Stirina, die Dunkle, betrachtete gedankenverloren die leere Schale neben ihrem Lager. Sie vermisste die Kleine nicht. Das Kind, gewaltsam gezeugt von einem der stärksten Dämonenfürsten der Eiskönigin, das äußerlich doch so feenähnlich aussah.
Kurz dachte sie an den Fürsten, den Partner, der ihr von der Herrscherin gegen ihren Willen aufgezwungen worden war und der sie zum Glück nur selten aufsuchte. Der außer ihr noch unzählige andere Frauen hatte, mit denen er Nachwuchs für die verdammte Armee der Finsternis zeugte. Sie trat mit dem Fuß nach der Wurzelfrau, die die Sachen des Babys aufsammelte um sie, wie es ihr von Stirina befohlen war, zu verbrennen. Das tränenverschmierte Gesicht der Amme wiederte sie an. Vermisste diese das Kind etwa?
Sie selbst hatte ursprünglich geplant den unwillkommenen, und vor dem Erzeuger und der Eiskönigin verheimlichten, Nachwuchs in einem Kübel zu ertränken. Als sie dann aber gesehen hatte, dass das Kind nicht die dämonischen Züge des Vaters trug, und das, obwohl seine Macht umso stärker in ihm schlummerte, hatte sie sich umentschieden. Sie hatte sich eine stumme Wurzelfrau ergriffen, die gerade das eigene Balg abgestillt hatte und diese gezwungen, sich um das Ihre zu kümmern. Das die Wurzelin Gefühle entwickeln konnte, war ihr nicht in den Sinn gekommen. Die eigene Brut setzten Wurzelweiber nach dem Abstillen an Bäumen im Winterwald aus, wo diese eine symbiotische Beziehung mit dem Gesträuch eingingen. Niemand interessierte sich nicht dafür. Die Wurzelgeschöpfe brachten weder Nutzen noch Schaden. Allein als Küchengehilfen konnte man sie gebrauchen.
Eigentlich wäre es Stirinas Pflicht gewesen, die Schwangerschaft anzuzeigen und die Brut direkt nach der Geburt zur Aufzucht ins Eisschloß zu bringen. Ein feenähnliches Mädchen, war ausgesprochen selten. Die Eiskönigin hätte sie wohl persönlich aufgezogen, statt sie, wie üblich, in die Dämonenschmiede zu bringen.
Die Dunkle grinste böse. Es war richtig gewesen das Kleine zu verheimlichen. Durch den Stein, den sie dem Baby umgelegt hatte, sah sie, wie die Bieberfrau sich um das Mädchen kümmerte. Hervorragend! Dadurch nahm das Kind den Geruch des Bieberbaus an. Hätte eine der Feen sie als Erste gefunden, hätten diese die Reste dunkler Magie bemerken können. Ein unvermeidbares Risiko, das sie eingegangen war. Das Glück war also doch auf ihrer Seite.
Sie beobachtete die Fütterungsversuche der Bieberfrau, dann verschloß sie den sehenden Stein, der mit dem kleinen Schmuckstück ihrer Tochter verbunden war. wieder in ihrer Truhe. Sie durfte nicht zu lange schauen und nicht zu oft. Jede Magieausübung konnte lokalisiert werden.
"Habt ihr etwas gesehen!" Die mickrige Wurzelfrau wagte es tatsächlich sie anzusprechen. Mit hündisch ergebenem Blick schaute sie ihre Herrin an.
"Das Balg ist ertrunken", herrschte diese das hässliche Wesen an, bevor sie ihr einen Tritt gab. "Verschwinde in die Küche und belästige mich nicht mehr!"
Stöhnend rappelte sich die Knorrige auf und schlurfte zurück, während sie sich bemühte ihre Tränen vor ihrer Herrin zu verbergen.