Ende August war es dann soweit. Lukes Besuch (von dem mein Vater diesmal, zumindest in Teilen, wusste) stand an. Zuvor herrschte noch kurz Panik, da ich ein Bild von ihm erhielt, auf dem er einen Bart trug und ich das absolut nicht gut fand. Aber nachdem ich ihn darum gebeten hatte, das zu beheben, war alles geklärt. Natürlich war ich nach wie vor panisch.
Am Mittwoch, seinem Anreisetag, war mir morgens so unglaublich schlecht, weil ich so dermaßen aufgeregt war. Das wurde mit dem Verstreichen der Stunden nicht gerade besser. Am Bahnhof wäre ich fast gestorben. Oh Mann. Es war aber dennoch so toll, als ich ihn aussteigen sehen habe. Fast hätte ich angefangen zu weinen, fast. Allerdings ist dieser Moment, wenn man auf jemanden zu geht irgendwie immer etwas seltsam, weil man nicht so recht weiß, wo man hinsehen soll. Beim Umarmen sind wir fast umgefallen. Wiedersehensfreude. Ich hätte ihn am liebsten gar nicht mehr losgelassen. Unglaublich. Die vier Monate voller Verzicht waren vorüber. Er hatte mir so gefehlt. Aber es hat sich gelohnt, schon allein für diesen zauberhaften, von Freude erfüllten Moment am Bahnhof. Als wir uns dann doch voneinander gelöst hatten, sind wir erstmal zu meinem Lieblingsdessousladen gegangen, da ich noch einen BH anprobieren musste. Danach sind wir zur Bushaltestelle gelaufen und haben gewartet. Und gewartet. Und gewartet. Wir standen uns einfach nur gegenüber und hatten uns nichts zu sagen. Toller Anfang, oder? Da fühlt man sich gleich gar nicht verunsichert.
Jedenfalls, nach der gefühlt ewig dauernden Busfahrt zu Hause angekommen, gingen wir in mein Zimmer und, wie nicht anders erwartet, legte er sich erstmal auf mein Bett. Als ich mich auf die Bettkante setzte und ihn zunächst beobachtete, zog er mich zu sich und nahm er mich in den Arm. Es war so wundervoll, ich hätte aus dem Fenster springen können. Aber lange währte die Ruhe nicht, denn wir hatten noch einen Pizzateig zu backen. Während der Ruhezeit konnten wir uns allerdings wieder wichtigeren Dingen zuwenden, in meinem Bett. Er öffnete den Reißverschluss von meinem Rock, und es war wirklich es tolles Gefühl, als er das tat. Einen Reißverschluss ganz langsam zu öffnen, dieses Geräusch zu hören, hat so etwas Sinnliches an sich. Als er mir dann auch noch die Strumpfhose auszog, und meine Hände unter seinen Pullover legte, war seine Absicht zwar glasklar, aber ich wusste, dass wir für etwaige Dinge keine Zeit hatten und das teilte ich ihm auch mit.
Nachdem der Pizzateig schön aufgegangen war, verarbeiteten wir ihn weiter zur Pizza. Ich machte mir gar nicht erst die Mühe, mich wieder komplett anzuziehen, also zog ich einfach schnell meine Schlaf-Shorts drüber. In der Küche habe ich mir die Haare dann auch zum Dutt zusammengebunden und sah hundertprozentig aus wie ein Penner. Das ist zwar der Standard-Ferienlook, aber Luke war das ja nicht gewöhnt. Naja, da musste er durch, Wohl oder Übel. Meine Mutter, mein Bruder, Luke und ich aßen dann am Couchtisch vor dem Fernseher, was mich sehr wunderte, da wir das eigentlich nur machen, wenn wir unter uns sind. Nicht einmal mit meiner Cousine setzen wir uns so hin, sondern wählen immer den Esstisch. Ich weiß nicht so recht, wie Mama auf diese Idee kam, aber vielleicht war es ihre Art, zu zeigen, dass Luke bei uns willkommen war und dazugehörte. Das hatte ich wirklich nicht erwartet, da sie manchmal schon ziemlich negative Bemerkungen fallen ließ, zu denen ich schon nichts mehr sagte, weil ich mich nun mal so entschieden hatte. Wie dem auch sei.
