Auf dem Weg in seine Gnomenhöhle hielt Mog, so hieß der Gnom, (aber das wusste fast niemand) an einer alten Eiche an und setzte das Baby ins Gras.
"Mein Kleines, leider muss ich dich erst Mutter vorstellen", er seufzte bekümmert. "Mutter hat meine Höhle mit einem Zauber belegt, das schützt mich zwar, aber verhindert gleichzeitig das andere in meine Höhle können. Du bist leider noch fremd auch wenn ich nichts sehnlicher wünsche, als dich mein Kind nennen zu dürfen. Hab keine Angst, meine Mutter ist zwar eine Gnomenhexe und mit sämtlichen Feen und Elfen hier zerstritten, aber sie wird dir nichts tun. Und wenn sie dich nicht anerkennt, dann grabe ich mir eine eigene Höhle. Jawoll. Ich bin inzwischen 180 Jahre alt und brauche keinen fremden Schutz mehr!"
Das Baby lachte ihn an und hinter ihm ertönte ein grässliches Kichern. Sofort bekam der Gnom Bauchgrimmen. Langsam drehte er sich herum. Ein Fremder hätte denken können hinter ihm läge ein zerklüfteter Stein, doch Mog wusste es besser. "Hallo Mama!"
"Ich sehe du hast mir einen Leckerbissen gebracht!" Die Alte fletschte die Zähne. Mog nahm die Kleine hoch und hielt sie fest.
"Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst!"
"Du Tölpel, denkst du im Ernst du kannst es beschützen? Vor mir?" Die Alte kam näher. "Selbst wenn ich wollte, dieses kleine Biest ist ziemlich stark. Was es wohl ist? Ganz Fee ist es nicht, Dämonenblut ist auch dabei und noch etwas anderes." Die Alte schnüffelte. "Gut getarnt, meine Kleine, aber ich bin 800 Jahre alt, mir macht keiner mehr was vor. Deine Mutter hat wohl versucht dich loszuwerden, hat Stechapfel und Mutterkörner zu sich genommen, damit du nicht geboren wirst. Riechst noch immer danach. Aber dein Blut ist stark! Warum hat sie dich nicht gleich nach der Geburt getötet, wie man das so macht mit unwillkommenem Nachwuchs?"
"Das ist grausam", echauffierte sich der Gnom. "Wie kannst du so etwas nur vor ihr sagen?"
"Weil es wahr ist mein Sohn", erwiederte die Alte. "Und derjenige, der es aussetzte, ist sogar noch mit ihm verbunden, sieh es trägt einen Sehstein!"
Die Alte wedelte mit der knochigen Hand vor dem Baby und jetzt sah der Gnom den blauen Stein, der um den Hals der Kleinen hing und der ihm vorher gar nicht aufgefallen war.
"Wollen mal sehen, was der Stein schon gesendet hat", überlegte die Alte und zückte ihren Weidenstab. Die Luft vor ihnen flimmerte und Mog und seine Mutter konnten alles sehen, was Stirina gesehen hatte.
"Dein Glück, dass die, die das Kind geschickt hat, jetzt gerade nicht zuschaut. " Vorsichtig nahm die alte Gnomin die Kette ab und verstaute sie in ihrem Beutel.
"Das Kind ist voller Magie", warnte sie ihren Sohn. "Du weisst, dass ich die Feen nicht schätze, doch das vernünftigste wäre, sie an Belle oder eine der anderen Feen zu übergeben!"
"Niemals", keuchte dieser und umklammerte die Kleine, die die Gnomin interessiert musterte. "Selbst wenn sie eine gefährliche Dunkle ist, ich gebe sie nicht mehr her!"
"Magie ist Magie", belehrte ihn die Alte. "Auch wenn das Kind alle Anzeichen von Dunkelheit in sich trägt, so ist es doch ein unbeschriebenes Blatt. Vielleicht ziehst du eine Teufelin groß, doch das ist dein Problem. Sie scheint bisher mit Wurzelweibmilch versorgt worden zu sein, der leicht grüne Schimmer der Haut verrät es. Ich besorge dir eine Amme. Wurzelweiber gibts hier jede Menge, die mir einen Gefallen schulden." Die Alte sprach einen Zauber aus, der bewirkte, dass der Gnom das Kind mit in seine Höhle nehmen konnte. Dazu verdeckte der Zauber gänzlich die Magie der Kleinen, für jeden, der sie ansah.
Mog war seiner Mutter dankbar obwohl er wusste, dass sie das alles nur tat, weil sie sich langweilte, nach all den Jahrhunderten Einsamkeit hier im Gnomenwald, und sehen wollte, was aus der Kleinen wurde. Wie versprochen, erschien auch kurz darauf ein Wurzelweib, das Mog das Baby abnahm und gleich anfing, es zu stillen.
Als Mog seiner Mutter danken wollte, war diese verschwunden, doch er wusste, dass sie ihn weiterhin beobachtete.