Mächtig erschien der Kronprinz in diesen Tagen. Golden glänzte sein Gewand, während er auf seinem Pferd über die Leichen vergangener Schlachtfelder zu seiner Krönung ritt. Ach, wie herrlich ist doch dieser Moment! Womit haben wir die Ehre verdient, einen solch geschichtsträchtigen Augenblick zu erleben? Ein Hoffnungsblick inmitten einer Welt, in der jegliche Ordnung vergangen ist.
Mögen bessere Zeiten anbrechen unter der Herrschaft unseres jungen Königs!
Bericht des Chronisten Herendas über die Krönung von Jeakan, dem Zwei-Finger-Nehmer, im Jahre 2377 nach Jahren des Bürgerkrieges
Der Zorn leuchtete in Derudirs Augen. Was immer man auch über die Zwillingsreichler sagen mochte, fehlenden Patriotismus konnte man ihnen nicht vorwerfen.
Doch angesichts der Tatsache, dass dieses Land in den letzten Jahrhunderten ständig von seinen Nachbarn überfallen worden war, so dass sich nur schwer eine einheitliche Nation hatte bilden können, war dies nur verständlich.
So war Kronprinz Jasreel schon beim Eintreten in das Zelt bewusst, dass es ein recht einseitiges Gespräch werden würde. Der Prinz war bei dem gescheiterten Angriff auf die linke Flanke gefangen genommen worden, bei welchem sein Vater, König Förelier, gefallen und er selbst verwundet worden war. Nun testete nun die Gastfreundschaft Arthergs. Doch schien er nicht zur Kooperation bereit, denn spie er auf den Boden, kaum, dass er den feindlichen Befehlshaber erblickte.
Jasreel setzte sich auf einen Stuhl, der mit feinen Schnitzereien verziert war, während Derudir es trotz seiner Verwundung vorzog, stehen zu bleiben. Er war nicht schlecht behandelt worden, sondern mit bestem Wein und Speisen bewirtet worden. Der Prinz hatte es abgelehnt, seine Kleider zu wechseln und so trug er immer noch die von Blut und Dreck starrende Uniform, doch hätte Jasreel es an seiner Stelle wohl auch so gehalten.
Zwei Wachen hatten am Zelteingang Aufstellung genommen, bereit zum Schutz ihres Herrn jeder Zeit einzugreifen. Normalerweise hätte Jasreel Derudir nicht als einen kriegerischen Menschen eingeschätzt, doch wer wusste schon, wozu ein Mann mit dem Mut der Verzweifelung fähig war. Und verzweifelt war Derudir, das konnte er in seinen Augen lesen, nur glühte in ihnen immer noch das Feuer der Hoffnung.
Sein Heer mochte geschlagen sein, der Stolz seines Volkes verletzt - doch nicht besiegt.
Und eben das befürchtete Jasreel auch, er fürchtete nicht das Heer, denn das konnten die arthergischen Soldaten erneut schlagen, es war das Volk, dessen Macht ihm nicht geheuer war. Wenn dieser Krieg sich zu einem unerbittlichem Kampf der Überfälle und Hinterhalte, gelegt von einfachen Bauern, die das Schwert des Widerstandes ergriffen, ausweiten würde, hätte Artherg es deutlich schwerer. Eben dies war bei der Servina-Revolte geschehen und es hatte zwölf Jahre gedauert, bis der winzige Staat niedergerungen war. Jasreel gedachte nicht, dies zu wiederholen und somit musste er den zwillingsreichlichen Adel zur Kooperation bewegen.
„Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns unter anderen Umständen kennen gelernt hätten.“, begann er also sanft in der Mundart von Zwillingsstadt, „Schon immer wollte ich Euer Land und Euer Volk sehen.“.
„Es war nicht mein Volk, dass eine Kriegserklärung aussprach.“, zischte Derudir und seine Worte waren voller Hass.
„Ebenso wenig war dieser Krieg mein Wunsch.“, entgegnete Jasreel.
„Doch war er euer Werk.“.
„.Das einzige, was wir forderten, war unsere Prinzessin, doch eben diese habt ihr uns verwehrt.“.
„Diese Ehe war rechtmäßig geschlossen.“, protestierte Derudir mit unbewegter Miene, „Eine Auflösung dieser hätte jegliches von meinen Eltern gesprochenes Recht angefochten.“.