Nach dem Essen gingen wir erneut in mein Zimmer, geradewegs in mein Bett. Den ganzen Tag schon freute ich mich darauf, mit ihm in einem Bett zu schlafen. Neben ihm aufzuwachen. Und all die anderen Dinge zu tun, die die letzen vier Monate unmöglich waren. Allerdings ließ er sich nicht dazu hinreißen, mir konkret zu sagen, woran er dachte. Er meinte nur, dass ich es wüsste. Ja, selbstverständlich wusste ich das, aber ich hätte es einfach gern gehört, nicht per Skype oder WhatsApp.
Ich hatte echt angenommen, dass es beim zweiten Mal nicht mehr oder zumindest nicht so sehr weh täte. Falsch gedacht. Habe echt versucht, über die Schmerzen hinwegzusehen und mich auf ihn zu setzen, aber das ging mal so gar nicht. Es war unglaublich lieb von ihm, zu fragen, ob alles okay ist und ob wir aufhören sollen. Schlussendlich haben wir einfach die Positionen getauscht. Es war sehr viel besser (und wesentlich entspannter), als er oben war. Es tat zwar trotzdem etwas weh, aber es war gut auszuhalten. Anfangs war es ziemlich ungewohnt, da ich keinerlei Kontrolle darüber hatte, wie schnell und wie fest er sein Becken gegen meines presste, aber das legte sich bald.
Danach schliefen wir – wie sollte es auch anders sein – recht schnell ein. Und ich weiß weder warum, noch wie es dazu gekommen ist, dass wir mitten in der Nacht nochmal miteinander schliefen. Okay, was heißt mitten in der Nacht, es fing gerade an, hell zu werden. Aber trotzdem. Offensichtlich waren wir beide wach – ich hatte die ganze Nacht über sowieso relativ schlecht geschlafen – und dann fuhr er mir mit der Hand zwischen die Beine und es kam eben eins zum anderen.
Nach einer weiteren Runde Schlaf meinte er dann so gegen 10.00 Uhr, dass wir vielleicht mal aufstehen sollten. Nach mir ging er duschen, wir aßen und zurück in meinem Zimmer beschloßen wir irgendwann, nach Dresden zu fahren. Ich brauchte noch eine Jeans und hatte einen Gutschein. Ich hasse es, Hosen zu kaufen. Mum stellte uns großzügigerweise ihr Auto zur Verfügung und mir fiel auf, dass Luke einen sehr dynamischen Fahrstil hat. Nicht unangenehm, aber interessant. Am Ziel angekommen gingen wir zuerst in den IKEA, einfach weil ich IKEA liebe (er mochte IKEA meines Wissens nicht so). Danach waren wir einen Milchshake trinken und reden. In dem Moment kam es mir so vor, als würden wir eine ganz normale Beziehung führen. Das hat sich so gut angefühlt.
Nachdem ich mit dem Kauf einer Jeans überfordert war und beschloßen hatte, eine zu bestellen, sind wir noch in ein paar andere Läden gegangen und anschließend in die Altstadt gefahren. Im Grunde genommen bin ich kein Städte-Fan, und beschreibe selbige gern als laut, schmutzig und überfüllt, oder kurzum: nichts für mich, aber Altstädte haben etwas und Dresden besitzt eine wunderschöne solche. Am Elbufer haben wir uns auf eine Bank gesetzt und ich habe die Zeit genutzt, meine sozialen Kontakte zu pflegen *hust* und ein paar Leuten geantwortet, Luke sah mir dabei zu. Wir überquerten eine Brücke, spazierten am anderen Ufer entlang und machten uns nach ein paar Stunden normaler Beziehung auf nach Hause. Besonders toll fand ich, dass er beim Benennen der Ankunftszeit meinte, dass wir um die und die Uhrzeit ZU HAUSE sind. Also, mir passiert ständig, dass ich einfach den Ort, wo ich schlafe als zu Hause bezeichne, dennoch war es irgendwie ein schönes Gefühl, das zu hören. Jedenfalls, auf dem Weg dahin lief im Radio so eine komische Werbung, in der sie ein seltsames Küchenschwamm-Lied sangen. Das sollte später nochmal Erwähnung finden.
Zuhause angekommen, aßen wir noch und fielen dann ins Bett, kuschelten und schliefen ein. Ich war so glücklich, erfahren zu haben, wie es sich anfühlte, nicht ständig voneinander getrennt zu sein, etwas zu unternehmen und einfach die Zeit zusammen genießen zu können, ohne ständig Gedanken an die uns trennende Distanz im Kopf zu haben. Ich lernte, jeden Tag zu schätzen, an dem ich nicht allein aufwachte. Mit Luke neben mir fühlte ich mich sicherer.
