Misa springt vom Dach, wo sie sich versteckt gehalten haben muss, direkt auf Jecris Schultern. Ziegel und glühende Kohlen fallen mit ihr. Einer der Trümmer begräbt mein Bein unter sich.
Ihre Füße treffen den Magier im Rücken und schleudern ihn auf den Boden. Mit ihrem ganzen Gewicht und dem Schwung durch den Sprung reißt Misa ihn mit sich.
Jecri gibt einen Schmerzenslaut von sich. Er versucht, aufzustehen. Misa ist ein Stück weiter gerollt, doch sie streckt die Füße aus, erwischt Jecris Beine und bringt den Magier wieder zu Fall. Sein erschrockenes Gesicht landet ein paar Zentimeter vor meinem. Ich blinzele ihm zu.
Jecri fährt herum und schleudert einen Blitz auf Misa. Sie weicht seinem unkoordinierten Angriff mit einer geschickten Rolle aus. Trotzdem rappelt sich Jecri jetzt auf Hände und Knie hoch. Er streckt die Hand erneut aus, zielt direkt auf Misa, die taumelnd auf die Füße kommt.
Ein Blitz schießt vorbei, jedoch keiner von Jecris Angriffen. Dieser Blitz ist gold und silbern und stürzt sich mit ausgefahrenen Krallen auf Jecris Augen. Er packt Ziaz am Rückenfell und schleudert die Katze weg. Stark blutende Kratzer umziehen seine Augen. Doch bevor der Magier mehr tun kann, wird er erneut umgeworfen und Misa hockt sich auf seinen Rücken.
Misa lächelt grimmig und zückt ein Messer, um es Jecri an den Hals zu halten. Der Magier wirft sich herum und schleudert Misa von seinem Rücken. Statt jedoch Magie einzusetzen, stürzt er sich diesmal sofort auf sie. Misa und Kian Jecri rollen sich durch die brennenden Trümmer der Kapelle. Zwischen Asche und Kohlen. Ich verwandele mich und versuche, als Hund mein Bein frei zu kriegen. Die ganze Zeit belle ich Jecri an. Ohne seine Magie ist Jecri immer noch stärker und größer als Misa. Sie kämpft allerdings mit einem Messer und obwohl er es festhält, ritzt sie mehrfach seine Brust mit kleinen Kratzern auf. Jecri schlägt ihr dreimal hintereinander kräftig gegen den Kopf. Dann hat Misa ihn in meine Reichweite gerollt und ich verbeiße mich in seine Schulter. Jecri schreit auf, lockert seinen Griff - und Misas Messer, plötzlich ohne Widerstand, fährt in seine schmale Brust.
Das fleischige Schmatzen scheint selbst das Feuer noch zu übertönen. Jecris Gesicht entspannt sich, dann kippt er langsam zur Seite, als ich meine Kiefer löse. Misa erstarrt und sieht auf den toten Magier, der seinen letzten, blutigen Atemzug vor unseren Augen tut.
Erst, als Velaa und Kento aus der Kapelle humpelt, löst sich Misas Starre. Sie läuft zu mir und hievt knurrend den Balken hoch, unter dem ich halb begraben bin. Ich schlüpfe in die Freiheit und lecke erst mein schmerzendes Bein und dann Misas Hand. Ihre Finger sind kalt und zittern. Velaa hustet und starrt auf Jecri: „Ist er tot?“
„Ja.“, sagt Misa tonlos. „Ich habe ... ich habe ihn umgebracht!“
„Super!“, ruft Kento und klatscht in die Hände, worauf sich alle erschrecken: „Dann sind wir ihn endlich los!“
Misa sieht nicht halb so begeistert aus. Velaa geht zu ihr und nimmt sie für einen Moment fest in den Arm: „Du hast das Richtige getan, Schatz.“
Bestätigend wedele ich mit dem Schwanz. Ich war Zeuge. Misa hatte keine Wahl, sie hat Jecri ja nicht absichtlich getötet. Es war ein Unfall. Und zwar ein richtiger Unfall, nicht das, was Kian Jecri darunter verstanden hätte.
„Wir haben gesiegt!“, ruft Kento und macht einen Luftsprung. Misa beißt sich auf die Unterlippe. Ihre Mutter hat sie immer noch umschlungen und reibt ihr den Oberarm.
Ich setze mich und lecke weiter Misas Hand. Unbewusst streichelt sie meinen Kopf.
„Es ist vorbei.“, haucht sie tonlos.