Thought Crime:
Es gab einen gewaltigen Knall und Luca spürte, wie ihn Hitze in den Rücken traf. Er wurde gegen die Wand gepresst und hatte das Gefühl, seine Hände, die als Puffer zwischen Kopf und Mörtel steckten, würden zerquetscht. Für einen Moment konnte er überhaupt nicht atmen, weil es dafür zu heiß war. Als er dann nach Luft schnappte, atmete er Rauch ein und musste husten.
Dichter Qualm füllte den Raum. Jemand tastete nach seiner Hand und riss ihn hoch. Er erkannte Mira, die auch Amy hinter sich her zog. Beide waren mit winzigen Wunden übersät, und Luca merkte, dass er nicht besser aussah. Er hustete immer noch. In seinem Kopf drehte sich alles.
Ebenfalls hustend bugsierte Mira sie zur Tür, die jetzt ein großer Krater war. Dahinter lagen, vielleicht tot, vielleicht nur betäubt, die Angreifer verstreut. Luca sah auf die Gesichter und erkannte erschrocken Max unter den Bediensteten.
War Max freiwillig gegen sie gezogen? Waren die anderen Maya freiwillig gefolgt?
Als er die Frau suchte, konnte er sie nirgends entdecken. Doch Mira zog sie bereits weiter, durch den Kabelgang, der jetzt in Flammen stand. Aus zerstörten Kabeln flogen Funken. Luca robbte durch den Gang, dicht am Boden, wo die Luft etwas besser war. Dann sprang er auf und rannte los.
Der Keller hatte sich in einen Alptraum verwandelt. Die Luft war grau und dick vom Rauch, Personen nur als Schemen zu erkennen. Luca stolperte keuchend vorwärts, ihm wurde schlecht.
Er fand eine Treppe, die er hinauf rannte. Das Feuer hatte sich bereits nach oben ausgebreitet. Irgendwann wurde er von Mira überholt und folgte ihr blind, und sie führte ihn schließlich nach draußen.
Keuchend stürzten sie in die Nacht hinaus, in der bereits andere Gäste des Hotels standen. Der Feueralarm, stellte Luca fest, dröhnte ihm schon eine ganze Weile in den Ohren.
Hustend und würgend brach er auf dem Rasen zusammen, dicht bei Mira. Amy tauchte ebenfalls auf, rußverschmiert und zitternd. Dann, etwas später, erschien auch Samstag und ließ sich zu ihnen fallen, ungeachtet der vielen Menschen, die das Feuer betrachteten.
„Lief doch alles super“, keuchte Sam.
„Lief alles nach Plan, aber der Plan war halt scheiße“, meinte Mira.
Luca rang noch nach Atem. Er wollte nicht einmal wissen, wie knapp er diesmal dem Tod entronnen war. Als er aufsah, bemerkte er mehrere der Wachen, die ihre Kameraden aus dem Gebäude zogen. Samstag bemerkte die Bewaffneten ebenfalls, sprang auf, zog die drei anderen auf die Beine und führte sie in den Garten, weg von allem, was ihnen gefährlich werden konnte.
Sie husteten immer noch. Luca verspürte ein unangenehmes Kratzen im Hals, und seine Augen brannten, als hätte er versucht, in Säure zu tauchen. In den Schatten bei dem Parkplatz des Hotels teilte Samstag ihnen allen Hustenbonbons aus, die so alt waren, dass sie sich kaum aus der Verpackung lösen ließen. Trotzdem halfen die klebrigen Bonbons ein wenig. Luca spürte auch, dass er die Zähne nicht mehr auseinander bekam.
Sie entdeckten gerade die Tourgäste, die ebenfalls gerettet wurden, als hinter ihnen ein Motor ansprang. Die vier wirbelten herum und sahen einen kleinen, weißen Wagen davon brausen. Luca erkannte auch die Frau am Steuer.
„Maya!“, fluchte Samstag. „Sie entkommt!“
Sprachlos starrten sie dem Wagen nach, der ohne Licht bald von der Nacht verschluckt wurde.
„Verdammt!“, sagte Luca.
Sie sahen wieder auf das Hotel, das flackernd in Flammen stand, hell, als würde die Morgensonne sich erheben. Luca wartete insgeheim darauf, dass die Feuerwehr erschien, doch das passierte nicht. Die Flammen stiegen nur höher in den Himmel, ließen den Dezember warm werden und die Nacht taghell. Gäste, Bedienstete und die Verursacher starrten schweigend auf das Feuer.