Am nächsten Morgen schlief er ziemlich lange, und ich versuchte in der Zwischenzeit, mich selbst zu beschäftigen. Ich las, duschte und schaute Tumblr durch. Irgendwann drehte er sich dann zu mir und nahm mich in den Arm, begann, mich auszuziehen. Wieso war ich nochmal duschen gegangen? Es war schön, auch wenn er wieder die entspanntere – untere – Position einnahm. Eigentlich wollte ich ja anfangs gar nicht, aber es fiel mir sehr schwer, standhaft zu bleiben, als er mir zwischen die Beine fuhr, um dann seine Hände an meinen Po und meine Brüste zu legen. Ich hatte in den letzten vier Monaten wirklich vermisst, seine Hände auf mir zu spüren. Immer, wenn ich mir Bilder von ihm angesehen hatte, auf dem seine Hände sichtbar waren, stellte ich mir vor, wie er selbige an meine Brüste legen würde. Ich schweife ab.
Danach ging er duschen und ich war gewillt, zu fragen, ob ich mitkommen soll, aber ich ließ es doch. (Im Nachhinein kann ich gar nicht beschreiben, wie sehr ich diese Entscheidung bereue.) Er ließ seinen grauen Pullover auf meinem Bett liegen, mir war kalt und als er zurückkam hatte ich selbigen annektiert. Nach einem kurzen Intermezzo in der Küche fanden wir uns in meinem Bett wieder. Er bewarf mich mit Kissen und Kuscheltieren, machte sich über diese lustig, verarschte einen Bekannten, nervte eine Freundin und änderte meinen Status sowie Profilbild bei WhatsApp. Wir blieben also den ganzen Tag isoliert von jeglichen Einflüssen in meinem Zimmer. Abends aßen wir draußen mit meiner Familie und mein Bruder laberte uns fast in den Tod. Mum schickte ihn dann rein und auf einmal war es totenstill. Als uns die Sterne am Nachthimmel aufgefallen sind, haben wir den großen Wagen gesucht, das einzige Sternbild, das ich zu diesem Zeitpunkt sicher bestimmen konnte. Als Mum und ich dann überlegt haben, wo der Kleine Wagen war, benutzten wir so eine App, um selbigen zu lokalisieren. Als sie ins Wohnzimmer ging, um ihr Handy zu holen, stellte sich Luke hinter mich und umarmte mich. Das war auch einer schönsten Momente, an die ich mich regelmäßig erinnere. Besonders wenn der Nachthimmel ganz klar ist, fühle ich mich diesem Zeitpunkt und Luke ziemlich verbunden.
Jedenfalls kam meine Mutter dann wieder raus und Luke hat mich nicht losgelassen. Ich fand das toll, irgendwie seltsam, aber toll. Als wir endlich den Kleinen Wagen gefunden hatten, standen wir noch kurz draußen und sind dann wieder in mein Zimmer gegangen, um einen Horrorfilm zu sehen. Der Film war nicht so schlimm, wie vermutet, aber trotzdem ziemlich gruselig. Es war so schön, wie Luke mir die ganze Zeit beruhigend über den Kopf und den Arm gestreichelt sowie gefragt hat, ob alles okay ist. Danach schliefen wir ein.
An unserem letzten gemeinsamen Tag fuhren wir exakt zwei Mal in den gleichen Supermarkt. Und das Beste war, dass ich den Weg dahin fand; war richtig stolz auf mich, da meine Orientierung zuweilen sehr zu wünschen übrig lässt.
Zwischendurch, in meinem Bett, sollte ich ihn massieren, obwohl ich keine Ahnung hatte, wie das geht. Er bestand aber darauf, also habe ich das auch getan. Anfangs war er komplett angezogen. Dann hat er gefragt, ob das Shirt störe. Als ich ihm dann noch die Hose auszog, und mit meinen Fingern ständig unter den Bund seiner Unterhose fuhr, fragte er ob diese auch störe, aber da ich auf seinem Po saß, dachte ich, es wäre besser, wenn er sie anbehielt. Das bewahrheitete sich auch, als er sich dann nämlich umdrehte und auf dem Rücken lag. Mit so viel Nacktheit hätte ich dann doch nicht umgehen können. Wenigstens meinte er, dass ich das prima machen würde.
