„Sie würde sowas nie tun", presste Kaden kopfschüttelnd hervor, als würde er sich für ihre Unschuld rechtfertigen müssen.
„Aber ihr wart nicht da, um ihre mögliche Unschuld zu beweisen", presste Sergej hervor und senkte den Blick. „Wisst ihr denn, ob sie wirklich unschuldig ist?", fragte er leise nach. „Sie war mit Eurer Mutter zusammen, als es geschah und nur sie hat überlebt."
Bei diesem Satz wurde Kadens Mimik viel schärfer.
„Ich will so etwas nie wieder hören. Das Thema ist hiermit abgeschlossen und ich will den richtigen Täter. Verstanden?", fragte er nun mit Nachdruck und machte seinen Standpunkt deutlich der keinen Widerspruch mehr zuließ.
„Wie Mylord befiehlt", murmelte Sergej sichtlich überrumpelt. Er hatte wirklich nicht erwartet, dass der Highlord wegen dieser Frau so reagieren würde. Sie war scheinbar mehr, als nur eine Lieblingsgeliebte. Sergej würde sogar so weit gehen zu sagen, dass sie seine Achillesferse war.
Er wusste nicht wirklich, ob das gut oder schlecht war, doch alles was er wusste war, dass Sezuna eine Bedrohnung war. Immerhin wusste keiner woran sie wirklich war.
Gerade, als sich der Highlord abwenden wollte, rief sein Berater ihn nochmal zurück.
„Mylord, ihr solltet eine Willkommensfeier veranstalten für euren Harem. Ihr wart immerhin eine Weile weg."
Das nächste Fest, das ich veranstalte wird die Trauerfeier für meine Mutter sein", erklärte er leise und ohne zu Sergej zu blicken. Er wollte lieber schauen, wo Sezuna war und ob es ihr gut ging.
Diese hatte sich, wie Kaden es gewünscht hatte, in den Aufenthaltsraum niedergelassen, doch sie saß noch nicht einmal zwei Minuten, als sie Besuch kam. Wahrscheinlich hatten die anderen Frauen gepetzt, dass sie hier war, denn Chiana betrat den Raum.
Diese musterte sie abschätzig mit hochgezogener Nase, als ihr Gesicht plötzlich einen ungläubigen Gesichtsausdruck annahm.
„Was hast du da an?", fragte sie fast schon tonlos, als ihre violetten Augen immer größer wurden.
Sezuna zupfte weiterhin unruhig an Kadens Oberteil herum und wusste nicht, ob es eine richtige Antwort auf diese Frage gab. Wahrscheinlich würde Chiana an die Decke gehen, wenn sie bemerkte, dass es wirklich Kadens Oberteil war. Und das es sogar nach ihm roch!
Ersteres musste sie schon bemerkt haben, so wie sie nun auf Sezuna nieder blickte.
„Ich habe keine Kleider mehr", sagte sie stattdessen leise und versuchte Chiana nicht anzusehen.
Sezuna schluckte und konnte beim hochschielen erkennen, wie Chianas Kiefer mahlte.
„Mördern und Landesverrätern steht auch keine Kleidung zu", zischte sie und ballte wütend die Fäuste.
Sezuna biss sich auf die Lippe, als ihr die Tränen kamen.
Landesverräter. Ja, das waren ihre Eltern angeblich auch gewesen und alle blickten auf dieselbe Art und Weise auf sie herab, wie es Chiana jetzt auch auf Sezuna tat. Nur war diese noch am Leben und spürte es. Es war ungemein schmerzhaft. Vor allem, da sie Chiana anfangs sehr gemocht hatte. Doch mittlerweile fürchtete sie sich vor ihr.
„Ich habe niemanden umgebracht", hauchte Sezuna und klang ein wenig verzweifelt. Wie oft hatte sie diese Worte nun schon gesagt?
