die junge Frau atmete erleichtert aus und begann damit, ihre Früchte zusammenzusammeln, ehe sie sich auf den Heimweg machte. Sie würde mit ihrer Mutter sprechen müssen. Wahrscheinlich war auch ihren Schwestern das seltsame Verhalten der Magie aufgefallen.
Sie kam der Lichtung, die ihre Mutter als ihren persönlichen Regierungssitz gewählt hatte, immer näher, als sie eine starke, ihr fremde Präsenz wahrnahm, die sie langsamer werden ließ.
Obwohl die Macht sie eigentlich hätte auf Abstand halten sollen, traute sie sich doch so weit vor, dass sie zwischen den Büschen und Bäumen eine Gestalt erkennen konnte, die vor ihrer Mutter stand.
Es war seltsam, denn sie verneigte sich nicht. Sie blieb stehen und war somit größer, als Ceridwen, die Herrin dieser Gegend. Eine sehr beleidigende Geste, doch Eabha traute sich einfach nicht weiter zu gehen. Die roten Haare der fremden Frau wallten ihr über den Rücken und reichten fast bis auf den Boden. Die Macht, die von ihr ausging, schien sich um sie zu hüllen, wie ein Kokon. Das war sehr befremdlich, denn nicht einmal Ceridwen zeigte ihre Macht so deutlich.
Eabha trat einen Schritt zurück und es knackte, als sie dabei einen Ast übersah, den wohl der Sturm von den Bäumen geholt hatte.
Der Kopf der Frau drehte sich zu ihr und ihre goldenen Augen richteten sich auf Eabha, die angestrengt schluckte. Angst durchfuhr sie, als die Macht sich auf sie richtete, doch dann war sie plötzlich weg. Genauso plötzlich, wie der Sturm. Die Frau mit den roten Haaren strahlte kein Fünkchen Macht mehr aus. Sie war so normal, wie sie, oder ihre Schwestern. Wer sie jetzt sah, würde niemals glauben, dass sie so mächtig war. Ein Umstand, der Eabha alle Härchen aufstellte. Sie wusste nichts mit dieser Frau anzufangen, die sie jetzt warm anlächelte.
„Ist sie das?“, fragte die Rothaarige und drehte sich Ceridwen zu, die in einem Stuhl aus Pflanzen saß. Die Frau, die schon Jahrhunderte so schön war, wie ein Bildnis, nickte. Ihre tiefblauen Augen, die Eabhas so ähnlich waren, richteten sich auf ihre Tochter, während ein unsichtbarer Wind das kurze, ebenholzfarbene Haar hin und her bewegte.
„Ja, das ist Eabha“, erwiderte Ceridwen ruhig und mit einem Unterton, der Eabha verriet, dass hier etwas nicht stimmte. Hatte das vielleicht mit dem Sturm zutun?
~*~*~
Danke dass ihr es bis hierher geschafft habt. Ich würde mich sehr über konstruktive Kritik freuen.