„Ich weiß und es tut mir leid, dass es so weit kommen musste. Ich...“
„Tut es nicht.“, unterbrach der Prinz ihn. Seine Augen waren geschlossen, doch sein ganzer Körper war gespannt wie eine Bogensehne, die sein Volk mit solch großem Geschick zu führen vermochte.
„Dein Volk ist kriegerisch und machthungrig. Es wird nicht eher ruhen, bis jegliches Nachtbarland unter seiner Kontrolle steht und dann wird es anfangen, sich selbst zu zerfleischen. Wobei...“, er öffnete die Augen und seine leise Andeutung eines Lächelns jagte ihm fast mehr Angst ein jeglicher offener Protest, „Ich mich frage, ob dieser Kampf nicht schon längst begonnen hat.“.
Derudir pulte mit unbewegter Miene Dreck unter seinen Fingernägeln hervor. Dann hob er den Kopf und lächelte erneut.
„Und bis dahin wird mein Bruder euer Heer niederringen und aus meiner Heimat vertreiben.“.
Er sprach mit einer solchen Leidenschaft, das Jasreel es sich fast selber wünschte. Was hatte sein Volk in diesem Land verloren? Doch er wusste, dass dies der Weg war, den er beschreiten musste, mochte er auch noch so bitter sein.
„Mein Prinz?“.
Jasreel sah auf, fast dankbar dieser kleinen Unterbrechung gegenüber.
„Habe ich nicht angewiesen, auf keinen Fall gestört zu werden?“, fragte er dennoch, um den Schein zu wahren.
„Doch, Majestät“, entgegnete die junge Wache, „Nur ist ein Bote aus Mearis eingetroffen, der behauptet, dass seine Botschaft von großer Bedeutung ist. Er wartet in Eurem Zelt.“.
„Nun dann.“.
Jasreel stand auf und beugte sein Haupt kurz vor Derudir.
Falls dieser überrascht von dieser Geste der Achtung und Anerkennung war, so ließ sich dadurch sein Hass nicht mindern.
„Mein Prinz, entschuldigen sie die Unannehmlichkeiten.“, meinte er.
Derudir erwiderte nichts, doch als Jasreel sich umwandte, um der Wache zu folgen, sah er aus den Augenwinkeln wie der Zwillingsreichler erneut ausspiee.
Er ging schnellen Schrittes durch das Heerlager, aufgeschlagen vor der Feste Mondfels, deren Mauern sich hoch über ihnen an den Fels des Wintergebirges krallten. Die Männer feierten nach dem Marsch ihren Sieg, Betrunkene torkelten durch die Zeltreihen und erstaunlich wenige der Trosshuren ließen sich blicken.
Zunächst hatte Jasreel gegen diese Ausschweifungen protestiert, doch Laedan, Prinz von Noriom, hatte gelassen entgegnet, dass Männer ein Anrecht darauf hatten, wenn sie zuvor ihr Leben riskiert hatten. Ausgerechnet diese Worte aus dem Mund eines Mannes zu hören, von dem es hieß, dass er so kalt wie die Gletscher seiner Heimat war, hatte ihn dann doch so erstaunt, dass er jeglichen Protest aufgegeben hatte.
Und so feierten seine Männer, während er sich selbst fragte, welche kummervolle Botschaft ihn in wenigen Augenblicken erreichen würde. Und kummervoll war sie, sonst hätte der Bote es nie gewagt, seinen künftigen König zu unterbrechen.
Mit diesem schwermütigen Gedanken trat der Kronprinz des Reiches Artherg auf sein Zelt zu, um welches seine Knappen Erdwälle aufgeworfen hatten, um ihren Herrn vor dem scharfen Wind zu schützen, der die Sonnensteppen prägte.
Einer seiner Knappen, dem Jasreel aufgrund seines übermäßigen Hasses verboten hatte, in die Nähe von Derudirs Zelt zu kommen, rannte nun auf ihn zu. Indiyas war der Name des Jungen und er war der jüngste Sohn von Herzog Fariart von Reamoig, seine Mutter dagegen war Mandisa, geboren von Tarea, was diesen Jungen zu Davrors Neffen machte. Deshalb hatte er sich vorgenommen, ein Auge auf den Burschen zu haben.
„Ein Bote, Majestät.“, berichtete dieser nun sichtlich erregt, „Er ist in Eurem Zelt. Ich bitte um Verzeihung, doch war es mir nicht möglich...“..