Sie hätte nie gedacht, dass sie sich beim Betreten dieses Harems jemals für einen Mord hätte rechtfertigen müssen. Doch anscheinend gab ihr hier jeder die Schuld... abgesehen von Kaden. Immerhin hatte er sie aus dem Verließ geholt.
Chiana schnaubte abschätzig und musterte abermals Sezunas nackte Beine, die mehr zeigten als es Sitte war.
„Natürlich nicht... du liebst ihn ja", erklärte die schwarzhaarige Hexe in einem sarkastischen Ton.
Darauf erwiderte Sezuna nichts. Was sollte sie auch sagen? Dass sie bis über beide Ohren in ihn verliebt war? Das wusste bisher wohl jeder. Doch nicht jeder akzeptierte die Tatsache, dass auch der Highlord im Moment Interesse an ihr hatte.
„Genieße es, solange du noch kannst. Er wird schon bald merken, dass du nur Ärger machst und dann hast du keinen Beschützer mehr."
Diese Bemerkung schnürte Sezuna die Luft ab bis ins schwindelerregende.
Der Gedanke ungeschützt ohne Kaden diesen Hyänen ausgeliefert zu sein.
„Ich denke das habe immer noch ich zu bestimmen", erklang plötzlich die wenig erfreute Stimme des dunkelblonden Mannes der hinter Chiana stand und sie zusammenfahren ließ. Mit einigen wenigen Schritten hielt er neben der Hexe inne und musterte sie kopfschüttelnd. „Ich habe dich als bessere Verliererin eingeschätzt, das ist wirklich unerfreulich Chiana. Wenn ich noch einmal mitbekommen sollte wie du so mit Sezuna umgehst, werde ich nicht mehr so nachsichtig sein. Verstanden?", flüsterte er neben ihr, während Chiana schockiert wie gebannt auf ihre Füße starrte.
Sie nickte denn etwas anderes traute sie sich nicht. Sie hatte den Highlord noch nie so wütend gehört. Das verpasste ihr eine Gänsehaut.
Kaden nickte zufrieden und reichte Sezuna eine Hand. „Komm wir können weiter", erklärte er, als wäre Chiana überhaupt nicht anwesend.
Die rothaarige blinzelte überrascht von der Hexe zu Kadens Hand, bis sie diese annahm. Mit zupfenden Bewegungen im das Kleidungsstück über ihren hintern zu ziehen, folgte sie seiner Führung und versuchte Chianas Worte hinter sich zu lassen. Auch wenn ihr das mehr als schwer fiel.
Sie wollte dennoch nicht zugeben dass es sie hart getroffen hatte und wie sehr es schmerzte. Vor allem weil sie in den letzten Wochen nur solche Dinge zu hören bekommen hatte. Und so langsam glaubte sie diese selbst. Sie machte nur Probleme und bald würde sie kaden eine Last werden.
Etwas was sie keineswegs wollte. Wieso war das nur so schwer?
Kaden zog sie dagegen immer weiter hinter sich her bis er die Tür zu ihren Gemächern aufdrückte und sie wieder schloss nachdem sie beide eingetreten waren.
„Tut mir leid, dass ich doch alleine gelassen habe", erklärte Kaden leise und sah sich in dem ausgeräumten Zimmer um, welches so aussah als wäre nie jemand hier gewesen.
Sezuna blickte sich ebenfalls um und ein beklemmendes Gefühl machte sich in ihr breit. Es fühlte sich so an als hätte man versucht ihre Existenz aus zu löschen.
Ein grausames empfinden, dass sie erstmal schlucken ließ.
Sie wollte gar nicht daran denken, was sie mit ihr getan hätten, wäre Kaden nie zurückgekommen.
Doch das war er. Sonst könnte er nicht hier neben ihr stehen.
Mit zitternder Hand griff sie nach ihm weil sie seine Wärme und Nähe spüren musste um ihr Herz wieder zu beruhigen.
„Es ist ja nichts passierte, murmelte sie. Dieses Mal nicht. Das nächste Mal würde sie vielleicht erneut Anschlag eines Angriff werden.
