„Doch du warst ... wirklich gut", gestand er leise und ein wenig abwesend, als er an diese zurückdachte. Es war auch keine Lüge. Sie waren wirklich gut gewesen. Sonst hatte er nie Leute fotografiert und erst recht nicht in Szene gesetzt. Er hasste gestellte Bilder doch für diesen Contest würde er keine andere Wahl haben.
Mila wurde bei diesem unerwarteten Lob ein wenig verlegen und suchte mit ihren Augen irgendwas, was sie ansehen konnte. „Was fotografierst du denn eigentlich so?", wollte sie wissen, um ein wenig das Thema zu wechseln.
Elon zuckte die Schulter und lehnte sich an das alte Holz des Billardtisches hinter ihn. „Einfach das was mir vor die Linse kommt", gestand er, egal wie blöd es auch klang. Doch er hatte keine wirklichen Motive, die er bevorzugte.
„Verstehe. Ich nehme an so hast du diese ganzen tollen Orte gefunden, oder?", wollte die neugierig wissen.
„Ich bin hier aufgewachsen und war auch mal ein Kind mit Fantasie. Die Orte findet man auch so", erklärte er mit einem flüchtigen Lachen, als er sich zurückerinnerte wie er Chris als Siebenjähriger den Abhang runtergeschubst hatte und er in diesen Bach gefallen war.
„Das klingt als wärst du als Kind viel allein unterwegs", meinte die überrascht. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie es war allein umherzuziehen. Bei ihr war immer jemand dabei. Sie kannte es nicht anders.
„Wenn du Chris eher als meinen Schatten siehst als eine Person, ja", stimmte er zu
„Na ja ihr ward beide Kinder. Ich meine ohne Erwachsene", erklärte sie, weil das für sie undenkbar war. Aber auch auf Grund der Tatsache, wo sie aufgewachsen war. Eine Großstadt war da sicherlich gefährlicher, als eine solche Kleinstadt.
Elon runzelte die Stirn und blickte Mila weiterhin fragend an. „Was willst du damit sagen? Warst du als Kind nie draußen die Gegend erkunden?"
Mila überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Nein, ich glaube nicht. Wir hatten einen großen, gepflegten Garten. Aber ich hatte immer jemanden an meiner Seite. Wenn ich mich schmutzig gemacht habe gab es immer Ärger", erklärte sie, klang aber nicht so, als würde sie verstehen, dass es nicht normal war so aufzuwachsen.
Verständnislos schüttelte Elon langsam den Kopf und blickte Mila an, als würde er kein Wort von dem verstehen was sie da sprach. „Das dreckig werden ich doch erst das was Spaß macht."
„Nicht wenn man nach meiner Mutter geht", meinte sie und zuckte die Schultern. „Aber ich kann auch den Spaß am Dreck nicht nachvollziehen", gestand sie. Vielleicht war sie in der Sache wirklich ein wenig eigenartig.
„Das sah vorher im Wasser aber anders aus", wandte er nun ein doch drehte seinen Blick weg. Immerhin war es Mila ohnehin schon unangenehm gewesen, als sie sich hatte ausziehen müssen.
„Wasser ist ja auch etwas anderes", erklärte sie und wandte ebenfalls den Blick ab. „Ich war schon immer eine Wasserratte und hab mir Ärger beim Pfützenspringen eingehandelt."
„Du bist gar nicht mehr schwimmen gegangen, nach dem einen mal am See", merkte Elon plötzlich an, der sich wieder zurückerinnerte.
„Meine Mutter hat es mir verboten", erklärte sie seufzend. Sie hätte wirklich gar nicht erst damit anfangen sollen.
„Hat dir deine Mutter erlaubt, dass ich Fotos von dir mache?", fragte er und hob demonstrativ die Kamera hoch in dessen Film Milas Bilder waren.
Mila zuckte nur mit den Schultern. „Ich hab nicht gefragt, weil ich es ja nicht wusste, also hat sie es mir zumindest nicht verboten", erklärte sie und hoffte, dass Elon nichts verraten würde.
„Du kannst doch auch nicht bei allem auf deine Mutter hören. Das ist eine ungesunde Beziehung, die ihr beide zueinander habt", wandte Elon nun ernst ein, auch wenn sie dieses Gespräch schon bereits Dutzende Male gehabt hätten.