„Lass es gut sein.“, beruhigte Jasreel den Jungen, Du hast deine Sache gut gemacht und jetzt lauf und hole mir Laedan.“.
Indiyas verneigte sich und eilte dann davon, während sein Herr in das Zelt eintrat.
Der Bote erhob sich eilig, als er des Hereinkömmlings gewahr wurde.
„Verzeiht, Herr, wenn ich zu forsch war.“.
Mit einer Handbewegung gebot Jasreel Schweigen.
„Wenn deine Botschaft von großer Bedeutung ist, so soll es mir Recht sein. Doch warte mit dem Überbringen, bis der Prinz von Noriom zu uns stößt.“.
„Sicherlich.“.
Der Mann schien trotz seines schon fortgeschrittendem Alters nervös, als befürchtete er, dass Jasreel ihn für die Botschaft bestrafen würde, wie es so mancher Herrscher tat. Doch freilich lag dies dem Prinzen fern.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schwang der Zelteingang zurück und ein Schwall kalter Luft suchte sich seinen Weg ins Innere. Laedans Gesicht war nicht minder kalt und hart.
„So überbringt mir dann Eure Neuigkeiten.“, befahl der Prinz sogleich.
„Es sind zwei Neuigkeiten, die ich überbringe, entgegnete der Bote mit zitternder Stimme, Eine von Eurer Gemahlin und die Andere belangt Euren Vater, verehrter Prinz.“.
Jasreel vollführte eine kurze Handbewegung, von der unmöglich zu sagen war, ob sie von Ungeduld oder Erregung herrührte.
„Welche Botschaft lässt meine verehrte Gemahlin Syrela von Keriso mir überbringen?“.
„Sie lässt Euch sagen, dass sie guter Hoffnung ist und Euch im Winter einen Sohn in die Arme legen wird.“.
Jasreel war erstaunt von dem Selbstbewusstsein seiner Frau, denn schon oft war die Leibesfrucht im Mutterleib verloren gegangen. Ihr einziges Kind zählte sechs Jahre und war ein kränkliches Mädchen, geboren neun Monate nach ihrer Vermählung und seitdem hatte er sich seiner dunkelhaarigen Frau nur selten genähert, denn fürchtete er die Verachtung und den Hass, den er in ihrem Gesicht las. Dass sie ihm überhaupt wieder die Tür zu ihrem Gemach geöffnet hatte, hatte ihn verwundert, doch konnte das auch der Tatsache verschuldet sein, dass er kein Wort über das totgeborene Kind vom letzten Jahr verloren hatte, ein Mädchen mit wie Gold schimmerndem Haar.
So war sie erneut guter Hoffnung und Jasreel freute sich darüber. Ein zukünftiger König brauchte einen Sohn, am besten mehrere. Insbesondere in den letzten Wochen war ihm immer wieder vor Augen geführt worden, wie leicht Menschen doch starben. Und um seinem Land einen Erbfolgekrieg zu ersparen, brauchte das Königshaus einen Erben. Jasreel hatte nur einen älteren Halbbruder und dieser konnte nicht auf den Thron steigen, da er körperlich versehrt war und ein König nach arthergischem Recht unversehrt sein musste. Auch sein Vater Jerimot hatte keine Geschwister, denn war dessen Vater Liwasher, den man nur noch den Schlachtgezeichneten nannte, gefallen, bevor er weitere Kinder hatte zeugen können.
Frauen besaßen die Aufgabe, ihren Mann zu stützen und dazu gehörte vor allem das Gebären von starken Söhnen. Somit war diese Nachricht ein Funke Hoffnung für das arthergische Imperium.
Selbst über Laedans Gesicht glitt ein Lächeln. „Meinen aufrichtigen Glückwunsch, Kronprinz.“, empfand er.
Jasreel nickte knapp, dankbar dieses kurzen Zeichens der Anerkennung, denn war er sich sicher, dass er Laedans Unterstützung und die seines Vaters Setam, des einflussreichen Herzogs von Noriom, in Zukunft noch benötigen würde.
So fahrt fort, bat er den Boten und schloss die Augen, wie um für die kommende Botschaft gewappnet zu sein. Unwillkürlich fuhr seine Hand zu der feinen Kette aus gehämmertem Gold, welche ihn als Prinz Arthergs kennzeichnete.
Der Bote sank auf seine Knie und sein Gugel glitt zurück und offenbarte sein schütteres Haar.
