Die beste Aussicht:
„Reichst du mir bitte den Kaviar?“, fragte Ifrit.
Max beeilte sich, die Schüssel mit roten Fischeiern herüber zu reichen. Ifrit bedankte sich nicht.
Sie saßen in einem hübschen, modernen Restaurant am Meer. Der riesige Raum war menschenleer, obwohl unzählige dunkle Tische mit roten Tischtüchern auf Gäste warteten.
Die Wände bestanden aus dunklem Stahl, rote Lampenstreifen zogen sich hindurch, das Design erinnerte auf eine abstrakte Weise an ein Spinnennetz.
Raumtrenner aus milchigem, dunklem Glas trennten die Tische voneinander ab und milderten das Gefühl, dass die niedrige Decke auf den Raum herabfallen würde, da es keine sichtbaren Säulen oder Trägerelemente gab.
Asmodai, Ifrit und Max saßen in drei extravaganten Stühlen – rote Polster, verschnörkelte Dunkelstahllehne und Beine, die in vergoldeten Löwenpranken endeten – vor der großen, schrägen Fensterfront, die über die Klippen hinaus ragte. Unten schäumte das schwarze Meer gegen die rauen Felsen, am Horizont zogen dunkle Wolken über einen Himmel in der Farbe von Purpur.
Asmodai hatte sich in seinem Sitz zurück gelehnt und ließ den roten Wein im Glas kreisen. Er beobachtete Max aus spöttischen, gelben Augen.
Max bemühte sich, jeden von Ifrits Wünschen zu erfüllen, reichte ihr die Speisen, Getränke und entzündete die roten Kerzen auf dem Tisch oder ihre Zigarette, wann immer es nötig wurde. Obwohl ihn die dämonischen Geschwister wie einen Freund behandelten, fühlte er sich mehr wie ein Diener. Er wusste genau, wie viel Macht Ifrit und Asmodai besaßen. Es verunsicherte ihn, obwohl er selbst Macht besaß.
Ifrit war damit fertig, sich Kaviar zu nehmen und Max stellte die Schüssel zurück. Mit einer kleinen Gabel pickte Ifrit die Fischeier auf.
„Nicht schlecht“, sie kaute nachdenklich.
Asmodai hob eine Augenbraue und nahm einen Schluck Wein: „Wie, nicht dein Geschmack?“
„Nein“, Ifrit verzog die Miene. „Erinnerst du dich an den in Alaska? Der war gut!“
Asmodai verdrehte die Augen, dann wandte er sich plötzlich Max zu. „Also, Junge, du willst auf unsere Seite überlaufen?“
„Ich … habe ich das nicht längst?“, fragte Max verdattert.
Asmodai lachte. „Wollte dich nur testen, Kleiner.“
Max lachte nicht. Er schluckte.
„Weißt du, es passiert selten, dass die Kandidaten mit dem meisten Talent auch auf unser Angebot eingehen“, Asmodai beugte sich vor und sah Max an. Der Atem des Mannes roch nach Alkohol und etwas metallischem. Asmodai grinste und offenbare helle, spitze Zähne. „Es braucht Intelligenz und Willensstärke auf unserer Seite der Medaille.“
Ifrit stieß Asmodai zurück in dessen Stuhl. „Du bist betrunken.“
„Natürlich“, knurrte Asmodai. „Du hast mir mein Spielzeug genommen!“
Ifrit winkte ab. „Wenn Karo überlebt, darfst du sie behalten, bitteschön!“
„Pah, was für ein edelmütiges Angebot“, höhnte Asmodai. „Wo du genau weißt, dass sie sterben werden.“
„Gut, dann eben im nächsten Hotel. Wenn sie den Park überleben“, sagte Ifrit gedehnt, dann wandte sie sich Max zu: „Wenn er irgendwelche Dinge versucht, ruf mich. Sofort. Also … das heißt, wenn du das nicht willst. Ich werde dir keine Abstinenz vorschreiben.“
„Abstinenz?“, fragte Max und warf einen panischen Blick zu Asmodai, der sich lasziv über die Lippen leckte.
„Ja, wir vertreten eine recht offene Politik. Ohne Regeln“, erklärte Ifrit leichthin. „Hast du eigentlich gar keinen Hunger?“
Max sah auf seinen Teller. Er hatte sich bisher nichts von den Speisen genommen. In erster Linie, weil Fischeier noch zu den vegansten Gerichten gehörten. Es gab auch menschliche Finger und die Augen diverser Tierarten.
„Ich weiß nicht …“, murmelte er und pickte mit der Gabel in einen Streifen Fleisch, der von einem Krokodil stammte. Zögerlich probierte er einen Bissen. Das Fleisch war zäh und ledrig, schmeckte jedenfalls nicht wie gewöhnliches Fleisch. Er schluckte. „Muss man sich dran gewöhnen.“
Die beiden Halbgeschwister hatten ihn beobachtet. Ihre Mienen waren nahezu unergründlich.
„Wir werden deine Fähigkeiten trainieren müssen“, sagte Ifrit schließlich. „Was das Essen angeht: Du wirst dich daran gewöhnen. Du bist kein Mensch mehr, Max. Mit der Zeit werden sich deine Geschmacksnerven verändern.“
Max zog die Mundwinkel leicht nach unten und nahm einen weiteren Bissen Krokodil. „Ist das nicht viel zu teuer?“
Beide schüttelten die Köpfe. „Für uns kostet es nichts. Einer der Vorteile vom Böse-sein“, erklärte Asmodai. Er lehnte sich wieder zurück. „Nun, Max. Als Eingeweihter in unsere Änderungen des Parks – was würdest du wetten?“
„Wetten? Um was?“, fragte Max.
„Darum, wer überlebt, wer nicht“, meine Ifrit grinsend. „Wir fangen mit kleinen Einsätzen an.“
„Es ist Max' erste Runde – wetten wir um die Ehre“, sagte Asmodai, dann erklärte er für Max: „Es gibt keine Einsätze außer der Freude über den Gewinn. Du darfst als erstes ansagen: Wer, glaubst du, überlebt?“
„Ich denke …“, meinte Max langsam. „dass sie den Park alle überleben könnten. Die Wächter haben sie ausgebildet, Amy, Luca und Tobias sind … stärker. Bei Karo bin ich mir nicht sicher.“
Asmodai warf einen wütenden Blick zu Ifrit. „Sie überlebt!“
„Nein“, hielt Ifrit dagegen.
Max zuckte mit den Schultern. „Sie werden verletzt, aber sie überleben.“
„Pah“, machte Ifrit. „Karo stirbt. Und wenigstens dieser Pimpf im Rollstuhl auch!“
„Wette gilt“, sagte Asmodai und streckte die Hand aus.
„Auf keinen Fall! Max, berühr seine Hand nicht!“, rief Ifrit schnell. „Wir wetten nur um die Ehre, hatten wir gesagt.“
Enttäuscht zog Asmodai die Hand zurück.