„Das siehst du so. Ich konnte mich bisher nicht beschweren", meinte sie und wirkte als würde sie dieses Thema schnellstmöglich wieder wechseln wollen, denn es machte ihr jedes Mal Kopfschmerzen
„Du solltest dringend mal drüber nachdenken ... deine Mutter kann nicht alles für dich entscheiden", seufzte Elon und öffnete einen kleinen Schrank, um Mila ein Handtuch zu reichen, was sie sogar noch kannte. Es war dasselbe, welches sie auch schon beim ersten Mal hier bekommen hatte.
„Danke", murmelte sie und trocknete sich die Haare damit ab da diese das einzige waren, was noch nass war. Auf das andere Thema ging sie bewusst nicht ein.
„Das mit dem Camping ... Chris meinte du wolltest mitkommen", wechselte Elon nun vorsichtig das Thema.
„Er hat mir erzählt, dass ihr campen geht", erklärte sie. „Das habe ich früher auch sehr gern gemacht. Daher dachte ich, ich frage mal", murmelte sie und blickte ihn fast flehend an.
„Du konntest doch nicht mal durch das Gebüsch laufen und beim Campen wird man immer dreckig", bemerkte er wenig überzeugt.
Mila seufzte. „Ich komme mit einem Nein schon klar. Du musst es nicht durch dir Blume sagen", bemerkte sie und wirkte enttäuscht obwohl sie es nicht zeigen wollte.
„Das Campen war schon immer ein Männerausflug gewesen ... unser gemeinsames Ding, ich denke nicht, dass das was für dich ist", erklärte Elon stotternd und schielte immer wieder schuldbewusst zu Mila hoch. Doch er hatte keine andere Wahl! Sie hatte dort nichts zu suchen!
„Meine Mutter würde wahrscheinlich sowieso dagegen sein, also hast du wohl recht", meinte sie und ließ betrübt die Schultern hängen. Sie hätte es sich ja denken können. Nichts mit mutterfreier Zeit.
„Richtig ... das würde ohnehin nur für Schwierigkeiten sorgen. Ich meine deine Mutter schien nicht sonderlich begeistert und abgesehen davon kennst du meinen Vater nicht. Glaub mir, du willst nicht mit ihm in der Natur allein sein."
Mila spürte den Schmerz in sich aufkommen. Früher war es ihr nie schwer gefallen den Anweisungen ihrer Mutter nachzukommen. Aber sie hatte mittlerweile das Gefühl eine ganze Menge Spaß dadurch zu verpassen. Mit Elon schien alles spaßig zu sein.
„Soll ich ... dich heimfahren?", fragte er vorsichtig und musterte schuldig Milas zusammengekauerte Haltung. Das machte sie doch absichtlich!
Ihr Blick wanderte traurig zum Fenster und sie versuchte den Himmel zu sehen, um das Wetter einzuschätzen. „Eigentlich will ich noch nicht nach Hause", erklärte sie, da sie dort nichts erwartete außer ein leeres Haus.
„Aber ... du ... ich hab dich doch gestört ... du hattest noch deinen Pyjama an oder was das war", versuchte es Elon weiter und knotete ungeduldig den Riemen der Kameratasche.
„Du musst ja keine Zeit mit mir verbringen, wenn du nicht willst. Vielleicht gehe ich zu Chris und frage ihn, ob er heute schon was vorhat", überlegte sie und wusste nicht genau warum Elon plötzlich so seltsam war.
„Der kriegt heute noch mehr Besuch von seiner Familie wegen seiner Schwester ... ich wollte nun mal gerne nach Hause wegen den Bildern, die ich entwickeln muss. Die muss ich bis morgen abschicken", versuchte er sich zu erklären, da Mila nicht lockerließ.
„Darf ich dir dabei zusehen?", fragte sie und klang plötzlich neugierig und blickte ihn mit großen Augen an. „Ich wollte schon immer wissen wie sowas geht."
Elon presste die Lippen angespannt aufeinander, doch konnte Mila mit den großen braunen Augen kein Nein aufdrücken. „Nur wenn du mich nicht störst", grummelte er geschlagen und packte die Taschen wieder auf seine Schulter.
„Ich verspreche, dass ich dich nicht störe", erklärte sie leise und Elon konnte die Freude in ihrer Stimme hören.
Mit einem seufzen rollte er die Augen und deutete ihr mit einer Geste ihm zu folgen. Hoffentlich war das keine schlechte Entscheidung.