Wanderung im Süßen:
Mo, Kassie, Max und Karo hatten eine kleine Traube gebildet. Max ging mit schnellem Schritt voran und sprach nicht mit den anderen, ließ aber zu, dass sie diesmal Schritt halten konnten. Danach folgten Kassie und Mo Seite an Seite und Karo ein Stückchen hinter ihnen, sich nervös im Schatten der beiden haltend.
Es war trügerisch ruhig. Mo fühlte sich dazu verleitet, in allem nur den entspannten Spaziergang durch ein merkwürdiges Land voller Wunder zu sehen. Aber er wusste, dass er in seiner Wachsamkeit nicht einen Moment nachlassen durfte. Immer wieder strich er mit den Fingern über die zwei großen Kapseln, die seine von Sam erhaltenen Seilwerfer enthielten. Einen hatte er bereits geopfert, und obwohl es notwendig gewesen war, tat es ihm leid um das Werkzeug. Er hätte gerne versucht, den Seilwerfer noch zu retten, doch dazu war keine Gelegenheit gewesen.
"Der Wald hört auf", murmelte Karo leise.
Mo hob den Kopf. Es brauchte schon das Schlusslicht ihrer Gruppe, um diese so offensichtliche Tatsache auszusprechen: Max stapfte immer noch grimmig und schweigsam voran, Kassie und Mo waren viel zu sehr in Gedanken versunken gewesen, als dass sie bemerkt hätten, wie sich die Bäume vor ihnen lichteten und den Blick auf ein buntes Durcheinander freigaben. Die vier beschleunigten ihre Schritte und hielten dann im Schatten der letzten Gewächse an.
Vor ihnen lag eine Hügellandschaft, die an eine Flickwerkdecke erinnerte, die jemand über das Land geworfen hatte. Der Boden war unnatürlich glatt, fast wie der Stoff einer Hüpfburg. Schwarze Nähte durchzogen die Oberfläche und teilten die Landschaft in viele unregelmäßige, geometrische Formen auf, von denen jede in Rot, Grün, Blau oder Gelb gefärbt war. Die Farben waren intensiv und grell, Farben, die man für Kinderspielplätze und Hüpfburgen auswählte. Jedes Feld hatte eine einzige Farbe, es gab keine Muster oder Mischfarben. Das ließ die Hügel einfach und kindlich wirken, wie einen Ort, an dem man sich keine Sorgen machen musste.
"Das macht mir Sorgen", sagte Mo.
Kassie nickte. "Wenn man genau hinsieht, dann bewegen sich die Hügel. Ich glaube, es ist eine riesige Hüpfburg."
"Echt? Ich erkenne nichts", sagte Karo.
"Achte auf den Horizont. Gerade ist die Landschaft ruhig und die Wellen sind langsam. Aber ich wette, dass vor Kurzem noch etwas hier getobt hat. Etwas Großes."
Mo bemerkte, wie Karo blass wurde.
"Jetzt fantasierst du", sagte er zu Kassie. "Wir haben keine Beweise dafür, dass es hier jemals anders aussah. Ich stimme zu, wir sollten vorsichtig sein. Ich fürchte allerdings, dass wir das Feld nicht umlaufen können, also müssen wir mitten hindurch."
"Echt?", fragte Karo unglücklich.
Mo nickte. "Da hinten, seht ihr das Spitze?"
Er deutete zum Horizont, wo hinter der Senke einer Welle ein spitzes Dach zum Vorschein kam, ein außergewöhnlicher Anblick in der weichen Landschaft.
"Dort müssen wir hin", sagte Mo überzeugt und es überzeugte ihn weiter, dass Max gedankenverloren nickte. "Dort ist der Ausgang."
"Das sieht nicht weit aus", sagte Kassie hoffnungsvoll und sah zu ihren Freunden. "Gehen wir?"
Der Drang, zu zögern und abzuwarten, war sehr groß. Mo wollte nicht auf die komische Fläche, denn entgegen seinen Worten war er genau wie Kassie davon überzeugt, dass sie die sich glättenden Wogen eines großen Sturmes betrachteten, der jederzeit neu ausbrechen konnte - und ausbrechen würde, wenn sie schutzlos inmitten der Flicken waren.
Max allerdings zögerte nicht, sondern trat auf das Feld hinaus. Die anderen drei folgten ihm. Tatsächlich fühlte der Boden sich nach Trampolin und Hüpfburg an. Mo roch sogar den charakteristischen Duft nach Gummi und Hitze, und der Untergrund strahlte die Hitze auch genauso unerträglich zurück wie eine sehr große Hüpfburg.
Ganz, ganz leicht bebte der Boden unter jedem ihrer Schritte. Vom Himmel knallte die Sonne. Das Gehen war schwierig, der weiche Boden war zu nachgiebig.
Karo fasste Mo am Arm. "Spürst du das?"
Ihre Stimme war atemlos vor Angst. Alle blieben stehen und fühlten ... das Beben lief weiter durch den Boden, auch, als sie alle still standen. Selbst Max wirkte beunruhigt.
"Das fühlt sich an wie ein Herzschlag", überlegte Kassie.
"Nein, schlimmer", sagte Max, worauf alle verwundert zu Ifrits Schützling sahen.
"Kennt ihr die Szene aus Jurassic Park?", fragte Max. "Die mit dem Wasserbecher?"