Sofort ließ sie los und versuchte zurück zu rutschen, während ihr die Röte ins Gesicht stieg. Das war ihr so peinlich.
Besonders bei der Szene von der sie geträumt hatte! Dabei war der Highlord so sanft zu ihr gewesen und der Gedanke, dass sie dabei Elon gehalten hatte war wirklich alles andere als schmeichelnd! Dieser schien ebenfalls zu merken, dass sie ihn losgelassen hatte und blickte sie kurz an, doch wandte seinen Blick so schnell wie möglich wieder ab.
Mila verzog ein wenig den Mund. „Entschuldigung", murmelte sie und kuschelte sich wieder in ihre Decke, um weiter zu schlafen.
Elon blieb derweil steif liegen. Das war alles? Er hatte sich den Kopf zerbrochen und sie zwitscherte einfach ein ‚Entschuldigung' vor sich her und schlief weiter?
Er konnte ja nicht ahnen, dass sie nicht schlief, sondern versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte es genossen so an Elon ran gekuschelt zu liegen.
Das war wirklich eigenartig und vor allem verwirrend! Warum musste gerade der Typ in ihr solche Empfindungen wecken, die ihr die Hitze in den Wangen trieben! Dennoch versuchte sie sich einzureden, dass es der Highlord und das Buch waren, die sie zum Träumen gebracht hatten.
Sie war es nicht gewohnt, solche Sachen zu hören oder zu lesen, weshalb sie es dem Inhalt des Hörspieles zuschob. Doch in Wirklichkeit hatte sie schon das ein oder andere Mal darüber nachgedacht, doch niemals intensiv, um ihre Mutter nicht zu verärgern.
Doch der Gedanke war dennoch da, besonders, wenn auch ihre ganzen Freunde, aus ihrer alten Schule, von ihren Erlebnissen berichtet hatten. Doch an Elon hatte sie dabei nie gedacht!
Generell hatte der Mann in ihren Träumen, wenn er denn erschienen war, kein Gesicht gehabt und erst recht keinen Namen oder ein Aussehen. Doch jetzt rief sie sich Elons Aussehen wieder ins Gedächtnis und wurde dabei rot. War das normal? Konnte es sein, dass sie ihn doch mehr mochte, als sie zugeben wollte?
Nein. Das waren wirklich nur die Hormone, die wohl etwas spät bei ihr ankamen. Sie hatte sogar schon Mädchen an der Schule getroffen, die jede Woche jemand anderem hinterherrannten. Das schien ein ganz normaler Prozess zu sein. Abgesehen davon, würde sie morgen mit Chris ausgehen. Dazu musste sie sich noch im Hinterkopf behalten, dass wohl keiner der beiden Jungen überhaupt Interesse an ihr hatte.
„Schläfst du schon?", hörte sie plötzlich Elons Stimme, die Stille durchbrechen, was sie zusammenzucken ließ.
„Nein", antwortete sie ehrlich und fühlte sich schuldig. Und die Tatsache, dass sie morgen mit Chris ausgehen würde, bereitete ihr Unbehagen.
Diese ganze Sache war keine gute Idee gewesen.
„Das mit der Party tut mir leid. Wir hätten einfach nicht kommen sollen. Chris wird schnell zu aufgeregt", erklärte Elon vorsichtig und blickte starr an die Decke, weil er es nicht fertig bracht Mila anzusehen. Es war einfach unangenehm!
Mila blinzelte. Da sie Elon noch immer den Rücken zudrehte, konnte sie ihn nicht sehen, war aber neugierig darauf, was er wohl gerade tat. Dennoch unterdrückte sie den Drang sich rumzudrehen. „Was meinst du?", murmelte sie, weil sie das Thema nicht ganz verstand.
„Naja, das war dein Ding. Du bist hingegangen, um Leute zu treffen, was ich nicht beurteilen sollte, aber mit unserem Aufkreuzen haben wir das alles ein wenig ... ruiniert", gestand Elon und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, in der Hoffnung ein wenig zu entspannen. Doch wirklich helfen tat es nicht.
