„Wohin?“
Gregor Thielmann sah auf und scannte den Umzugskarton mit müdem, geübtem Blick. Lisa stellte die Last auf die Kante der Küchentheke, konnte den Karton aber nicht abstellen, da unordentliche Stapel weiterer Kartons diesen Platz einnahmen.
‚Werkzeuge‘ las Gregor auf dem Karton.
„Zweites Arbeitszimmer“, wies er seine Frau an, die den Karton mit leisem Ächzen in die entsprechende Richtung schleppte.
In diesem Moment ertönte ein Geräusch, dass rasch anschwoll wie eine Fliegersirene.
„Mama!“, rief Jan erschrocken aus dem Wohnzimmer.
Gregor und Lisa kamen fast gleichzeitig bei ihrem Nachwuchs an. Jan, sieben Jahre, stand überfordert neben seiner Schwester Amelie, die wie am Spieß brüllte.
„Ich hab ihr den Lutscher gegeben, aber sie will ihn nicht“, berichtete der Junge. Lisa nahm die Zweijährige aus der Sitzschale.
„Oh, du bist müde, meine Kleine“, säuselte sie und entschwand in Richtung Schlafzimmer. „Du musstest heute auch sehr lange sitzen.“
„Brauchst du Hilfe?“, rief Gregor ihr nach.
„Nein!“, antwortete Lisa. Das Schlafzimmer war halbwegs eingerichtet: Es gab zwei Matratzen, das Kinderbett von Amelie und auch einen provisorischen Tisch aus Umzugskartons mit dem Wecker der Eltern darauf. Jans Bett war sogar am Stück transportiert worden und bereits aufgebaut.
Gregor legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter. „Na komm, wir holen die letzten Kartons.“
Jan nickte.
Außerhalb ihres friedlichen neuen Heims war es dunkel, und die Grillen zirpten. Das Umzugsunternehmen, das sie nur für die sperrigen Möbel bestellt hatten, war mit dieser Arbeit schon nach einer Stunde fertig gewesen, während die Familie sich mit den Kartons den ganzen Tag abmühte. Wie ein schwarzes Monstrum stand der Laster in der Auffahrt, den ihnen ein Schulfreund von Lisa geliehen hatte. Das einzige Licht stammte aus dem Haus und von den Straßenlaternen, die den Weg bergab beleuchteten. Die nächsten Nachbarn wohnten weit entfernt, doch immerhin war Jans Schule recht gut erreichbar. Ansonsten war dies wirklich ein Traumhaus. Ihre alte Wohnung war ihnen nach Amelies Geburt schnell zu klein geworden, doch nun gab es Platz für zwei Kinderzimmer, für Gregors Basteleien und Lisas Sportraum.
Gregor sprang in den Laster und suchte die letzten Kartons zusammen. Den leichtesten der drei reichte er Jan.
Für einen Moment blieb er vor dem Laster stehen und atmete die kühle Luft ein. Sie roch so viel gesünder als in der Stadt!
Gregor packte den vorletzten Karton und trug ihn nach drinnen. Er freute sich auf sein Bett.