Fohe Weihnachten und besinnliche Feiertage!
Kapitel 8
Als Milas Telefon erneut einen Ton von sich gab, machten sich die beiden auch schon auf den Weg durch den Schnee. Elon hielt kurz inne, um ein Vorhängeschloss an der Tür anzubringen, die Mila erst jetzt wirklich betrachten konnte. An dieser hing nämlich ein großes Schild mit ‚Für Mädchen verboten'.
Das brachte sie zum Schmunzeln. Elon war schon ein sehr seltsamer Kerl.
Schließlich hatte er seine Arbeit beendet und machte sich mit Mila zusammen auf den Weg zurück zum See. Es schneite noch immer und der Boden war schon ein paar Zentimeter mit dem weißen Zeug bedeckt. Außerdem war es verdammt kalt und Mila schlang die Arme um sich und hoffte, dass sie Elon nicht verlor. Denn ohne ihn würde sie sich hier verlaufen und dann erfrieren
„Hat mein Opfer jetzt an Gewicht gewonnen, jetzt wo du gesehen hast, dass ich sogar Gesetze für dich gebrochen hab?", fragte Elon plötzlich, wobei sein Atem weiße Wölkchen bildete.
Mila lachte rau auf. „Wieso? Nach deinen eigenen Worten bin ich doch sowieso eher männlich", meinte sie und kaum hatten sie den Wald verlassen, steuerte Mila auf ein weißes Auto zu. Sie würde es überall wiedererkennen. Nur hoffte sie, dass ihr Vater auch sie wiedererkannte. In den Sachen, die sie jetzt anhatte war das nicht ganz so wahrscheinlich.
„Du hast trotzdem Brüste, das ist alles was zählt. Ich hoffe du weißt das wertzuschätzen. Man hätte mich erschießen können", erläuterte Elon und seufzte dramatisch, als wäre er der Held schlechthin, ehe sie an dem Auto ankamen.
Ein Mann mittleren Alters stieg aus und umarmte Mila einmal kräftig. Er war groß gebaut, aber nicht wirklich muskulös. Eher ein wenig pummelig, aber auch nicht dick. Außerdem steckte sein Körper in Designerkleidung, die ihn elegant aussehen ließen.
Am liebsten wäre Mila ihm gleich wieder in die Arme gesprungen, doch sie war es bereits von ihrer Mutter gewöhnt, sich auch dahingehend zu beherrschen.
„Na Häschen? Ich hab dir was aus Brasilien mitgebracht", sagte er und fasste Mila stolz am Kinn um sie mustern zu können.
„Ich freu mich einfach, dass du wieder daheim bist. Wie lange bleibst du dieses Mal?", fragte sie und strahlte ihren Vater an, ehe sie sich darauf besann, dass sie ja nicht allein waren. „Ach ja, das ist Elon. Er ist unser Nachbar. Er hat mich aus dem Gewitter rausgeholt und mir ein paar seiner Sachen geliehen", erklärte sie und deutete auf Elon.
Dieser reichte dem älteren Herrn die Hand und lächelte freundlich. „Die Betonung liegt auf ‚geliehen'. Ich will die Sachen wiederhaben", flüsterte Elon Milas Vater zu und schüttelte seine Hand.
„Auch, wenn sie meiner Tochter sehr gutstehen, glaube ich nicht, dass ihre Mutter diese Kleidung gutheißen würde. Du bekommst sie also sehr wahrscheinlich zurück", erklärte Milas Vater mit einem tiefen Lachen, ehe er die Türen öffnete. „Jetzt aber ab ins Auto, hier ist es zu kalt."
Mila stieg fast schon springend in das Auto und schnallte sich an.
„Solange ich sie nicht aus dem Müll fischen muss", grummelte Elon und folgte auf den hinteren Sitz, wo er extra in die Mitte rutschte.
Immerhin war der Vater auch von hinten ausgestiegen, was wohl hieß, dass sie einen Fahrer hatten. Somit würde auch der Vater hinten bei ihnen sitzen.
„Das ist unhöflich", zischte Mila Elon zu. Wie konnte dieser Idiot nur so unfreundlich zu ihrem Vater sein?
„Dinge von anderen Leuten einfach wegzuwerfen? Ja, da stimme ich dir zu. Das ist unhöflich", flüsterte Elon zurück und nickte lediglich, als könnte Mila Gedanken lesen.
Mila ballte ein wenig die Hände. Im Moment war sie drauf und dran Elon für seine Frechheit zu schlagen. Wieso nur weckte dieser Kerl in ihr so ein Bedürfnis.
„Wie wäre es, wenn der junge Mann uns als Dankeschön heute Abend beim Essen Gesellschaft leistet? Deine Eltern sind natürlich auch eingeladen. Damit wir unsere Nachbarn kennenlernen", bot Milas Vater plötzlich an.
Mila riss ein wenig panisch die Augen auf und hoffte inständig Elon würde absagen. Sie wollte gar nicht wissen wie ihre Mutter reagieren würde, wenn sie mit ihm zu Hause antanzte.