„Hiermit überbringe ich, Karim aus Mearis, meines Zeichens Gesandter des Truchsess Haliesel, die Nachricht, dass Jerimot, seines Names der dritte seines Geschlechts, aus dem Haus Jiasmer, König von Artherg, Protektor von Oleon, Servina, Morliv und Tjarol, am dreizehnten Tag des vierten Monats des Jahres zweitausendvierhundertfünfundsiebzig von den Lebenden gewichen ist.
Obwohl Jasreel es befürchtet hatte, kaum, dass der Bote vor ihn getreten war, war er dennoch unvorbereitet gewesen. Er mochte seinen Vater keinesfalls als guten König bezeichnen, doch war er sein Vater und wenn er in dieser Hinsicht ebenfalls miserabel gewesen war, so hatte man dennoch nur einen Vater im Leben.
Laedan begriff schneller als der Kronprinz, denn kaum, dass er diese Nachricht vernommen hatte, sank er auf die Knie und neigte sein Haupt.
„Mein König!“
Der Bote folgte dessen Beispiel sogleich und presste seinen Kopf auf den Boden, während er versuchte, sein Zittern zu verberge.
Unwirsch winkte Jasreel sie auf.
Er nickte Laedan zu und auch wenn sein Cousin manches Mal kalt sein mochte, so war er sich sicher, dass dieser zu seinen loyalen Unterstützern zählte.
„Dein Name war Karim?“, fragte er und als der Bote nickte, bat er, „Wer hält den Befehl in der Stadt meiner Vorväter?“.
„Haliesel“, entgegnete dieser, „der Eures Vaters Truchsess war.“.
Jasreel seufzte erleichtert, denn wenn er sich auf einen in Mearis verlassen konnte, dann war es der greise Ministeriale, der schon zu Zeiten von König Jaakan, dem Zwei-Finger-Nehmer, Jasreels Urgroßvater, am Hof gelebt hatte.
Da er unfrei war, hatte er kein Land, um das er sich sorgen musste, wohl aber Kinder und Enkel, die nun in Jasreels Dienst standen. Ohne Zweifel stand er dem Königshaus loyal gegenüber.
„Ist dir bekannt, wo sich die Kurfürsten aufhalten?“, fragte er Karim.
„Keiner von ihnen hielt sich am Hof auf, als ich diesen verließ. Kurfürst Alemet ist bei Euch, Kurfürst Asriel hält sich meines Wissens in seinen Landen auf, um einen Konflikt zwischen zwei Grafen zu schlichten, Beera müsste in Asmawet sein und Davror von Tarea ist nach Servina geritten.“.
Jasreel nickte. Die Nachricht von der erneuten Revolte in Servina war ihm schon zugetragen worden und er hatte keine Zweifel daran, dass sein Freund sie niederschlagen würde. Doch jetzt wünschte er sich, dass der Herr des mächtigsten Herzogtums nicht so weit entfernt wäre.
„Was ist mit den anderen Herzögen?“.
„Keiner von ihnen weilte in Mearis, doch ist es mir nicht möglich, Euch mehr Kunde von ihnen zu überbringen.“.
Jasreel nickte.
„Ihr habt Eure Sache gut gemacht, Karim von Mearis, geht zu meinem Koch und lasst Euch beköstigen.“.
Der Bote verneigte sich und ging rückwärts hinaus, sichtbar erleichtert, dass seine Begegnung mit dem Kronprinzen so glimpflich ausgegangen war.
Für einen Moment sackte Jasreel zusammen, dann straffte er sich und blickte den Erbprinzen von Noriom an.
Dieser runzelte kurz die Stirn.
„Wenn er wenigstens einige Wochen länger gelebt hätte...“,
Dafür, dass er diese Worte zu seinem zukünftigen König sagte, war er sehr direkt, doch konnte er sich dies leisten, denn war es die Wahrheit.
Jerimots Tod traf sie zu einem denkbar schlechtem Zeitpunkt. Denn auch wenn es seit längerem nicht mehr vorgekommen war, war das Reich Artherg noch immer eine Wahlmonarchie und nichts sprach dagegen, dass die sich im Reich befindenden Kurfürsten einen Gegenkönig erheben konnten. Asriel war dies durchaus zuzutrauen, war doch überall bekannt, dass er nach mehr Macht und Einfluss strebte - wozu dann nicht gleich nach der Krone greifen. Und Beera...Jasreel bezweifelte, dass es irgendeinen Menschen in Artherg gab, der aus den Absichten des Herzogs und Kurfürsten von Alak schlau wurde. Doch auch wenn dieser selbst nicht König werden konnte, da er ebenso wie Jasreels Halbbruder körperlich versehrt war, eine Revolte, wenn ihm etwas nicht behagte, würde durchaus zu ihm passen.