„Eigentlich habt ihr mich eher vor einem Abend voller Langeweile und schlechtem Alkohol gerettet", meinte sie nüchtern. „Die Party war schrecklich, bis ihr aufgetaucht seid."
Tatsächlich brachte das Elon zum Lachen. Immerhin waren Marios Party so bekannt in der Stadt, dass sogar einige aus Nachbarstädten kamen, um teilzunehmen.
„Ich verstehe wirklich nicht, was man an billigem Alkohol, viel zu lauter und schlechter Musik, Menschenmassen und Betrunkenen amüsant finden soll. Und die sogenannten Party-Spiele waren niveaulos", murmelte sie vor sich hin und fragte sich wirklich, was sie bewogen hatte, dorthin zu gehen.
„Du hast wohl die Runde Flaschendrehen verpasst ... oder was man auf Partys halt so macht", lachte Elon leise und musste sich tatsächlich eingestehen, dass er bis auf einige langweilige Schulveranstaltungen, noch nie auf einer Party gewesen war. Zwar war er schon öfter uneingeladen bei Mario aufgekreuzt, doch mit feiern war da nie viel gewesen.
Mila verzog den Mund. „Ich war noch nie ein Freund von solchen Dingen. Man kann auch normal Spaß haben, ohne andere bloßzustellen. Was meistens der Sinn beim Flaschendrehen ist", erklärte sie und klang tatsächlich nicht so angetan.
„Wahrheit oder Pflicht war als Kind immer lustig und herausfordernd. Und die machen daraus eine Entschuldigung um schlampig zu sein", murmelte Elon vor sich hin und klang dabei fast schon nostalgisch.
„Ja. Wenn die Aufgaben gut sind, kann das wirklich Spaß machen", stimmte Mila zu. Auch sie hatte Kindheitserinnerungen an dieses Spiel.
„Aber auch demütigend", wandte Elon wehmütig ein, als hätte er sich an etwas erinnert. Immerhin konnten auch Kinder grausam sein, nicht nur Jugendliche.
„Kommt darauf an, ob man demütigende Dinge als verboten vorher festlegt", erklärte die junge Frau, die immer darauf achtete, dass es bei solchen Spielen Regeln gab, die dafür sorgten, dass das Niveau gehalten wurde.
„Klingt ja langweilig. Du musstest sicher noch nie einen Stein ablecken oder?", fragte Elon amüsiert und setzte sich ein Stück auf. Er konnte einfach nicht schlafen.
Mila hörte das Geräusch und schielte nun doch zu ihm. Verwundert, dass er sich aufsetzte. „Nein. Aber ich musste schon einmal auf dem Bahnhof einen wildfremden Menschen umarmen."
„Du hast merkwürdige Freunde", stellte Elon ironisch fest.
„Manchmal schon", stimmte sie ihm zu und setzte sich auf, ehe sie lächelte. „Dich zum Beispiel."
Ehrlich überrasch blickte Elon sie an und legte die Stirn in Falten. „Wir sind Freunde?", wiederholte er skeptisch.
„Sind wir das nicht?", fragte sie, doch in ihrer Stimme schwang ein Ton mit, den Elon nicht kannte. War das Angst oder etwas anderes?
„Ich ... weiß nicht? Du hast nie so gewirkt, als würdest du mich als Freund sehen", versuchte er sich stockend zu erklären und wusste nicht, wie er mit der Sache umgehen sollte. Erst kuschelte sie sich an ihn und jetzt sagte sie Freund zu ihm! Was dachte die sich nur? Vielleicht interpretierte er sich zu viel hinein ...
„Wir haben schon genug zusammen gemacht", meinte sie plötzlich. „Manches zwar nicht ganz freiwillig, aber ich finde trotzdem, dass du ein Freund bist", erklärte sie nachdenklich.