„Danke für das Angebot, aber mein Vater geht nicht zu solchen Essen. Jedenfalls hab ich es noch nie erlebt", murmelte er hinterher und Mila hätte beinahe erleichtert ausgeatmet. „Aber ich würde gerne kommen", stimmte er plötzlich zu.
Mila hätte am liebsten aufgestöhnt. Ihre Mutter würde ausflippen. Wobei sie sich wahrscheinlich benahm, solange ihr Vater anwesend war. Immerhin hatte dieser die Einladung ausgesprochen.
Sie entschied sich schließlich das Thema zu wechseln und ihre Angst vor dem Abendessen ein wenig zu verbergen. „Vater, du hast mir noch gar nicht gesagt, wie lange du dieses Mal bleiben kannst. Und hat dir Mutter das mit der Schule schon erzählt?"
Ihr Vater nickte ein wenig enttäuscht, behielt dennoch sein Lächeln bei. Das liebte sie an ihrem Vater. Er war ein Optimist und versuchte aus allen Möglichkeiten das Beste heraus zu holen. Mila musste gestehen, dass ihre Eltern sich oft so sehr voneinander unterschieden, dass sie nicht verstand, wie zwei so unterschiedliche Menschen zueinander gefunden hatten.
„Ich werde wohl nur ein paar Tage bleiben können, doch dafür werde ich euch öfter besuchen können", versprach er und Mila war sich unsicher, ob sie das ernst nehmen sollte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein solches Versprechen unerfüllt geblieben war.
„Wäre es für dich nicht auch einfacher, wenn wir wieder nach New York ziehen?", wollte sie wissen und blickte über Elon hinweg zu ihrem Vater. Es gab Tage, da vermisste sie ihn schrecklich. Er war viel lockerer, als ihre Mutter und machte mit ihr oft Späße. Doch er war vielleicht einmal im Monat für ein paar Tage zuhause. Allerdings nur, wenn sie Glück hatte.
Die letzten Monate hatte das ganz anders ausgesehen. Immer schien es so als würde er vielleicht kommen können, doch dann kam ihm doch wieder irgendwas dazwischen.
„Ehrlichgesagt nicht. Wir sind hier viel zentraler von der Lage her, das heißt ich kann öfter Zwischenstopps hier einlegen. Für New York musste ich immer länger fliegen", erklärte dieser.
„Oh", machte Mila überrascht und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Das wusste ich gar nicht. Heißt das du kannst öfter vorbeikommen, solange wir hier wohnen?"
Ihr Vater nickte zustimmend und deutete dem Fahrer die Sitzheizung einzuschalten. „Allerdings hat deine Mutter auch bereits alle Hebel in Gang gesetzt, um dich hier weg zu kriegen."
Mila senkte den Blick. „Ja, das weiß ich. Ist aber wahrscheinlich auch besser so", murmelte sie und klang, als wäre sie in Gedanken.
Elon musterte Mila und darauf ihren Vater, während sein Blick immer wieder unangenehm hin und her huschte.
„Wir unterhalten uns später nochmal, in Ordnung?", bot ihr Vater kooperativ an und lächelte Mila aufbauend zu.
„In Ordnung", sagte sie und versuchte sich an einem Lächeln. Doch selbst Elon konnte sehen, dass es recht traurig wirkte.
Ehe sich Mila versah, waren sie auch schon angekommen.
„Sehr komische Wetterverhältnisse", schniefte Charles, als er in der Einfahrt parkte und sich einmal herzhaft die Nase schnäuzte.
„Das ist hier immer so. Machen Sie sich lieber darauf gefasst im Winter in Unterwäsche draußen rumzuliegen", erklärte Elon mit vollem Ernst und stieg aus dem Wagen.
Mila wirkte davon nicht so begeistert. „Na wunderbar. Ich glaube nicht, dass das meinem Körper guttut", murmelte sie und blickte vielsagend zu ihrem Vater, denn sie hatte Angst, dass dieses Wetter ihrer Gesundheit zusätzlich noch mehr zusetzte. Immerhin war ihr Kreislauf generell eher schlecht und sie hatte schon mehrere Krankenhausbesuche hinter sich.
„Man gewöhnt sich dran", rief Elon von draußen und griff probeweise in den weißen, kalten Schnee. Er war zu pulverig, als dass man wirklich Schneebälle daraus formen konnte, oder andere Dinge.
Das war gut zu wissen.
„Schön wär's", murmelte Mila und beobachtete, wie Elon zu seinem Zuhause lief. Ihr Vater führte sie ebenfalls ins Haus und Mila wusste, dass es gleich eine Auseinandersetzung zwischen ihren Eltern wegen des Abendessens geben würde. Wobei Auseinandersetzung das falsche Wort war. Ihr Vater würde es ihrer Mutter erklären, diese wäre nicht begeistert und würde sich pikieren, dann aber wahrscheinlich schweigen.
„Mein Hase, ich habe gehört was passiert ist. Geht es dir gut und wie siehst du überhaupt aus?", wurde Mila von ihrer Mutter begrüßt, die zwar auf sie zu trat, sie aber nicht einmal zu umarmen traute. Das würde sicherlich eine lange Zeit bis zum Abendessen werden.