"Mit den Reichen lassen wir uns nicht ein!", schimpft meine Mutter Dinai. Mit energischen Bewegungen räumt sie das schmutzige Geschirr in die Waschschüssel.
"Warum denn? Wir nehmen keine Geschenke an, wir essen nichts, was sie berührt haben - Dürfen wir nicht einmal mit ihnen reden?", frage ich.
Meine Mutter dreht sich herum und funkelt mich aus ihren kleinen Augen an: "Wir sind Pyrons, Phosphor! Die Pyrons lassen sich nicht mit Reichen ein. Das bringt nur Probleme!"
Mit kurzen, harten Bewegungen schrubbt sie die Schüsseln sauber. Das Wasser schwappt über ihre Arme. ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Kraft in der kleinen Frau steckt.
"Ich wollte mir doch nur die Händler ansehen.", maule ich. Niedergeschlagen hocke ich auf dem dreibeinigen Schemel in der hintersten Ecke des Raumes.
"So fängt alles an - und eh du dich versiehst, bist du ein Sklave in irgendwelchen Bergwerken! Oder Torfstecher irgendwo weit draußen im Moor. Die Reichen sind gefährlich, Phosphor. Du merkst kaum, wie dir geschieht. Sie haben dich schneller eingefangen als der Fuchs ein einbeiniges, blindes Huhn!"
Ich seufze und drücke mich noch tiefer in die Ecke. Die Arme verschränke ich vor der Brust. Meine Mutter wirft mir ein kariertes Tuch zu. Bevor ich noch mit den Löchern darin spielen kann, bekomme ich einen Stapel tropfender Teller in die Hand gedrückt: "Hilf mal mit."
Murrend trockne ich die Teller und stapele sie auf dem Tisch. "Gehören die Händler denn auch zu den Reichen?"
Meine Mutter nickt. "Sie beliefern LaKitan mit Lebensmitteln...Stoffen...Gefangenen!" Schlagartig kippt die Stimmung. Ich merke, dass wir uns dem heiklen Gesprächsthema über die unfreiwilligen Diener der Reichen nähern. Ein wahres Minenfeld der Konversation.
Sie pfeffert mir das Besteck in den Schoß. Ich beiße mir auf die Lippe. "Das wusste ich nicht. Verzeih mir.", piepse ich leise. Eventuell kommt ein Geräusch wie das Winseln eines Hundes aus meiner Kehle.
Dinai seufzt, dann zieht sie mich hoch und umschlingt meinen Bauch mit einer festen Umarmung. Schon als Junge war ich zwei Köpfe größer als sie.
"Es ist ja gut, Phosphor." Das Besteck fällt klappernd von meinem Schoß auf den Boden. Ich erwidere die Umarmung kurz, dann winde ich mich los und sammele das Geschirr auf.
Schweigend trockne ich weiter ab. Meine Mutter kehrt zu der Waschschüssel zurück. Sie schnieft. "Dein Vater dachte auch, er könnte die Reichen einschätzen.", murmelt sie in das grau verfärbte Wasser.
Ich schlucke und mahle mit dem Kiefer. Vater. Da ist die Tretmine. Eigentlich redet Mutter nie über ihn. Er ist kurz nach meiner Geburt gestorben.
"Die Reichen sind gefährlich. Wir reden nicht mit ihnen. Wir nehmen keine Geschenke und Gaben an, wir sehen sie nicht einmal an. Versprich mir, Phosphor, versprich mir, dass du das nie vergisst!"
"Ich verspreche es, Mutter."