Rettung:
Luca konnte nicht reagieren. Er verspürte Müdigkeit und Wärme, gleichzeitig wusste er irgendwo in den Tiefen seines Bewusstseins, dass er verblutete. Die Bewegungen der Mädchen, die mit gezückten Waffen auf die beiden Raubtiere losgingen, erschienen ihm träge, als würden sie unter Wasser kämpfen.
Die Schwarzhaarige, die Samira (oder war es Ifrit? Luca wurde nicht schlau daraus) Anna genannt hatte, führte den Kampf an. Ein eher unauffälliges Mädchen schuf offenbar unsichtbare Barrieren mithilfe ihres kleinen Stöckchens, und die mit den bunten Haaren ließ einige bunte Kreisel los, die auf die Raubtiere zu rasten und dann explodierten. All diese Sachen drängten Samira und Brandon zurück.
Im nächsten Moment kniete die Braunhaarige ganz in der Nähe neben dem bewusstlosen Sam. Luca sah zu, wie sie an dem Mann rüttelte, seine Wange berührte, Atmung und Puls überprüfte und dabei ständig seinen Namen rief.
„Sam! Sam, wach auf! Hörst du mich? Samstag Asparagin, du wirst sofort aufwachen!“
Auch das blonde Mädchen hörte Luca nicht kommen. Sie stand einfach so neben Sams Fuß und schob die Hose über dem geschwollenen Knöchel nach oben.
„Lizzy, er ist gebissen worden.“
Die Braunhaarige sah auf. „Nein! Was hat ihn gebissen? Wir müssen zur Krankenstation.“
„Sieht aus wie ein Schlangenbiss. Hol Andy, und dann – sieh dir mal die anderen an!“
Plötzlich merkte Luca, wie beide Mädchen den Blick auf ihn richteten. Die Blonde war nur ein Blinzeln später an seiner Seite. Sie hatte einen hohen Zopf, aber ein paar Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Sie berührte sein verletztes Bein und er zuckte zusammen.
„Xeri!“, brüllte die Blonde. Dann verschwand sie urplötzlich. Lucas Zustand machte es ihm schwer, zu sehen, wie das blonde Mädchen mit dem unscheinbaren Mädchen die Position tauschte. Luca hörte auch immer schlechter, deswegen verstand er nicht, was das braunhaarige Mädchen mit der Brille sagte. Plötzlich füllte aber Wärme sein Bein, als hätte jemand seine Adern mit warmem Honig geflutet.
„Er hat viel Blut verloren“, hörte er das Mädchen dann sagen. „Lizzy, du musst die Rothaarige beim Baum holen.“
„Macht, dass ihr weg kommt!“, rief die Schwarzhaarige, die noch mitten im Kampf war. Irgendwoher war Feuer aufgetaucht, wildes, rotes Feuer, das vor Lucas müden Augen aussah, als würde es die Form eines großen Vogels annehmen.
Mit röhrendem Motor erschien ein Geländewagen. Die Tür wurde geöffnet. Verständnislos sah Luca zu, wie die Braunhaarige – Liz oder Lizzy? – Sam in den Wagen zerrte. Dann kam sie zurück.
„Kannst du gehen? Ein Stück?“, fragte sie ihn.
Luca konnte nicht antworten. Gestützt von Liz schaffte er es bis zum Wagen, dann saß er auf einem abgenutzten Polster direkt neben Sam, dessen Augen unter den geschlossenen Lidern hin und her rollten.
„Was ist mit dir, Junge?“, fragte das Mädchen mit den bunten Haaren, das wie aus dem Nichts bei Tobias angekommen war.
„Mein Rollstuhl“, stammelte Tobias, da wurde er auch schon hochgehoben und in das Auto gesetzt. Es saß neben Luca und starrte ihn an. „Geht es dir gut?“
Luca schüttelte stumm den Kopf.
Das blonde Mädchen schleppte Amy zum Auto und quetschte sich dann zwischen Luca und Sam, um die Wunden des Älteren zu untersuchen. Das Mädchen mit der Brille bewegte den kurzen Stock in ihrer Hand und wie aus dem Nichts wurden Luca und die anderen von unsichtbaren Kräften angeschnallt.
„Anna!“, rief ein blonder Mann, der am Steuer saß.
„Sie kommt ohne uns zurecht“, sagte irgendein Mädchen. „Fahr, Andy!“
Der Wagen setzte sich in Bewegung, und Luca fielen die Augen zu. Er hörte ein wütendes Brüllen hinter sich. Quälend langsam wurde ihm bewusst, dass sie gerettet waren. Woher waren sie gekommen? Und spielte das eine Rolle? Diese Fremden brachten sie fort von Samira und Brandon, das war alles, was noch zählte.