Bevor wir das erste Mal aufbrachen, fing er an, zu niesen und ich gab ihm zwei Taschentücher; eines für jetzt und vom zweiten verlangte ich, dass er es einpackt.
»Ja, Mama.«
Oh, wie peinlich.
Als wir das zweite Mal vom Supermarkt kamen, sind wir dann gleich zur Talsperre unweit von unserem Haus weitergefahren. Dort haben wir uns auf eine Bank gesetzt, nachdem wir die Staumauer überquerten. Wieder ein Moment einer normalen Beziehung. Als wir dort so langgelaufen sind, ich unsere Schatten betrachtete, war ich ziemlich glücklich. Mein nächster Gedanke war zwar, dass er morgen wieder für eine lange (sehr sehr sehr lange) Zeit wegfuhr, aber ich habe dies erfolgreich verdrängt.
Auf der Bank haben wir Kekse gegessen, von denen er der Meinung war, ich müsse sie unbedingt probieren. Die waren auch wirklich lecker. Nach einer Weile meinte er, er wöllte sich hinlegen. Dazu mussten wir aber erst zu der Stelle laufen, an der man ans Wasser kann. Dass das so weit weg war, wusste ich gar nicht mehr. Aber als wir dann da waren, war es richtig toll. Hätte nicht gedacht, dass es dermaßen schön dort ist. Und dass die Decke so klein ist. Wir saßen darauf und er hat versucht, zwischen meine Beine zu greifen. Er öffnete den Reißverschluss meines Rockes und wollte diesen sowie mein Höschen ausziehen. Dieser Spinner. Dann setzte er sich vor mich und wollte wieder massiert werden. Ich meinte noch, er schulde mich etwas dafür, aber ich tat es dennoch.
Als wir damit fertig waren, setzte er seine vorherige Tätigkeit fort. Blöderweise mit Erfolg. Und weil er dann gleich ein paar Leuten schreiben musste, dass ich ohne Unterwäsche rumspränge und ich anmerkte, dass zu Unterwäsche auch der BH zähle und ich selbigen noch anhätte, hat er dafür gesorgt, dass ich dann wirklich nur noch mein Shirt anhabe. Nachdem er mein Höschen in seinem Rucksack verstaut hatte und mir wieder zwischen die Beine gefahren war, beschloß er irgendwann, dass wir zurückgehen sollten. Er gab mir all meine Klamotten zurück. AUßER MEIN HÖSCHEN. So durfte ich dann den ganzen Weg zurücklaufen. Er hatte freilich seinen Spaß dabei. Oh Mann, das war so ein komisches Gefühl. Zu Hause habe ich mir dann als Erstes ein neues Höschen angezogen, danach haben wir gegessen und mit Mum noch einen Film geschaut. Davor haben mein Bruder und ich noch Federball gespielt, während sich Leo mit der Katze unserer Nachbarn beschäftigte. Das war so unglaublich niedlich.
Nach dem Film sind wir dann ins Bett gegangen. Ich hätte so gern mit ihm geschlafen; es war die letzte gemeinsame Nacht für Monate. Aber das mit dem »Fordernd-sein« hatte ich nicht so drauf. Außerdem schien er sehr müde zu sein. Ich klagte dann meiner Freundin Kirsten per WhatsApp mein Leid und irgendwie war es sehr ironisch, dass er sonst immer mitlas, nur in diesem Moment nicht. Als ich dann anfing, wie eine Irre auf meinem Display herumzuhauen, hat er sich doch das Handy geschnappt. Kirsten hatte gerade ein Audio geschickt. Es war mir sehr peinlich. Als er dann begriffen hatte, worum es geht, gab er mir das Handy zurück und meinte, dass er vielleicht auf etwas warte. Toll. Ich habe dann noch mit Kirsten geschrieben und mir überlegt, was ich denn zu verlieren habe. Also habe ich dann das Handy weggelegt und sagte, dass er mir doch bitte sagen soll, wie das Zeichen, auf das er warte, auszusehen hat. Ich bin so schlecht in sowas.
