Die Delfine schossen vorwärts. Takjin und Junea klammerten sich an die Rückenflossen ihrer jeweiligen Reittiere und spähten gegen die untergehende Sonne nach vorne. Das Meer war blutrot gefärbt, sie konnten kaum sehen, was vor ihnen lag. Doch die Delfine eilten unbeirrt vorwärts, getrieben von einer Not, die die beiden Reiter noch nicht verstanden.
Takjins Delfin arbeitete sich immer weiter vor, bis er neben Juneas Tier schwamm.
„Das gefällt mir nicht“, sagte sie zu Takjin. „Etwas hat sie in Angst versetzt.“
Takjin sah sich um. „Auf der Insel? Dann müssen wir zurück!“
„Ich weiß nicht.“ Junea wirkte konzentriert. Die Delfinkörper unter ihnen sprangen auf und ab, um an der Wasseroberfläche zu bleiben. „Sie wirken nicht, als ob sie fliehen, sondern als ob sie auf etwas zuschwimmen.“
Takjin sah wieder nach vorne und ein Schauer lief ihm über den Rücken.
Soregrat verschwand hinter ihnen außer Sicht. Die Sonne versank und Sterne zogen über dem Meer auf.
Da wurden die Delfine plötzlich langsamer und begannen dann, in einem großen Kreis zu schwimmen. Takjin sah sich nervös um und bemerkte, dass die Delfine, die sie begleiteten, immer weniger wurden.
„Sie tauchen ab!“, rief er aus. „Junea, sie tauchen!“
„Ich sehe es!“, rief sie zurück. Ihre Stimme klang angespannt. Takjin spähte in das schwarze Wasser unter sich.
Dort bewegten sich große Schatten: Die Delfine kamen zurück.
„Spürst du das?“, rief ihm Junea zu. „Das Kribbeln in der Luft? Ich glaube, hier ist die Stelle, wo das Portal war.“
Takjin sah sich um, doch das Meer schien ihm überall gleich auszusehen. Auch das Kribbeln konnte er nicht spüren, oder schob es auf seine Angst.
Die Delfine tauchten auf, doch sie waren nicht allein. Über ihren Rücken hingen große, dunkle, schlaffe Gestalten, die die Tiere zu Takjin und Junea trugen.
„Das sind Menschen!“, entfuhr es Junea und sie streckte die Hand aus, um die erste Gestalt zu sich zu ziehen. Takjin hörte, wie sie einen Schrei ausstieß und dann sah er etwas Dunkleres, das die Kleidung der Gestalt bedeckte.
„Blut!“, rief Junea. „Sie sind verletzt! Schnell, zurück zum Strand!“
Sie nahm zwei der Gestalten zu sich, die dritte zog Takjin auf seinen Schoß. Er handelte sich um einen Jungen, recht klein, aber größer als Takjin und mit einem durchnässten, roten Mantel um die Schultern.
Die Delfine eilten zurück. Takjin hörte Junea den ganzen Ritt hindurch fluchen.
Als sie das Land erreichten, zerrten sie die drei Fremden auf den Strand. Die Delfine warteten ruhig im Wasser.
„Hol Verbände – Stoff, Lumpen, irgendwas! Schnell!“
Takjin eilte zu seiner kleinen Hütte und kam bald mit einem alten Vorhang zurück. Junea schnitt diesen mit hastigen Bewegungen in Streifen und wickelte den Stoff um die Hälse der Fremden. Alle drei hatten einen blutigen Schnitt auf dem Hals. Doch als Takjin sich vorsichtig über sie beugte, hörte er ihre Herzen noch schlagen, matt, aber nicht besiegt.
„Wir müssen sie in die Hütte bringen“, wies Junea ihn an. „Hier, diese beiden sind klein. Ich nehme den Jungen.“
Sie lud sich den Fremden im roten Mantel auf die Arme. Takjin trat zu den beiden anderen Gestalten. Beide waren untersetzt und nicht größer als Kinder, aber breiter und kräftiger gebaut. Eine Gestalt hatte einen buschigen Bart, die andere schien eine Frau zu sein.
Takjin hob die Frau auf, die trotz ihrer geringen Größe schwer war, und schleppte sie Junea hinterdrein. Im Wohnzimmer seiner Hütte angekommen sah er, dass Junea bereits das Sofa und den Tisch beiseitegeschoben hatte. Gerade breitete sie Decken und Tücher auf dem Boden auf, um den Fremden ein Bett zu bereiten.
Takjin legte die Frau ab und ging, um den kleinen Mann zu holen. Er merkte, dass die Delfine wieder unruhig waren, wenn auch nicht so panisch wie zuvor.
„Ich glaube, wir müssen gleich wieder los“, sagte er zu Junea, als er in der Hütte war.
Sie sah auf. „Irgendetwas geht vor sich, Takjin. Ich fürchte, die Ankunft dieser Leute ist kein gutes Zeichen.“
Sie breiteten Decken über die Bewusstlosen und schlossen die Tür, dann eilten sie wieder nach draußen. Die Delfine riefen sie.
Am Horizont ging langsam und blass die Sonne auf.