Bei dem Gedanken ging sie einige Schritt zu Kaden und klammerte sich an seinen Arm.
Ein wenig verwirrt blickte Kaden zu ihr hinab und nahm sie vorsichtig in den Arm.
„Das sieht aber anders aus", murmelte er leise und streichelte ihre Haare.
„Dieses Mal zumindest nicht", fügte sie flüsternd hinzu. Sie wollte nicht mehr alleine sein doch sie wusste sehr gut, dass sie es nicht vermeiden konnte dass es manchmal vorkam. Und dann würde diese Haufen von Frauen sie finden. Da war sich Sezuna sicher.
Fast schon Ergebens schloss Kaden die Augen und drückte Sezuna fest an sich.
„Willst du dein Zimmer zurück oder willst du bei mir bleiben?", fragte er leise und hatte das Gefühl sie nie wieder loslassen zu wollen.
Er wollte sie nicht hier lassen, nachdem was er mitbekommen hatte. Doch er würde es auch verstehen, wenn Sezuna ihren Freiraum brauchte.
„Du überlässt mir diese Entscheidung?", fragte sie und klang ein wenig kleinlaut. Schon das Angebot, dass sie die Wahl hatte, ließ ihr Herz schneller schlagen. Er wollte wirklich, dass sie bei ihm einzog? Das war ein ziemlich heftiger Schritt, auch wenn sie so gesehen schon lange bei ihm gewohnt hatte. Doch das hier fühlte sich irgendwie anderes an.
Ein kleines, raues Lachen ließ Sezuna zusammenzucken.
„Ja... immerhin ist es dein Belangen wo du nächtigen willst. Und ich würde es verstehen, wenn du nicht mehr hier sein willst. Ich kann dich nicht komplett aus dem Harem nehmen, aber ich kann dir die Wahl lassen", erklärte er und strich ihr verträumt eine rote Strähne aus dem cremefarbenem Gesicht.
Das verwunderte Sezuna wirklich. Und was meinte er mit er konnte sie nicht aus dem Harem nehmen? Nicht das sie vor hatte zu gehen und ihn nicht wieder zu sehen! Aber trotzdem war die Aussage ein wenig verwirrend.
„Ich möchte bei dir bleiben", erklärte sie leise, fast schon schüchtern.
Bei ihrem Ton schlich sich ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen und er drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn der bedeutend schien.
„Ich hab gehofft, dass du das sagen würdest", flüsterte er leise und drückte sie nochmals fest gegen seine Brust, als könnte sie gleich wieder verschwinden.
„Na gut", sagte er schließlich und blickte sich noch einmal in diesem Zimmer um. „Hier ist nichts mehr, was wir gebrauchen können. Komm, wir gehen weiter, damit der Schneider dir ein paar Kleider machen kann", sagte er und legte eine Hand an Sezunas Rücken, um sie ein wenig in die Richtung zu schieben, in der er sie haben wollte.
Sie gab nur ein widerwilliges Grummeln von sich, nachdem Kaden sich von ihr gelöst hatte. Auch wenn sie nie eine wirkliche Bindung zu diesem Zimmer hatte, nicht so wie zu dem Gewächshaus, was Kaden ihr geschenkt hatte, so war es doch irgendwie komisch nun diesen großen Schritt zu wagen.
Sie dachte den gesamten Weg darüber nach und bemerkte die Blicke der Frauen, denen sie begegneten nicht, doch Kaden nahm jeden davon wahr und merkte sich die Gesichter. Es gefiel ihm überhaupt nicht, was hier im Harem los war.
Es gab nur einige wenige Frauen, die erleichtert waren, Sezuna zu sehen und viele der Dienstmädchen wirkten ebenfalls erleichtert. Doch der Großteil der Frauen, egal welches Halsband sie trugen, waren ziemlich bestürzt und nicht erfreut.
Viele herablassende blicke folgten der rothaarigen. Sogar seine erste Favoritin, welche min unter den Grünen Halsbändern war, blickte ihn eher enttäuscht entgegen.
