Der Dorfplatz, von dem vier Wege abführen, einer nach dem Wald, einer zu dem hell erleuchteten, separatem „Krankenhaus“, einer zu einer leeren Scheune und der letzte zu der geheimnisvollen Apotheke, hinter deren Fenstern es ab und zu gespenstisch flackert. Die Gebäude umrahmen einen Platz mit einem kleinen Brunnen.
Theo und Henry wandern aus dem Wald heraus langsam in Richtung Dorf, es wird bereits dunkel, also trägt Henry eine Laterne.
Theo: Es drängen schon die Schatten, schwarz und schwärzer,
den Tag hinfort, und uns bedrängt die Nacht,
oh, eile dich, mein Freund, ich will nicht wagen,
zu solcher späten Stunde draußen sein.
Ein kalter Schauer dringt in meine Glieder,
und es ist nicht der Wind, der schrecklich heult!
Henry: Wahr sprichst du wohl, und ich versteh dein Bangen,
der Wind trägt denn den Wolfsruf auch zu mir.
Ich gedenke jetzt mit neuem Grauen,
den tiefen Wunden, die wir beide wohl,
zu viel' gesehen haben in den Straßen,
und welche waren, ach, man sah es gut,
gerissen von der wütend' Meute Zahn.
Theo: Ich sagt', es war ein Wagnis, aufzubrechen,
vom Dorfe als die Sonn' schon im Zenit,
Doch sieh! Uns lächelt wohl Fortunas Aug,
ein kleines Dorf zur rechten Zeit am Weg!
Henry: Gehört hab ich von solchem Dorfe wenig,
obwohl ich doch die Karten hab studiert,
so wie's mit elend Wälzern über Krankheit,
und Mittel und auch Heilung hab getan.
Theo: Was solches Studium dir bringt, das weiß ich.
Ich seh noch gut, wie schwer es dir doch fiel,
die Prüfungen erfolgreich zu besteh'n!
Du hast das Dorf bestimmt nur überseh'n.
Doch guck' jetzt nicht so grimmig, lass uns schau'n,
zu welchem Dorf uns unser Weg hier führt.
(Sie betrachten ein Schild am Wegesrand)
Henry: „Tannheim“, passend ist der Name wirklich,
denn Tannen gibt's im diesem Walde viele,
und unheimlich ist dieses Dorf fürwahr!
Theo: Mein Freund, du bist zu heftig, sieh dich um:
In jenem Hause dort brennt noch ein Licht.
Wir werden klopfen, fragen, ob man uns
zu dieser Stunde Obdach noch gewährt.
Henry: Du wirst schon sehen, öffnen wird der Tod,
ich sehe seine grinsend' Fratze vor mir,
wie er uns beide kalt für immer trennt.
Theo: Wenn du dich fürchtest vor den braven Menschen,
kannst du dein Glück in Nacht und Nebel suchen,
dann geh' und frag die ungezähmten Wölfe,
ob sie den Tod in diesem Dorf geseh'n!
Henry: Du spottest meiner, ach, das ist nicht recht!
Ein schlechter Freund, wenn du mich fortgeschickt!
Doch erst wenn wir am Ende unversehrt,
dies Dorf verlassen, dann erst lachen wir,
über die unbegründet', tiefe Furcht!
Theo: Dann lass uns vorerst jede Angst vergessen,
Wir sehen nachher, was sie uns gebracht.
Jetzt ordne deine Kleidung, ich die meine,
und dann fragen wir dort (mit einer Geste zum erleuchtetem Haus) nach Schutz und Rast!