Der Plan:
Karo war froh, als die Sonne wieder am Himmel erschien, so plötzlich, als hätte jemand das Licht angeschaltet. Ohne sich groß um Asmodai zu kümmern – was später sicherlich eine Strafe zur Folge haben würde – eilte sie zu Amy, Luca und Tobias.
„Amy!“, rief sie schon aus ein paar Metern Entfernung.
„Kassandra“, sagte Amy. „Wir tragen jetzt andere Namen, schon vergessen?“
„Oh. Kassandra also?“, Karo war überrascht. „Wieso?“
„Weil wir jetzt Wächter sind“, erklärte Luca stolz. „Es wäre sehr nett von dir, wenn du unsere richtigen Namen nicht mehr benutzen könntest.“
„Okay“, sagte Karo und ließ sich die neuen Namen noch einmal sagen.
„Mortimer, Kassie und Blaze“, wiederholte sie dann. „Das klingt … ungewohnt.“
„Irgendwann gewöhnt man sich daran“, grinste Mortimer.
„Der Name passt irgendwie zu dir“, überlegte Karo. „Klingt aber ein wenig nach Oldtimer ...“
Mortimers Grinsen verblasste.
Auf der anderen Straßenseite machten sich Asmodai, Ifrit und Max gerade bereit zum Aufbruch.
„Weswegen ich mit euch reden wollte“, erinnerte sich Karo und dämpfte ihre Stimme. „Warst du heute Nacht bei uns, Kassandra?“
Die nickte und sah Karo nervös an. „Hast du mich gesehen?“
Karo schüttelte den Kopf. „Nein. Aber Ifrit meinte, dass sie deinen Angstschweiß erkannt hätte oder so.“
Kassandra griff in ihre Tasche und zog zwei Pistolen hervor. Karo erkannte sie wieder, denn es waren die Waffen, die Ifrit den dreien am Vortag abgenommen hatte.
„Ist sie sehr sauer?“, fragte Blaze.
Karo schüttelte den Kopf. „Sie hat eher gelacht.“
„Oh“, sagte Mortimer.
Karo beobachtete, wie die drei Blicke tauschten. Sie bekam das Gefühl, dass die drei Wächter ein stummes Gespräch führten, dass über ihren Kopf hinweg Informationen ausgetauscht wurden, auf die sie keinen Zugriff hatte.
Aber Kassandra sprach die Gedanken wenig später aus, damit auch Karo sie erfuhr.
„Ifrit hält uns nicht für eine Bedrohung.“
„Wir sind ja auch keine Bedrohung“, murmelte Mortimer düster.
Kassie ballte die Hände zu Fäusten. „Dann müssen wir ihr das Gegenteil beweisen!“
Die beiden Jungen schwiegen.
„Andere Idee“, schlug Blaze nach einem Moment vor. „Wenn Ifrit uns doch noch für eine Bedrohung hält, wird sie uns vielleicht direkt angreifen. Lasst uns unsere Fähigkeiten besser verheimlichen. So … so gut das geht. Ich habe bisher wohl zu viel mit diesem Rollstuhl angegeben.“
„Das Teil ist voll cool!“, warf Karo ein und lächelte.
„Ich bin für den Plan“, sagte Mortimer.
„Du hast recht, Blaze. Wir sollten uns zurück halten“, Kassandra warf einen Blick zu Asmodai, Ifrit und Max. Die drei warteten jetzt mit verschränkten Armen auf sie.
„Tut so, als hätten wir das Gegenteil beschlossen“, flüsterte Kassie.
„Auf sie mit Gebrüll!“, sagte Mortimer laut und streckte seine Hand aus, damit alle drei ihre Hände darüber legen können.
„Karo!“, sagte Kassie und sah sie auffordernd an.
Karo war überrascht, dass sie ihre Hand auf den Knoten legen durfte.
Verschwörerisch beugte Kassandra sich vor. „Tun wir so schwach, wie wir nur tun können!“
„Auf sie mit Gebrüll!“, rief Tobias zustimmend und sie stießen siegessicher die Fäuste in die Luft. Karo musste lachen. Wieder bei ihren Freunden zu sein, ließ sie vieles vergessen, und das Wissen um die Ausbildung der drei gab ihr neuen Mut.
Diesmal hatten sie vielleicht eine Chance. Vielleicht gab es Hoffnung, Karos Seele zu retten.
„Kommt ihr?“, rief Asmodai gedehnt zu ihnen herüber. „Das Tor ist direkt hinter dem Horizont.“
„Kommen!“, flötete Mortimer und die vier liefen zu den Dämonen und Max herüber.