Etwa sechs Wochen vor Brantners tragischem Unfalltod, war dieser einer brandheißen Sache auf der Spur, die bei Bekanntwerden mit Sicherheit einen medienwirksamen Skandal auslösen würde. Abgesehen davon, würde es in diesem Fall mit absoluter Sicherheit Verhaftungen und Betrugsermittlungen geben, welche in höchsten Kreisen zu erfolgen hatten. Vom Stadtbaumeister über die Lokalpolitik bis hin zu seinem eigenen Vater reichte der Tross der Verdächtigen.
Vor etwa zwei Jahren hatte der deutsche Großindustrielle Eduard Jansen mehrere Grundstücke nahe des Sees gekauft, mit der Zusage, die Genehmigung für den Bau eines Hotels in unmittelbarer Ufernähe zu erhalten.
Das war reine Spekulation gewesen, da die Gesetzeslage diese Zusage gar nicht erlaubte. Wie das aber so häufig vorkommt in gewissen Kreisen, die der Steuer zahlende Normalbürger nie erreichen wird, gab es plötzlich eine Änderung im Flächenwidmungsplan, die Naturschutzbehörde begrüsste auf einmal die Gelegenheit, "Endlich auch einmal dem Zeitgeist zu entsprechen" und die Lederhosenoptik des Salzkammergutes zu Gunsten der urbanen Moderne zurück zu drängen. Es sei an der Zeit, einmal Vorreiter zu sein und zu zeigen, dass moderne Großgebäude die veraltete Postkartenansicht des Seeufers auflockern und ihrem ländlichen Charme keinen Abbruch tun würden.
Müssig, darüber zu diskutieren, wieviel dieser plötzliche Sinneswandel wem gekostet hat und wer der Nutznießer dieser Genehmigung war.
Das hier Geld geflossen war, galt als sicher! Seitens der Gemeindepolitik argumentierte man mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze und dem Prestige, Vorreiter einer neuen Ära zu sein, die nach und nach auch in weiteren Salzkammergut-Gemeinden Einzug halten werde.
Das Hotel wurde gebaut. Während es Anfangs so aussah, als würde man dem Einreichplan folgen, zeigte sich sehr bald, dass die Gestaltung des Baus offenbar der Willkür des Bauherrn unterlag, was vermutlich dank großer geflossener Beschwichtigungssummen, nach dem Grundsatz "Wo kein Kläger, da kein Richter!" auch nicht geahndet wurde.
Der Bürger lässt sich viel gefallen. Wird er allerdings bei fast jedem eigenen Bauvorhaben schikaniert und bevormundet, beginnt er zu hinterfragen, mit welchem Recht sich finanzstarke Leute über alle bestehenden Gesetze die er selbst peinlichst genau befolgen muss, hinwegsetzen. Kriegen die Medien erst mal Wind davon, kommt eine Untersuchung ins Rollen. Zwar würde es schwierig sein, Bestechung nachzuweisen, die Abweichungen vom genehmigten Bauplan und Nicht-Einhaltung gesetzlicher Auflagen, ließen sich aber durch Beauftragung eines gerichtlich beeideten sachverständigen Gutachters zweifellos ermitteln.
Josef Brantner hatte ermittelt. Und das sehr gewissenhaft. Seine Ermittlungen betrafen nicht nur die baurechtliche Konformität des Gebäudes. Er hatte auch begonnen, die offensichtliche Bestechungsaffäre nachzuvollziehen und war dabei Indizienbeweise zu sammeln.
In ca acht Wochen sollte eine der Öffentlichkeit zugängliche Gemeinderatssitzung tagen, in der der vom Heimatverein beauftragte Brantner, seine Vorwürfe erheben und der Bürgermeister samt Gemeinderat und Bauträger Rede und Antwort stehen sollte... Josef Brantner jun, hatte also noch acht Wochen Zeit, um den größtmöglichen Ermittlungserfolg zu erzielen.
Etwa zur selben Zeit war in Mantodeas Schließfach ein versiegeltes Dossier eingegangen...