Strand und Me(e)hr ...
Ein wohliger Seufzer verließ meine Lippen, während ich meine Zehen in den warmen Sand grub und die Körnchen unter meinen nackten Sohlen spürte. Wie lange es her sein mochte, dass wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, wusste ich kaum zu sagen. Doch gefühlt schien es eine Ewigkeit her zu sein.
Natürlich liebte ich die Seefahrt, liebte den Wind und das Wiegen der Wellen. Trotzdem hatte ich nichts gegen einen Zwischenstopp auf dieser kleinen Insel einzuwenden.
Genüsslich reckte ich mich der Sonne entgegen, während ich meine Arme um die Knie schlang und die Ruhe willkommen hieß.
Wo meine Kameraden waren, wusste ich nur wage zu benennen. Irgendwo streunten sie herum, auch wenn dieses kleine Eiland nicht sonderlich viel zu Entdecken bot. Doch Ruffy und Lysop würden wohl fündig werden, denn irgendetwas fiel ihnen immer in die Hände, oder lief ihnen hinter her. Zorro kümmerte sich um unser Lämmchen, während Sanji Proviant zu beschaffen versuchte, auch wenn er nur wenig Hoffnung auf etwas Essbares zu haben schien.
Da wir noch eine Weile hier auf dieser Insel verweilen würden, würde ich es mir zu einem späteren Zeitpunkt zur Aufgabe machen, diese auf Papier zu bannen, doch zuvor würde ich sie vermessen müssen. Allerdings hob ich mir jenes Vorhaben als letzten Punkt auf meiner Liste auf, denn zu aller erst stand für mich mein Seelenheil im Vordergrund.
Möwen kreischten am Horizont, der Himmel war von einem so leuchtenden und hellen blau, dass nicht ein kleines Wölkchen dort oben Platz fand. Dass wir, so kurz vor dem Eingang zur Grand Line, noch ein solches, beinahe unberührtes Fleckchen fanden, erschien mir beinahe unwirklich. Denn in Lougetown erzählte man sich, dass es bereits Meilen vor dem hiesigen, und gefährlichen Meer, vor Seekönigen und Stürmen nur so wimmelte. Doch noch hatte ich nichts dergleichen bemerkt, und verspürt hatte ich es ebenso wenig.
Ich löste mich aus der starren Haltung, streckte die Arme links und rechts von mir, ehe mein Rücken den warmen Sand berührte. Leise ein und ausatmend, schloss ich die Augen und ergab mich der Ruhe und dem Platschen der Wellen, die auf die kleine Küste zu hielten, nur um im gemächlichen Rhythmus wieder den Rückzug anzutreten. Ein Spiel, das gleichmäßig und beständig immer wieder von vorn begann.
Irgendwann muss ich mich wohl dem Frieden ergeben, und in Träumen versunken sein. Meine Gedanken schweiften nach Kokos, zu Nojiko, Genzo, dem Doktor und... Bellemere. Familie. Doch mischten sich unter die mir so vertrauten und lieben Menschen auch neue, mir zu Freunden und Begleitern gewordene Gesichter.
Monkey D. Ruffy, ein Grünschnabel und übersprudelnd vor Energie, Leichtsinn und kindlichem Übermutes. Unser Käpt'n, der Unsinn unter seinem Strohhut barg und vor dessen Einfällen man nie gefeit war.
Lorenor Zorro, der hochgewachsene und starke Schwertkämpfer, der sich einst einen Namen als Piratenjäger erwarb und vor dem jene Schurken vor Angst zitterten. Dass er sich Ruffy anschloss, schien für ihn noch immer fraglich und überraschend zugleich zu sein. Doch Zorro erwies sich als schneller und guter Kämpfer, auch wenn er und ich ebenso unsere Reibereien auszufechten hatten.
Lysop, unser selbst ernannter Vize-Kapitän, stellte seine Talente als Scharfschütze bereits unter Beweis, auch wenn er sich ein ums andere Mal damit in Schwierigkeiten brachte. Er war ein Angsthase, dem die Knie bereits schlotterten, noch ehe wir eine größere Insel erreichten, doch er war ein guter Freund, wenn er sich nicht gerade hinter Zorros Rücken versteckte.
Und dann gab es da noch Sanji.
Der Smutje, der sich erst weigerte, mit Ruffy zur See zu fahren. Noch wusste ich nicht, was ich von ihm halten sollte, doch unsere erste Begegnung blieb mir noch gut im Gedächtnis. Eine Spur zu enthusiastisch erschien er mir, zu überschwänglich mit Worten, dennoch zeigte er, dass auch er ein fähiger Kämpfer war. Während sich Zorro mit drei Schwertern ins Gefecht stürzte, Lysop mit seiner Zwille die Gegner unter Beschuss nahm und Ruffy seine Teufelskräfte einsetzte, bevorzugte Sanji die Verteidigung mit den Füßen. Und seine Tritte waren gefährlich. Seinen eigenen Worten zu folge, benutzte er nie seine Hände, da ihm diese, als Koch, heilig wären und ich zweifelte nicht daran. Denn so, wie er mit den Messern hantierte, bekam ich es beinahe jedes Mal mit der Angst zu tun, er könne sich verletzen.
Eine kühle Brise fegte über meinen Körper hinweg, sodass ich fröstelnd die Beine anzog. Die wärmenden Strahlen der Sonne lagen nicht länger auf mir. Murrend öffnete ich die Augen und bemerkte, dass ich mich auf die Seite gedreht hatte. Langsam hob ich den Kopf und setzte mich auf. Neben mir, zu meiner Verblüffung, saß der Smutje, der dem Versuch erlag, das Streichholz in seinen Händen zu entflammen.
