Die Musik ist laut, so verdammt laut. Tanzende Menschen drängen sich dicht an dicht auf der Tanzfläche, stoßen wieder und wieder gegeneinander und stören sich nicht daran. Sie alle wollen feiern und ich bin mittendrin. Es ist zu dunkel, zu eng, zu laut, zu viele Menschen. All das nimmt mir den Atem. Was mache ich eigentlich hier? Ich bin nicht wie sie; ich gehöre nicht dazu, auch wenn ich so gerne einfach Teil dieser unbeschwerten Masse wäre. Das allein ist der Grund, warum ich hierhergekommen bin und ich bereue es. Was feiern wir denn? Das Älterwerden? Das ungewisse Nichts, das bald auf uns zukommt? Dass unser Leben so wie wir es kennen ein Ende findet? Ich will das alles nicht. Fast bin ich den Tränen nahe. Die Musik mag fröhlich klingen, aber die Lyrics sprechen die Sprache der Melancholie und Trauer. Wie kann man denn dabei feiern, wenn es nicht mal einen Grund zum Feiern da ist? Um mich herum tanzen meine Freunde, spüren den Beat und lassen ihren Körper vollkommen davon führen, während ich verkrampft da stehe und versuche Körperkontakt zu den Personen um mich herum möglichst zu vermeiden. Ein großer Tänzer war ich noch nie und ich bewundere sie alle, die all den Stress und all die Probleme durch die Musik einfach vergessen können. Vielleicht ist es genau dieser Wunsch nach Taubheit, nach Verdrängung, der mich auf die Tanzfläche getrieben hat, aber es will einfach nicht funktionieren. Am liebsten würde ich mich irgendwo in einer Ecke verstecken, all die Melancholie, Angst und Trauer einfach von meinen Tränen wegspülen lassen und nie wieder einen Fuß raus in die Welt setzen. Stattdessen führt mein Weg mich zur Bar und aus einem Bier werden zwei und aus zwei werden mehr. Ich habe aufgehört, sie zu zählen, aber mit jedem Ausflug von der Tanzfläche weg hin zur Bar und mit jeder neuen Flasche schaut mich der Barkeeper schräger an. Wenigstens zeigt der Alkohol Wirkung und die Trauer schwindet zusammen mit meiner Koordination. Taub stolpere ich zwischen all den tanzenden Leibern zurück zu meinen Freunden und beginne angespannt von einem Bein aufs andere zu wippen. So reiht sich Lied an Lied, aus Minuten werden Stunden, die Zeit zieht vorbei und nimmt den Abend mit sich. Die erhoffte Taubheit habe ich nun erhalten. Durch den Alkohol beschwingt hat die Welt um mich herum einen großen Teil ihrer Bedeutung eingebüßt. Die Dunkelheit der Nacht wird von den Spuren gestört, die die blitzenden Lichter auf meiner Netzhaut hinterlassen haben und von der lauten Musik ist nur ein unangenehmes Klingeln in den Ohren übrig geblieben. Der Regen durchnässt meine viel zu dünne Jacke und ohne die Wärme der Menschen um mich herum beginne ich zu zittern, während der Geschmack des letzten Bieres sich hartnäckig in meinem Mund hält. Meine Taubheit habe ich bekommen. Meine Sinne habe einfach so lange überreizt, dass jetzt, wo alles vorbei ist, hier in der Kälte der Nacht, die Welt wirklich nicht mehr so stark an mich heran dringen kann. Und so bin ich allein mit der Dunkelheit in meinem Herzen, das ich nicht zu betäuben vermochte.