„Ach so ...", murmelte Elon leise und kratzte sich etwas unbehaglich am Hinterkopf. Der Mütze hatte er sich schon lange entledigt und sie sorgsam auf dem Tisch platziert. Allerdings fühlte er sich dort jetzt auf eine gewisse Art und Weise nackt und ungeschützt. „Und ... was heißt das jetzt?", fragte er vorsichtig, als wäre er mit der Situation überfordert. Als hätte er noch nie Freunde gehabt! Er hatte doch Chris.
Mila blickte irritiert zu ihm rüber und erkannte in der Dunkelheit langsam immer mehr, weil sich ihre Augen daran gewöhnten. „Ich weiß nicht. Ich habe nur selten Leute, die ich gern genug habe, um sie als Freunde zu bezeichnen", erklärte sie und schien mit der Situation genauso überfordert, wie er.
„Jetzt mach bitte nichts Besonderes draus", bat Elon mit erhobener Hand, als würde er Milas Worte damit abwehren.
Mila wirkte jetzt noch irritierter. „Sind Freunde für dich denn nichts Besonderes?"
Elon seufzte und erhob sich von der Couch mitsamt Decke. „Darum geht es nicht. Bausch die Dinge einfach nicht mehr auf, als nötig", erklärte er und kletterte mit der Decke über den Schultern auf den Tisch, um sich dorthin zu kauern.
Mila blickte ihm wenig zufrieden hinterher. Warum ging er denn jetzt einfach? Er wusste doch, dass sie Angst im Dunkeln hatte. „Was machst du da?", fragte sie und ihre Stimme begann schon wieder leise zu zittern.
„Ich nehme mal an, dass ich nicht schlafen werde", murmelte er als Antwort, auch wenn es eher nach einer Gegenfrage klang.
„Was willst du denn dann machen?", fragte sie leise, denn sie würde so auch nicht schlafen können.
Elon gab ein leises, verzweifeltes Stöhnen von sich. Wie sollte er denn noch mit ihr normal in einem Bett schlafen, nachdem sie ihn so überfallen hatte. Erst kuschelte sie sich an ihn und dann sagte sie noch sowas wie: sie wären Freunde. Womöglich hatte sie sich in ihn verliebt? Wer könnte es ihr auch verübeln? Doch darauf konnte er nicht eingehen. Immerhin war sie in seinen Augen bereits für Chris vorbestimmt. Er musste dringend was unternehmen! „Ich wollte nur ... gucken, ob ... das Dach dicht ist", erwiderte er und starrte stur an die Decke, obwohl es eher nach einer Frage klang. Wieso sollte sie ihm das auch abkaufen?
„Ist es das?", fragte sie und verdrehte die Augen, versuchte ihre Stimme aber klingen zu lassen, als würde sie ihm glauben. Aber das war eine so dumme Ausrede, dass sie selbst ihr auffiel.
Unbehaglich presste Elon die Lippen aufeinander und nickte langsam, auch wenn Mila es wohl nicht würde sehen können. „Ja ... ich denke schon", stimmte er zu und räusperte sich, um Fassung ringend.
Mila schüttelte den Kopf. Dieser Kerl war ihr wirklich manchmal ein Rätsel. Was sollte sie denn jetzt mit ihm anfangen?
Er schien sich jedenfalls nicht von der Stelle rühren zu wollen, dabei war sie sich ziemlich sicher, dass er nicht, binnen dieser paar Sekunden, eingeschlafen war.
Mila seufzte hörbar und kuschelte sich wieder unter die Decke, auch wenn sie wusste, dass sie jetzt nicht wieder einschlafen würde. „Kannst du das Hörspiel wieder anmachen?", fragte sie leise und hoffte, dass Elon so freundlich war.
Dieser seufzte zwar leise, doch er erhob sich nach einem leisen Grummeln, um das Handy auf dem Tisch wieder einzuschalten, wo die Geschichte dort weitermachte, wo sie aufgehört hatte.
„Danke", murmelte Mila leise und schien sich dann wieder voll und ganz dem Hörspiel hinzugeben.