Es lief dann darauf hinaus, dass ich ihn auf den Rücken gedreht und mich auf ihn gesetzt habe. Dann zog ich seine Unterhose aus, und war total überfordert mit der Situation. Ich dachte nach, was ich jetzt tun sollte. Ich war ja noch komplett bekleidet. Irgendwann meinte er dann, dass er zu müde wäre, um sich viel zu bewegen. Ich dachte mir auch nur so:
Ganz klasse. Ist ja nicht so, dass wir uns dann vielleicht wieder ein Vierteljahr nicht sehen, aber egal!
Wenigstens hatte ich es probiert. Also deckte ich ihn zu, legte mich wieder neben ihn und gab mich meinem Schicksal hin. Nach kurzer Zeit sagte er, dass das nicht Nein geheißen hätte. Nur, dass ich mich selbst ausziehen und auf ihn setzen müsste*. Ich folgte der Anmerkung. Das Einzige, was er selbst erledigen musste, war die Sache mit dem Kondom, weil ich das nicht konnte. Danach senkte ich mich langsam auf ihn herab. Ganz langsam. Ganz schmerzvoll. Als ich das geschafft hatte und einfach erstmal sitzen blieb, um mich daran zu gewöhnen, wusste ich schon wieder nicht so richtig, was ich tun soll, da er normalerweise seine Hände an meine Hüften legte und meine Bewegungen steuerte. Ich habe es dann eben irgendwie versucht, aber es war echt unangenehm. Es wurde besser, als er seine Hände an meiner Hüfte platzierte und auch unterkörpertechnisch etwas mitmachte. Wirklich schmerzfrei war es allerdings erst, nachdem er mich ein Stück nach vorn zog, eine Hand zwischen meine Beine legte und dort selbst noch etwas nachhalf. So bin ich das erste Mal während wir miteinander schliefen gekommen. Es war so anders, aber irgendwie besser. Vor allem, weil es dann eben wirklich bequem und nicht mehr schmerzhaft war.
Nachdem dann auch er kam, haben wir uns wieder angezogen und lagen dann beide auf dem Rücken, ich in seinem Arm. Kirsten haben wir noch ein Audio geschickt. Er fragte noch, wie es war, und ob ich wenigstens gekommen wäre. Er meinte, es wäre anfangs etwas unbequem für ihn gewesen, was allerdings gut gewesen sei, da er eigentlich relativ schnell kommen könnte und ich so die Chance hatte, selber erstmal... und so. Die nächste Frage, was ich wohl am meisten vermissen werde, beantwortete ich mit »Nähe«, obwohl mir alles fehlen würde. Sein Lachen, sein Niesen, sein Gesicht, sein Körper, sein Geruch, seine Augen, in denen nur ich die grünen Akzente sehe, seine Blicke, seine Hände, seine Wärme, seine Neugier, sein Fahrstil, seine Stimme und am meisten ihn als Person. Als ich selbiges zurückfragte, meinte er:
»Dein Lächeln und deine Gesichtsausdrücke.«
Das war irgendwie ein Kompliment für mich. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob er sich bewusst war, dass er der Grund war, weshalb er mich sooft Lachen sah. Er machte mich so glücklich.
Danach fragte er, ob ich wirklich einfach neben ihm liegengeblieben wäre, wenn er nichts gesagt hätte. Selbstverständlich. Er darauf:
»Ach Lucy.«
Auf meine Nachfrage bestätigte er, dass ein »Du musst noch viel lernen« inbegriffen war. Ohne noch einen Gedanken an dem morgigen Tag zu verschwenden, schliefen wir ein.
Der ganze nächste Tag war von einer so melancholischen Grundstimmung geprägt, es war grauenhaft. Während Mum uns zum Bahnhof fuhr, nahm er meine Hand, was ich ziemlich süß fand, da ich das das letzte Mal übernommen hatte. Ich habe Luke im Rückblickspiegel beobachtet und es versetzte mir jedes Mal einen Stich, wenn er sich zu mir umdrehte. Aber ich hätte den Blick nicht erwidern können, ohne in Tränen auszubrechen. Als wir am Bahnhof standen, hat er das Küchenschwamm-Lied gesungen und meinte, dass er dies erneut tun wird, wenn wir wieder miteinander schlafen. Dann habe ich mich dafür entschuldigt, falls ich weinen sollte und sagte, dass ich mich schon den ganzen Morgen zusammenreiße. Er wusste das, denn es war das Gleiche wie beim letzten Mal. Allerdings war ich damals besser gewesen, denn daraufhin lief mir auch schon eine Träne die Wange herab. Aber noch riss ich mich zusammen. Ich fragte, was für ihn das Schönste gewesen wäre.
