Reue:
Er klopfte. Nach einer Weile hörte er, wie eine Frauenstimme „Herein?“ rief.
Max drückte die Klinke und betrat das kleine Zimmer, das Karo zugeteilt war. Der Raum war winzig, besaß nur ein schmales Bett, einen Metallschrank, der an die Spinde einer Schule erinnerte, und ein kleines, vergittertes Fenster. Karo saß auf dem Bett und sah ihn erstaunt an, als er eintrat.
„Was willst du denn hier?“, fragte sie unfreundlich.
„Ich … ich muss mit dir reden“, sagte er langsam und strich sich die Haare aus der Stirn. „Darf ich mich setzen?“
Sie wirkte misstrauisch, rückte aber auf dem Bett zur Seite, damit er sich setzen konnte. Kühl musterte sie ihn. „Was gibt es?“
Er knetete die Hände in seinem Schoß. „Wir haben den … die Mörder gefunden“, erklärte er langsam. „Du weißt schon, die, die die Hotels angezündet und Norman getötet haben.“
Karo nickte bloß.
„Es … es waren vier, und zwei von ihnen waren Amy und Luca“, erklärte er.
Karo reagierte nicht so geschockt, wie er erwartet hätte.
„Ich weiß“, sagte sie stattdessen, „Jason hat es mir erzählt.“
„Woher weiß denn Jason -“, begann Max erstaunt.
„Er hat euch beobachtet“, sagte Karo ruhig. „Dich und Samira.“
Ihr Tonfall war bitter geworden. Er seufzte.
„Ich hatte doch keine Wahl, Karo, das musst du verstehen!“
„Ja, klar“, sagte sie kalt.
„Ich versuche, zu überleben“, entgegnete Max hitzig, aber seine Wut hielt nicht lange vor. Seine Schultern sackten nach unten. „Ich weiß nicht mehr, was richtig und was falsch ist. Das alles hier ist falsch! Aber ich muss das Richtige tun, um meinen Bruder zu retten, und das heißt hier offenbar, dass man das Falsche tun muss!“
Er spürte, dass Tränen in ihm aufsteigen wollten, aber er kämpfte sie zurück. Seine Finger verschwammen vor seinem Blick. „Ich will wieder zurück, dass alles so ist, wie es war. Dass wir mit zwei Mördern in einer WG leben und meine Mutter mich tyrannisieren kann, alles egal. Hauptsache, Jimmy geht es gut!“
Karo legte ihm zögerlich eine Hand auf die Schulter. „Ich mache mir auch Sorgen. Sie haben meine Eltern und meine Oma! Die Armen sitzen in irgendeinem feuchten Kellerloch, und wer weiß, was mit ihnen passiert! Aber das ist noch lange kein Grund, alle Menschlichkeit zu verlieren. Du musst dich ja nicht wehren, aber du musst auch nicht gleich mit Begeisterung alles tun.“
„Doch“, sagte Max unglücklich. „Verstehst du denn nicht? Wenn wir nicht bis zum letzten Hotel kommen, dann sterben wir! Und unsere Familien wohl auch!“
Er wischte sich wütend über die verräterisch nassen Augen. „Ich weiß nicht, was ich tun soll, Karo. Alle möglichen Fremden für Jimmy leiden zu lassen? Oder ihn für eine Handvoll Fremder opfern?“
Karo schwieg. Selbst sie konnte Max nicht helfen. Er ließ es zu, dass sie sich an ihn drückte, um Trost zu spenden oder ihn zu suchen.
„Ich habe Angst“, gestand sie.
„Ich auch“, sagte Max leise.