Verstrickungen:
Die Uhr in dem kleinen Zimmer tickte. Sie war das einzige Geräusch, ein monotones Klicken, das inzwischen unangenehm war. Karo hatte das Gefühl, dass die Uhr ein winziges bisschen unregelmäßig ging, als wolle man sie langsam in den Wahnsinn treiben.
Max saß neben ihr und hatte die Hände ebenfalls mit Handschellen gefesselt. Sie waren in einer kleinen Zelle. Karo fragte sie, ob es überhaupt gesetzlich legal war, jemanden ohne Verdacht festzuhalten. Allerdings waren sie wohl ziemlich verdächtig wegen der Sache mit Amy. Sie hoffte nur, dass das Ganze ihren Zukunftsplänen nicht schaden würde.
„Das ist jetzt bestimmt eine halbe Stunde!“, stöhne Max. „Wo bleiben die?“
„Vielleicht müssen sie irgendwas erledigen“, seufzte Karo. Wenn sie ehrlich war, hatte sie mit ihrem Mitbewohner noch nie so viel Zeit am Stück verbracht. Max war ziemlich nervig.
„Mein Gott, ich bin am Verhungern“, er stand auf und trommelte gegen die Metalltür. „Hey! Kann mal jemand aufmachen?“
„Nicht!“, sagte Karo. Sie wollte nicht so erscheinen, als würden sie sich der Polizei widersetzen.
Niemand reagierte auf Max' Klopfen.
Er ließ sich stöhnend auf die schmale Bank neben sie fallen. Sein Magen rumorte tatsächlich.
„Das war ja eine geniale Idee. Komm, lass uns Amy suchen! Super, Karolin!“
„Du hättest ja nicht mitkommen müssen, Maximilian!“, zischte sie. Sie wusste, dass er seinen vollen Namen nicht leiden konnte. Das war so ziemlich das Erste gewesen, was er ihr gesagt hatte: Hallo, ich bin Max, wehe, du nennst mich Maximilian!
Er knurrte dumpf und sagte nichts mehr, denn sie hatte Recht.
Noch eine weitere Viertelstunde schwiegen sie einander an, bis sich die Tür öffnete und eine blonde Frau herein kam. Karo merkte sofort, wie unheimlich dunkel ihre Augen waren. Das Lächeln sollte vielleicht beruhigend sein, erinnerte Karo aber mehr an einen Hai.
„Sind Sie Polizistin?“, fragte sie.
„Ich? Nein“, lachte die Frau. „Ich bin euer Weg hier raus. Ich habe ein verlockendes Angebot.“
Irritiert tauschten Karo und Max einen Blick. Die Frau setzte sich ihnen gegenüber in einen schmalen Metallsessel. Sie hielt ein Klemmbrett in den Händen.
„Ich suche Amelie Fairfourth und Luca Jones. Was könnt ihr mir über die Beiden erzählen?“
Karo zuckte mit den Schultern: „Nicht viel. Sie sind mit uns in eine WG gezogen. Wir haben sie kaum getroffen. Sie verbringen viel Zeit bei ihren Familien und auch auf dem Friedhof.“
Max stieß ihr den Ellbogen in die Seite.
„Was?“, fragte sie ihn.
„Wir verraten Ihnen nichts!“, schleuderte Max der Frau entgegen. „Erst wollen wir wissen, was Amy und Luca getan haben sollen!“
Die Frau lachte leise. Ihre Augen blieben kalt. Es war bestimmt keine gute Idee, sich mit dieser Frau anzulegen. Sie strahlte etwas aus, etwas, das Karo Angst machte.
„Das reicht leider nicht, um euch hier heraus zu bringen“, sagte sie nachdenklich. „Ihr werdet jedenfalls nicht zurückkehren können. Aber hier könnt ihr beiden zu leicht fliehen.“
Sie schnippste und die Tür öffnete sich erneut. Ein Mann kam herein, obwohl er das Geräusch nicht gehört haben konnte.
„Nimm den Jungen“, sagte die Frau hart. Sie selbst griff Karos Oberarm.
„He! Was habt ihr mit uns vor?“, fragte Max. Auch Karo wehrte sich gegen den Griff, aber die Frau war erschreckend stark.
„Ich biete euch einen Job an“, lachte sie. „Einen Job in der Hölle. Wenn ich mit euch fertig bin, werdet ihr euch wünschen, geredet zu haben. Und vorher werdet ihr singen wie zwei Popstars!“
Karo wurde vor Max aus dem Raum gezerrt. Niemand hörte ihre Schreie nach Hilfe.