Wataru erwachte spät an diesem Morgen, die Sonne hatte fast ihren Höchststand erreicht. Stille lag um den Rastplatz, dass Feuer längst erloschen. Wataru gähnte ausgiebig. Wie konnte er nach so vielen Stunden noch so müde sein? Und warum hatte er überhaupt solange geschlafen? Er war doch sonst eher ein Frühaufsteher. Fragen über Fragen, doch mit immer wacher werdendem Geist stellte sich die wichtigste aller Fragen: Wo war Akio? Die Schönheit mit der er noch in der Nacht gesprochen hatte, war verschwunden.
Wataru und Odoki hatten beide, wenn sie im Freien schliefen, einen leichten Schlaf, Akio musste sich weggeschlichen haben. Doch zu welchem Grund? Odoki lag noch immer schlafend an Watarus Seite und alle seine Wertgegenstände, wenn man sie denn so nennen wollte, waren noch vorhanden. Seltsam, dachte Wataru, wer war bloß dieses Mädchen? Seine Gedanken abschüttelnd, weckte er seinen Wegbegleiter und beide machten sich auf nach Odeiko.
*
Es dauerte noch fast zwei volle Tage bis die beiden am Horizont die Skyline der Megametropole Odeiko erblickten. Je näher sie kamen, desto mehr wurde ihnen bewusst, wie groß die Hauptstadt des Landes war. Auf den ersten Blick chaotisch und von unüberschaubarem Ausmaß, versuchte Wataru sich im Gewirr aus Neonreklamen, Straßenschildern und Menschenmassen zu Recht zu finden. Entgegen seiner Befürchtung stellte er fest, dass die Orientierung sich doch ganz einfach darstellte. Blaue Straßenschilder verliefen parallel zur Bucht von Odeiko, rote führten zu dieser hin bzw. von dieser weg. Grüne Schilder markierten Plätze, gelbe, im Boden eingelassene, Schilder führten zu wichtigen Orten. In diesem Wissen suchte Odoki seinen Weg durch die Menschen in Richtung einer günstigen Pension. Im zweiten Block, der zweiten Straße, im ersten Haus, des Verwaltungsbezirks B fand er eine kleine, aber bezahlbare Bleibe. Diesen Abend würde er den Professor bei aller Eile nicht mehr aufsuchen, ausgelaugt von der langen Reise schlurfte Wataru die siebzehn Stufen zu seinem Zimmer.
Doch wurden seine Pläne mit dem fünf Uhr Tee zunichte gemacht. Die Haushälterin brachte ihn seinen Tee und einen Brief. Als die Dame das Zimmer verlassen hatte, öffnete er den Brief.
Kommen Sie sofort.
Falls abkömmlich.
Falls unabkömmlich,
Kommen Sie trotzdem.
Wain
"Woher weiß er wo wir sind?", wunderte sich Wataru, "Komm mit Odoki, wir werden verlangt." Odoki, welcher sich gerade über die Kekse hermachen wollte, beschwerte sich in seiner typischen miauenden Art. Kein Wunder warum ihn alle für eine Katze hielten. Wataru verließ mit Odoki die Pension und folgten den gelben Schildern bis zum Zoologischen Garten Odeiko. Jener Garten, der in ganz Seiku für seine Artenfülle und Zuchterfolge bekannt und gefeiert wurde. Und doch war dieser Garten erst wenige Jahre alt, denn Professor Wain hatte ihn selbst gegründet. So verwunderte es nicht, dass noch immer nicht alles Land was dem Zoo zur Verfügung stand bebaut war. An einer dieser freien Stellen baute man soeben an einer Tropenhalle für Arten des Landes Raja Kiriba.
"Ah, da bist du ja.", rief eine bekannte Stimme Wataru zu.