Die Nacht war dunkel, der Mond schien hell. Stille legte sich über das Land. Die schöne Prinzessin wollte gerade zu Bett gehen, da ertönte Musik vor ihrem Fenster. Sie versteckte sich unter ihrer Decke, doch auch dort hörte sie den Gesang. So stand sie auf, gähnte herzlich und sah sich um. Wer wagte es, noch zu singen? So laut, dass sie es hörte?
„Wer singt denn da? Noch so spät am Abend?", fragte die schöne Prinzessin und ging auf den Balkon hinaus. Von dort blickte sie in den Garten herab und erblickte sogleich den Musiker. Ein hübscher junger Mann stand auf der Wiese, hielt eine Klampfe in der Hand und blickte zu ihr herauf.
„Ich bin es, Prinz Karl Friedrich der Zweite", rief er zu ihr herauf. „Und ich bitte um deine Hand, holde Prinzessin."
„Ach, papperlapap, du willst bloß das halbe Königreich!" Die schöne Prinzessin wurde wütend. Immer wieder kamen Prinzen daher, die das halbe Königreich mehr begehrten als sie. Keiner von ihnen hatte sie wirklich gemocht! Und ganz viele von ihnen waren gerade im Schloss.
„Nein! Wieso? Ich weiß gar nichts davon."
„Das sagen sie alle!", rief sie herab.
Prinz Karl Friedrich der Zweite legte eine Hand an sein Herz. „Ich würde sogar gegen Löwen, Tiger und Leoparden kämpfen! Das verspreche ich Euch."
„Na gut...", überlegte die schöne Prinzessin. Ein Versprechen war schließlich ein Versprechen. „Also, morgen ist sowieso der Wettkampf."
„Welcher Wettkampf?", fragte der Prinz.
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Ach, du weißt auch gar nichts, richtig? Richtig", damit verabschiedete sich die Prinzessin und kehrte in ihr Gemach zurück. Dieser Prinz könnte gegen die anderen keine Minute bestehen! Er wusste ja überhaupt nicht, wie man ein richtiger Prinz zu sein hatte. Kämpfen konnte er bestimmt auch nicht. Sie hatte noch nie einen Prinzen gesehen, der kämpfen und singen konnte.
Am nächsten Tag fand das Turnier um die Hand der Prinzessin statt. Sie sah noch schöner aus als sonst. Sie trug auch noch schönere Kleider als sonst.
Ihr Vater, der König, sprach: „So lasset die Spiele beginnen."
„Gut, lasset die Spiele beginnen. Wer gewinnt, kriegt mich und das halbe Königreich!" Sie schwang ihren Arm und der Handschuh fiel ausversehen in die Arena und die Löwen, Tiger und Leoparden stürzten sich darauf.
„Mein Handschuh!", entfuhr es ihr überrascht.
Das war die Chance für Karl Friedrich den Zweiten! „Ich hole dir den Handschuh, auch wenn es das letzte ist, was ich mache!"
„A... Abe-"
„Kein aber, meine liebe Prinzessin, ich hole ihn!", rief er wieder, legte seine Klampfe weg und fasste sich allen Mut.
„Äh... ja... gut... pass aber gut auf."
Doch was die Prinzessin sagte, hörte er nicht mehr. Prinz Karl Friedrich der Zweite raste die Holztreppe herunter, rein in die Arena. Der König hielt sich die Augen zu und die Prinzessin hoffte allerbestes.
In der Arena freuten sich die Löwen, Tiger und Leoparden auf ein leckeres Mittagessen. Von so einem Handschuh wurden sie nun wirklich nicht satt, appetitlich sah er schon gar nicht aus und die letzten Prinzen hatte alle ganz eitel geschmeckt. Doch ehe sie sich versahen, zog der Prinz das Schwert und fuchtelte vor den Nasen der Tiere herum, so dass sie Angst bekommen sollten. Aber die schauten bloß den Prinzen verwundert an und rührten sich nicht. So schlechten Schwertkampf hatten sie noch nie gesehen. Er fuchtelte weiter mit dem Schwert rum und zog mit der anderen Hand den Handschuh an sich ran. Als er ihn hatte, rannte er so schnell er konnte aus der Arena, die Holztreppe wieder hinauf und gab der Prinzessin ihren Handschuh.
Nun ergriff der König das Wort: „Es ist wohl eindeutig, wer der Sieger ist. Damit sind die Spiele beendet!"
Alle klatschten und jubelten. Nur die anderen enttäuschten Prinzen guckten böse drein.
„Den Handschuh hättest du nicht holen müssen!", meinte die schöne Prinzessin zum Prinzen.
„Hä? Äh... ich meine: Wie bitte?", fragte Prinz Karl Friedrich der Zweite.
Die schöne Prinzessin nickte aufgeregt. „Ja, du musstest den Handschuh nicht holen, das wollte ich dir vorhin klarmachen. Du hast nicht zugehört."
„Ach so, und warum?"
„Ich habe von der Sorte noch zwanzig Paar im Schrank liegen", sagte die schönr Prinzessin und lächelte.
Prinz Karl Friedrich der Zweite sah traurig aus. Er hatte sich doch so viel Mühe gegeben, gegen die wilden Tiere anzutreten. Mutig war er gewesen, nur für die schöne Prinzessin! Jetzt war alles umsonst?
„Die Hochzeit wird morgen stattfinden", sagte die schöne Prinzessin, als sie sah, wie enttäuscht er war.
Am nächsten Tag heirateten sie und ab diesem Tag, hat sie niemand je wieder gesehen.