Für einige Jahreswenden legten sich die kriegerischen Auseinandersetzungen und die Naïns begannen die Nadelbrücke, die einst als Handelsroute galt mit einer Bastion zu sichern. In jener Zeit bestreiften Lynkas wie Lynken gemeinsam das Land nördlich des großen Flusses und Lynke bedankte sich bei dem Menschenkönig für seine erbrachten Dienste. Sie überließ ihm Mithrodin als Zeichen der Verbundenheit beider Völker und als Geschenk für seinen kürzlich geborenem Sohn.
Nachdem ihr König verstarb und sein einziger Spross dessen schweres Erbe antrat, ritt oftmals die Tochter Lynkes an seiner Seite. In Verbundenheit, stets zu zweit, bestreiften sie die Ebenen nahe dem Fluss entlang und hielten das jenseitige Ufer unter stetiger Beobachtung.
Jenseits dessen brach eine allumfassende Lähmung aus und Flüchtende berichteten von einem fahlen Grau, welches sich ausbreite. Menschen wie Tiere erstarrten in ihrem tun. Nordnomaden, abstoßende Spinnenwesen und Trolle überfielen das Land. Sie plünderten Siedlungen und verschleppten Einwohner. Tiefschwarze und baumstumpfartige Gegenstände verbreiteten Unbehagen und schienen die Lähmung zu verstärken. Sie pumpten und pochten, wie ein Herz schlug.
Der König und die Tochter Lynkes kamen sich in vielerlei Situationen näher und begannen, der Gefahr zum Trotze Gefühle füreinander zu hegen.
Als die befremdlichen Horden die befestigten Brücken nahmen und auch diesseits des Flusses einfielen, zogen sich die Naïns zurück. Berichten zur Folge, viel ebenso die Bastion der Nadelbrücke und der Feind stand vor den Toren ihres Zuhauses.
Lynken wie Lynkas begannen sich zu formieren, suchten Schutz und eine Möglichkeit zum Rückschlag in den Tiefen der Wälder. Abermals oblag es den Menschen dafür zu sorgen, dass nahezu alle unseres Volkes die Zuflucht der Bäume erreichte. Seite an Seite stritten sie und hielten den Feind auf Abstand. Erst als die Flanke und Brücke zum Moorwald dem Ansturm nicht weiter standhielt, begann der Aufruf zur Flucht. Es war das letzte Aufbäumen der Verbündeten - in Einigkeit. In eben jener wurde der damalige König durch einen schwarz gefiederten Pfeil tödlich verletzt. Sein endgültiger Atemzug galt dem ungeborenen Kind unter dem Herzen seiner Geliebten.
Es war diese eine schicksalhafte Tageswende, als das Mithrodin wieder in die Obhut der Lynken gelang - bis zu diesem Moment.
Alanel schloss die Augen und hielt das immer noch umwickelte Etwas voran und reichte es Si'mon. Erleichtert bekam er es aus den Händen, um es seinem rechtmäßigen Besitzer zu überreichen.
Der Junge nahm beinahe andächtig das Gereichte und begann die Wickel abzustreifen.
»Si'mon ...«, es viel ihm nicht leicht passende Worte zu formen, als noch zuvor die Aufbereitung vergangenen Geschehens. Seine Stimme vibrierte. »... auf deinen Schultern lastet ein schweres Erbe und weißt vermutlich längst, was ich versuche, dir nahezubringen.«
Ihm saß ein drückender Kloß im Halse. »Die Tochter Lynkes ist meine Mutter, ich Weiss. Ich bin nicht nur Erstgeborener jener und Nachfolger des Hauses des Urbaums ...«
»Du bist auch ein Prinz. Erbe des Geschlechtes der Menschen, ja«. Endete Alanel.
»Die Weissagung«, hauchte er, zog das Mithrodin Blank und strich vorsichtig mit der flachen Linken über das mit Insignien verzierte Metall, welches sich überdies eigenartig gleichmäßig anfühlte. Tränen füllten seine Augen und suchten sich Bahn, hinab seiner Wangen. Sein Kiefer bebte und er musste kämpfen, um den sich hervorquälenden Schluchzer zu unterdrücken.