Gebrochen:
Plötzlich machte ihr das Blut nichts mehr aus.
Eve fühlte die vertraute Übelkeit nicht mehr. Nur noch tiefe Hoffnungslosigkeit.
Milo und Tee-jo lagen vor ihr, die Körper zerfetzt von einer Kraft, die kein Mensch besaß. Eve spürte die heißen Tränen auf ihren Wangen, aber sie fühlte nichts. Samstag kniete bei den Toten und versuchte offenbar, etwas zu retten. Doch Milo und Tee-jo hatten so viel Blut verloren, dass sie nicht mehr leben konnten.
"Es muss verdammt schnell sein", knurrte Mira grimmig und leuchtete in den Wald.
Eve nickte. Sie hatte Milos Schrei gehört und war sofort los gerannt. Nachdem sein Schrei abgebrochen war, waren nur wenige Herzschläge vergangen, bevor sie ihn erreicht hatte.
Und doch war kein Mörder zu sehen.
Kalte Flocken trafen ihre Haut. Die anderen sahen auf, als plötzlich das leise Knistern erklang, laut in der Stille des Waldes.
"Es schneit", sagte Eve leise.
"Es schneit in der Hölle", murmelte Mira.
Fast lautlos kam Luca aus dem Wald zu ihnen. Er deutete hinter sich: "Da - da stehen drei Autos, die auf uns warten."
Niemand reagierte. Der Schnee fiel auf Milo und Tee-jo.
"Sie sagen, wenn wir nicht gleich kommen, töten sie uns alle", sagte Luca leise.
Nicht einmal das konnte sie noch schocken. Eve griff ein letztes Mal nach Milos Hand.
"Es tut mir so leid!", flüsterte sie.
Aber sie fühlte kein Mitleid, keine Schuld, keine Trauer.
Und die kleine Gruppe brach auf, langsam, ohne Eile, denn sogar der Tod war für sie kein Fremder mehr.
Drei schwarze Wagen warteten auf die sieben müden Gestalten, die sich aus dem Wald kämpften.
Amy bemerkte als Erste, was nicht stimmte.
„Wir sind nur sieben!“, sagte sie laut und sah sich um: „Wir müssten noch acht sein!“
Eve reagierte nicht. Dann war eben noch jemand gestorben. Spielte das noch eine Rolle? Sie fühlte sich allein.
Wieso war sie nicht bei Milo geblieben?
„Lily fehlt“, sagte Samstag tonlos.
Eve sah auf. Lily war doch bei ihr gewesen, als sie Milos Schrei gehört hatte.
„Ich – ich dachte, sie wäre mir gefolgt“, erklärte sie.
Sie sah Samstag nicht in die Augen.
Langsam fragte sie sich, ob sie den Tod anzog, wie ein Magnet.
Die sieben ließen sich auf die drei Autos verteilen. Ein Platz blieb frei, als hätte selbst die Show nicht mit drei Toten gerechnet. Niemand sprach ein Wort, als die schwarzen Wagen anfuhren, in so langsamem Tempo, als ginge es zu einer Beerdigung.
Ihrer Beerdigung.