Doch auch sie ignorierte er und ging einfach weiter. In einem abgeschlossenem Trackt stieß er die schweren hölzernen Doppeltüren zur Seite, da sie sich nur schieben ließen und deutete Sezuna einzukriegen.
Der Raum war groß, mit großen Fenstern hell beleuchtet und mit mehreren großen spiegeln bedeckt.
Der Ausblick bot eine wunderschöne Aussicht auf den kleinen Hinterhof, welcher eine windige Landschaft bot. Der Winter begann sich zu verabschieden und auch das Gras grünte wieder sichtbar im Hofe.
Sezuna trat sofort auf das Fenster zu und beobachtete die ersten Zweige die langsam wieder grünten. Sie liebte den Frühling wenn alles begann zu blühen. Am liebsten wäre sie hinausgegangen und hätte sich richtig umgesehen. Doch sie war wegen Kleidung hier.
Hoffentlich würde sie in den nächsten Tagen Zeit finden nach draußen zu gehen.
Bei diesem Gedanken fröstelte sie kurz. Draußen war es bestimmt noch immer furchtbar kalt. Doch das war ihr egal.
„Was haben sie dir im Kerker angetan?", fragte Kaden auf einmal vorsichtig und als sie sich umdrehte, bemerkte sie, dass er sie wohl die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Ich möcht nicht darüber reden", murmelte sie sehr leise. Sie könnte kaum beschreiben wie sehr ihr die Natur fehlte.
Besorgt trat Kaden zu ihr und blickte sie zwar ernst, aber mit einem zerbrechlichen Gesicht an.
„Ich will dich doch nur beschützen", flüsterte er fast schon frustriert und strich über ihre beiden Arme.
„Ja aber daran kannst du nichts mehr ändern. Du weißt genau wie es normalerweise läuft wenn jemand schuldig gesprochen wird aber nicht gesteht", flüsterte sie.
Aufmunternd strich er Sezuna über die Wange, was sie dazu veranlasste zu ihm aufzublicken.
„Niemand außer mir spricht ein Urteil. Und ich will diejenigen zur Rechenschaft ziehen, welche dir das angetan haben", erklärte er fast schon beängstigend ernst.
Gerade als Sezuna Luft holen wollte um etwas zu erwidern, würde die Tür geöffnet. Instinktiv trat die rothaarige einige Schritte zurück um sich von Kaden zu entfernen.
Dann drehte sie den Blick und öffnete erstaunt den Mund. Das war die schneidern aus der Stadt! Die mit den weißen Haaren. Was machte die denn hier?
Sezuna vergaß das sie sagen wollte dass man wahrscheinlich darauf abgezielt hatte das sie gestand damit man sie auch ohne Kadens Gegenwart hätte hinrichten können.
Doch im Moment sollten sie wohl sowieso nicht darüber sprechen, solange Außenstehende anwesend waren.
„Mylord. Mistress", grüßte die Frau mit einem strahlen und machte einen kaum erkennbaren Knicks, ehe das Dienstmädchen, welches sie hergebracht hatte verschwand.
Kaden lächelte und Sezuna wurde bei diesem Titel noch immer unwohl. Sie hatte sich einfach noch nicht daran gewöhnt so angesprochen zu werden. Vor allem nicht hin diese Frau die sie aus der Stadt kannte.
„Ich denke die Höflichkeitsfloskeln werden nicht nötig sein", lachte der Blonde leise, nachdem die Türen wieder geschlossen waren.
Mit einem euphorischem Hüpfen auf der Stelle, stellte die weißhaarige Frau ihre Tasche ab und sprintete kurz darauf auf den Highlord zu, um ihn zu Umarmung.
„Ich habe gehört es gab Schwierigkeiten auf der Heimreise", bemerkte sie, als würden sich die beiden schon ewig kennen. Auch ihr Verhalten ließ darauf schließen, dass sie alles andere, als ehrfürchtig dem Highlord gegenüber war, als anzunehmen.