Alemet und Davror hatten ebenso wie er im Moment keine Möglichkeit nach der Krone zu greifen und der Kurfürstenthron von Scheeru war nach Havinons Tod unbesetzt geblieben. Doch auch die Herzöge könnten eine Revolte starten, gab es doch so einige, die die liberalen Ansichten des Kronprinzen verabscheuten.
„Wollt Ihr den Krieg in den Zwillingsreichen zu Ende führen, königliche Hoheit? Oder nach Mearis zurückkehren?“, fragte Laedan und selbst in seiner Stimme war etwas wie Unsicherheit zu vernehmen. Wie so oft hatte Jasreel vergessen, dass der Sohn seines Oheims noch jünger als er selbst war und mochte er auch im Krieg erfahren sein, so war Politik für ihn ein fremdes und unerkundetes Schlachtfeld.
Lange verharrte Jasreel in der sitzenden Position auf seinem Stuhl, schickte Diener weg, die ihm Erfrischungen bringen wollten und streckte die Hand alleine aus, um die beiden Jagdhunde zu streicheln, die zu seinen Füßen lagen.
Schließlich, mit einer langsamen, bedächtigen Bewegung gleichend der Unendlichkeit, hob er den Kopf.
„Ich werde verbleiben und diesem Krieg ein Ende bereiten, noch ehe der Sommer hereinbricht.“.
Laedan nickte, als hätte er nichts Anderes erwartet.
Jasreel durfte dem Feldzug nicht den Rücken kehren, sonst würde es als eine Flucht gegenüber der Verantwortung gedeutet werden. Er musste als Sieger heimkommen, um auch den letzten Zweifel zu vernichten, seine Krönung musste zugleich ein Triumphzug werden.
Und in der Zeit musste er darauf vertrauen, dass sein Truchsess Haliesel jeglichen Eindringling, der sich des Thrones bemächtigen wollte, an der Seite treuer Fürsten aus Mearis vertreiben würde.
Der zukünftige König setzte sich auf und sein Antlitz erschien würdevoll und majestätisch im Licht der Kohlefeuer. Seine dunklen Locken schimmerten und die Flammen spiegelten sich in der goldenen Kette, die auf seiner Brust ruhte. Ein Lächeln glitt gleich eines sanften Sonnenstrahls über sein Gesicht.
Die Herrlichkeit und Majestät alter Menschenkönige, deren Antlitze nun in Stein gebannt waren, fand sich in ihm wieder, die gleiche Würde und zeitlose Schönheit, die schon seine Vorfahren geschmückt hatte.
Er erhob sich mit einer langsamen und doch unausweichlichen Bewegung, so dass sein Schatten die Wände füllte.
Seine Hand fuhr zum Knauf seines Schwertes, in welchen feines Blattgold eingearbeitet war.
Für einen Moment war mehr in ihm als nur das Antlitz eines Königs, sondern auch das eines Feldherren, es war derselbe ungeduldige Zorn, der auch Jaakan, den Zwei-Finger-Nehmer, und Jasreel I, den Thronerringer, erfüllt haben musste, wie auch die alten Könige aus dem Geschlecht Asiliem, deren Statuen längst verwittert waren und deren Lebensläufe Mythen gewichen waren. Doch Laedan war sich sicher, dass sein Namensvetter Laedan, der Eroberer, dasselbe empfunden haben musste, ebenso wie Kinya, die Unbezwungene und Indiyas, der junge Weise.
Selbst seine Stimme schien sich verändert haben, empfand der junge Erbprinz, sie war tiefer, voller geworden und wenn es zuvor noch Spuren eines Jugendlichen an ihm gegeben hatten, so waren diese jetzt verschollen.
„Jetzt, mein Freund, ziehen wir los, um eine Schlacht zu gewinnen.“.
Und in den nächsten Tagen würde es eine Schlacht geben, eine Schlacht in den Tiefen des Wintergebirges, vor der Festung Mondfels, um den Zwillingsreichlern auch den letzten Funken Hoffnung zu nehmen, den sie noch besaßen.