Karl war auf dem Weg zurück nach Mondsee, als ihn ein Anruf erreichte. "Mayrhofer H. Festnetz" prangten die Buchstaben auf dem Multifunktionsdisplay.
Er drückte eine Taste am Lenkrad. "Wird Zeit, dass´di meldest, Hans! Der Peter macht Ärger..."
"Karl, i bin´s. Die Renate. Der Hans, der... der Hans is tot... Er hat si mit sein Audi, mit dem Sportwagen... auf´m Thalgaueck... Karl, kannst bitte kommen? Jetzt gleih...?"
"I bin in zehn Minutn da, Renate!
Eines kann man den Leuten im Mondseeland nicht abstreiten: Sie sind füreinander da... Selbst wenn sie nicht die besten Freunde sind, in Fällen wie diesem, war es Karl ein Bedürfnis, Renate und den Kindern in vollem Umfang mit seiner Hilfe zur Seite zu stehen. Er hatte eigentlich mit Hans gerechnet, als er die Nummer auf dem Display gesehen hatte, aber nachdem sich Renate gemeldet und ihm berichtet hatte, hatte er den ersten Schock überwunden und sofort den Weg zu den Mayerhofers eingeschlagen...
"Natalie! Mach auf, bitte! Er war auch mein Vater! Mach sofort auf!"
Hannes hatte gewusst, dass es seine Schwester am härtesten treffen würde. Er musste unbedingt zu ihr ins Zimmer gelangen. Endlich hatte sie ihre Depressionen langsam in den Griff bekommen und endlich wieder lachen können und jetzt das! Seine Schwester war die einzige Person auf dieser Welt, die ihm jemals wirklich etwas bedeutet hatte. Und vor allen Dingen der einzige Mensch, um dessen Wohlergehen er mehr besorgt war, als um sein Eigenes... Schlimmer hatte es nicht kommen können...
"Du hast mich angelogen, Hannes! Du hast mir immer gesagt, jetzt wird alles gut! Ich habe dir vertraut Hannes, weil du mein Bruder bist! Und ich habe auch die Scheiß-Psychopharmaka genommen! Du hast mir immer versprochen, das jetzt alles gut wird! Und jetzt ist Papa tot! Ist das gut? Findest du das gut? Ich weiß, ihr habt euch nicht gut verstanden... Aber unter "alles gut" versteh ich was anderes! Ich habe Papa wirklich geliebt! Und jetzt ist er tot! Ist das dein "Alles Gut"? Geh weg von meiner Tür! Ich will dich nicht mehr seh´n!"
Sepp und Sonja waren wieder heruntergekommen vom Schober, hatten noch kurz die Burgruine Wartenfels in Augenschein genommen und kehrten schließlich im Forsthaus Wartenfels ein.
Sonja wusste, dass sie nur kurz Atem holen konnte, bevor sie sich wieder Josefs Misstrauen stellen musste. Sie hatte beschlossen, noch eine Weile die Unschuldige zu spielen, um ihm dann, nachdem er sich selbst in Gefahr wähnte - und dafür würde sie mit allen nur erdenklichen Mitteln kämpfen - die ganze Wahrheit zu präsentieren. Na ja... fast die ganze Wahrheit. Nur würde sie nicht die Killerin sein, sondern die Agentin, die ihn vor dem Tod bewahren sollte...
Sie saßen sich gegenüber und lächelten sich verliebt an, als die Brettljause kam. Sie musste es irgendwie schaffen, endgültig sein Vertauen zu gewinnen. Davon hingen ihre beiden wichtigsten Prioritäten ab: Ihre große Liebe und... deren Überleben!