„Habe ich dich geweckt, tut mir leid“, nuschelte er und die Zigarette zwischen seinen Lippen, hüpfe bei jeder Silbe auf und ab.
Ich antwortete nicht, sondern richtete meinen Blick zum Himmel hinauf, der sich allmählich orange färbte. Müde rieb ich mir die Augen und konnte den gähnenden Laut nicht unterdrücken, der meine Lippen verließ.
„Hast du etwas gefunden?“, fragte ich an unseren Koch, und neuestes Mitglied, gewandt und schlang die Arme erneut um meine Knie.
„Hm“, murrte Sanji und zog an dem Glimmstängel, offenbar war es ihm gelungen, diesen endlich zu entzünden. „Viel gibt es hier nicht. Ein paar Früchte, Ananas, Bananen und Beeren. Eine Melone war auch dabei.“
„Hm“, ahmte ich ihn nach, „das wird Ruffy sicherlich nicht gefallen. Eine Obstdiät.“
Ein Kichern entkam mir, als ich mir den enttäuschten Blick unseres Käpt´ns vorstellte, dessen Hauptnahrungsmittel aus Fleisch bestand. Auch Sanjis Lippen verzogen sich zu einem schiefen Grinsen.
„Ich habe noch genügend Vorräte eingelegt, auch wenn wir bei der nächsten Insel trotzdem nicht um einen Einkauf herum kommen werden.“, erklärte er und blies den Qualm aus der Nase.
„Wenn wir die nächste Insel überhaupt erreichen“, murmelte ich und blickte gedankenverloren auf das Meer hinaus. Mit der sich heranschleichenden Nacht, zogen bereits ein paar Wolken am Himmel auf. Selbst der abnehmenden Mond, mit seiner schmalen Sichel, war bereits sichtbar. Sanji drückte den letzten Rest der Zigarette im Sand aus, schaufelte ein kleines Loch und ließ den Stummel darin verschwinden. Unmerklich schweifte mein Blick zu ihm und seinem Tun.
„Was hast du da?“, verlangte ich zu wissen und griff nach seiner rechten Hand, als der Smutje mit dem Zuscharren der Vertiefung fertig schien. Sein Daumen zierten winzige Striche, die sich deutlich vom Rest seiner hellen Haut abhoben.
„Ach, die?“, fragte er leichthin und zuckte mit den Schultern. „Das ist schon lange her.“
Als ich nicht antwortete, fuhr er fort: „Die ersten Äpfel, die ich geschält habe.“
Ungläubig blickte ich zu ihm auf. Ihn jetzt so zu sehen, wie er mit Messern, Kellen und Schüsseln umging, erschien mir befremdlich, da ausgerechnet Äpfel für seine Narben verantwortlich waren.
„Jeder fängt mal klein an“, fügte Sanji hinzu und ich nickte ergeben.
„Nami!!!“, vernahm ich Ruffys schrille Stimme und wandte mich zu dem kleinen Dschungel um, der hinter uns aufragte. Verwunderung zierte meine Miene, und Sanji teilte meine Verwirrung. Zeitgleich erhoben wir uns, und während er lässig die Hände in die Taschen seiner schwarzen Hose verbarg, stemmte ich die meinen in die Hüften.
„Was zur...?“, entkam es unserem Smutje, dessen Körper plötzlich Anspannung zierte. Auch ich trat einen Schritt zurück.
„Ist dir dieses Ding etwa nicht begegnet?“, fragte ich vorsichtig und sah zu Sanji auf, der nur den flachsblonden Kopf schüttelte.
„Nein, aber wenn, dann hätten wir Fleisch.“, sagte er und griff nach meiner Hand. Mit schnellen Schritten machten wir uns auf den Weg zur Flying Lamb, während Lysop jaulend vor Ruffy her rannte und der Kapitän der Strohhüte dem riesigen Urtier zu entkommen versuchte.
„Na warte!“, lachte Ruffy, wirbelte herum und versetzte diesem Ungetüm einen festen Schlag.
Abrupt hielt Sanji in seinem Laufschritt inne, sodass ich gegen ihn prallte und für einen flüchtigen Augenblick das Gleichgewicht verlor. Lysop eilte auf uns zu und hielt, die Hände auf die Knie gestützt und laut japsend, vor uns. Auch er wandte sein lockiges, schwarzes Haupt in die Richtung, aus der der Tumult kam.
„Was ist denn hier los?“, laut gähnend stapfte Zorro ebenfalls auf unseren, kleinen Trupp zu.
„Abendessen“, entkam es Sanji sachlich, während Ruffy noch immer auf das Monster eindrosch.
„Ob man den wirklich essen kann?“, fragte Lysop und sah zu dem Smutje herüber.
„Sanji, Hunger!!“, donnerte Ruffy, und thronte nun auf dem breiten Kopf des Dinosauriers, den er erlegt hatte.
„Und wenn von dem noch mehr da sind?“, wandte Lysop erneut das Wort in die Runde und das metallische Klicken von Zorros Schwertern erklang sofort.
„Dann haben wir mehr Fleisch, als Ruffy essen kann!“, meinte Zorro mit einem breiten Grinsen.
„Also keine Obstdiät“, wich es von meinen Lippen und ich erntete irritierte Blicke seitens Zorros und Lysops. Ein Zucken mit den Schultern tat ihr Interesse an meinen Worten ab, doch ich kam nicht umhin zu bemerken, dass Sanji noch immer seine Finger um mein Handgelenk geschlossen hatte.