Ankunft:
Das neue Hotel war eine Irrenanstalt. Natürlich bezeichnete das Schild über der weißen Doppeltür, die Amy und die anderen durchschritten, das Gebäude als Heilanstalt, aber der Begriff machte keinen großen Unterschied. Hinter einem weißen Tresen lächelte ihnen eine junge Frau zu, mit dem geübten, vertrauenerweckenden Ausdruck von Psychiatern, der irgendwie sehr unheimlich war.
Die 13 Gäste der Hell-Hopping-Tour versammelten sich müde und niedergeschlagen im Falle von Amy, Milo, Eve und Liam, misstrauisch und beunruhigt im Falle von den anderen, vor dem Tresen. Es war Samira, die vortrat.
"Hell-Hopping-Tour."
"Amhh", machte die Frau verständnisvoll: "Dann wartet doch ein Momentchen."
Die Gäste sahen sich um und entdeckten eine Reihe weißer Plastikstühle an der Wand. Das Wartezimmer war sehr offen und durch die Türen zog es. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis eine Kolonne Ärzte auftauchte und sie bat, ihnen zu folgen.
Amy trottete müde hinter den in weiße Kittel gekleideten Menschen her. Sie war erschöpft von der missglückten Flucht. Wenigstens war dieses Mal Niemand verletzt worden! Sie fühlte sich so eingesperrt, dass es ihr das Atmen schwer machte.
Sie würden durch lange, mintgrün und weiß gestrichene Gänge geführt. Die Türen bestanden aus Metall, häufig mit Glasscheiben darin, manchmal auch nur mit kleinen Gittern, die sie zuschieben ließen. Letzteres waren die Türen zu Patientenzimmern, aus denen merkwürdige Geräusche kamen: Singen, Gelächter, Wutschreie, all die Sachen, die man von einer Irrenanstalt eben erwarten würde. In manchen Gängen war es auch still. Amy hoffte, dass die Patienten aus waren, aber es kam ihr sehr wahrscheinlich vor, dass sie hinter der Tür saß und warteten und lauerten ... sie schauderte.
Nachdem sie zwei kleine Höfe überschritten und ein Gebäude durchquert hatten, führte ihre Begleitung sie schließlich in einen Flügel mit 20 Metalltüren, die abgingen.
"Das ist euer Bereich - hmmm - ihr werdet hier schlafen und - hmmm - zum Mittagessen in den Gemeinschafts- hmmm -saal geholt werden. Hmmm." Der junge Mann hatte die Angewohnheit, regelmäßig eine Sprechpause einzulegen, in der er ein summendes, nachdenkliches Geräusch machte. Er ging Amy auf die Nerven.
"Abendessen gibt es um - hmmm - 18 Uhr. Frühstück um 19 - hmmm - Uhr. Ihr braucht euch keine Sorgen zu - hmmm - machen, ihr seid hier sicher. Hmmm."
Die Ärzte - oder die Menschen, die wie Ärzte aussahen, ohne eine Bescheinigung würde Amy nichts mehr glauben - zogen ab. Sehr schnell standen die 13 Gäste allein auf dem Gang. Samstag begann, alle Türen zu öffnen und in die Zimmer zu spähen. Soweit Amy erkennen konnte, waren diese immer gleich aufgebaut: Ein Bett mit grauer Bettwäsche, ein Spind ähnlich denen, die sie aus der Schule kannte, für Kleidung, und ein Waschbecken, das einfach so aus der Wand ragte. Außerdem, bemerkte sie, ließen sich die Türen nur von außen absperren.
"Eine echte Irrenanstalt", sagte Luca mächtig beeindruckt: "Das ist schon irgendwie cool."
"Ja, aber Irrenanstalten in Horrorgeschichten sind niemals gut", sagte Tee-jo vielsagend und sah sich um, als erwarte sie, im nächsten Moment von einem Irren angefallen zu werden.
Amy seufzte lautlos. Was sie hier wohl erwarten würde? Irgendwie wollte sie es nicht erfahren. Das unbändige Verlangen, ihre Eltern anzurufen, wuchs in ihr. Sie sehnte sich danach, mit Jemandem zu sprechen, der nicht Teil dieser verrückten Geschichte war. Sie wollte von Jemandem von Außen hören, dass es wirklich seltsam war, dass sie sich das alles nicht nur einbildete. Sie wollte Trost und das Versprechen, dass es bald vorbei sei.
Aber sie besaß kein Handy mehr. Es könnte genauso gut sein, dass es keine Außenwelt mehr gab und nur diesen ewigen, endlosen Alptraum von Hotels und Motels und Irrenanstalten.
"Es wird schwierig, hier auszubrechen", sagte sie in gedämpften Ton zu Eve und Milo.
Zu ihrer Überraschung sah die Kleinere auf: "Ich möchte nicht mehr aufhören."
"Was?", fragte Amy überrascht und irritiert.
"Ich will dabei bleiben", sagte Eve: "Ich will sehen, wie es aufhört. Ich glaube, sonst werde ich nie realisieren können, dass ich wirklich entkommen bin."
Amy starrte ihre Freundin nur wortlos an. Sogar Milo war sprachlos. Eve riss sich von ihm los und stolzierte auf einen der Räume zu.
"Ich nehme das hier!", verkündete sie und verschwand in dem Zimmer.