»Die Tatsache, dass wir etwas gemacht haben und nicht die ganze Zeit zuhause waren. Dennoch war alles schön.«
In diesem Moment erinnerte ich mich an eine Situation auf dem Weg nach Dresden. Wir waren an der Tankstelle, ich wartete im Auto und er kam gerade zurück vom Bezahlen. Ich war in diesem Moment so unendlich glücklich und hatte das Gefühl, es nicht ertragen zu können, ihn je mit einer anderen zu sehen. Gleichzeitig hatte diese Situation etwas so normales, als wären wir auf dem Weg zum Urlaub oder so.
Dann fuhr der dumme Zug ein. Ich glaube, er sagte noch, dass er wiederkäme, aber ich weiß es nicht mehr genau. Er ließ mich los, küsste mich und meinte:
»Beim nächsten Mal gibt’s mehr.«
Dann ist er eingestiegen und ich habe ihm nachgeschaut, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich habe angefangen, richtig schlimm zu weinen und überlegte kurz, zu warten, bis der Zug abfuhr, entschied mich allerdings dagegen, denn das hätte ich nicht ertragen. Zu sehen, wie dieser Zug davonfährt, mit dem Mensch, den ich am meisten liebte und der so schnell nicht zurückkäme. Also bin ich vorher gegangen. Die Menschen am Bahnhof haben mich total seltsam angeschaut und es war mir so egal. Ich bin dann zurück zum Auto gelaufen, habe die Tür aufgemacht und Mama gefragt, ob sie Hunger hätte, denn auf der Straße läge überfahrenes Essen. Mum:
»Na du kannst ja noch lachen«
- ein Blick in mein Gesicht -
»Okay, wohl eher nicht.«
Wir fuhren nach Hause, ich zog seinen Pullover an, den er mir als Schuldbegleichung dagelassen hatte, und weinte. Als ich mich dann beruhigt hatte und meine Schulsachen für den kommenden Tag packte, schlug ich meine Zeugnismappe auf und sah, dass er mir sein Zugticket hineingelegt hatte. Ich habe mich so gefreut. Und gleich mal darauf geweint. Seitdem befindet sich dort ein Wasserfleck. Ich vermisste ihn schon ein paar Stunden nach dem Abschied so sehr, als wären es Jahre gewesen. Abends hatte ich gar keine Tränen mehr übrig. Ich saß einfach nur da, starrte die Wand an und fühlte mich leer.
Mir ging so vieles durch den Kopf in den nächsten Tagen. Mir fiel ein, dass ich ihm etwas auf dem Keyboard hatte vorspielen sollen, und es einfach mal nicht hinbekommen hatte, er mich daraufhin in den Arm nahm und meinte, er wüsste, dass ich das könne. Außerdem fing meine Mutter an, anders über ihn zu reden.
Allerdings werde ich es wohl nie vergessen, wie sie, nachdem Luke und ich in Dresden waren und sie mich fragte, wie ich es fand (»Schön«), um anschließend zu sagen:
»Du könntest das auch immer haben.«
Oh Mann, das tat so weh. Aber sie fragte mich sogar, ob sich das Warten lohne, und akzeptierte mein Ja. Als wir fernsahen, und der eine Protagonist seiner Freundin eine ewig haltbare Schneeflocke schenkte, woraufhin ich auch eine haben wollte, meinte Mum:
»Dein Freund ist fast Physiker, der bekommt das hin.«
Sie hat ihn tatsächlich als meinen Freund bezeichnet. Paar Tage zuvor war er noch mein »ich sag jetzt mal Freund«. So schnell konnte es gehen.
In der Schule sah man an jeder Ecke neue Pärchen. Eigentlich war das ja ganz süß, aber irgendwie nervte es einfach nur. Ich hätte sie alle töten können.
Da ich meine Tage eine ganze Woche zu früh bekam, war ich mir immerhin sicher, nicht schwanger zu sein und das machte mein Leben doch etwas angenehmer. Eigentlich war diese Angst ja ziemlich unbegründet, aber man kann ja nie wissen.
Nach der ersten Schulwoche war ich bereits so fertig, dass ich am Freitag sagte:
»Ich setze mich jetzt hin und bleibe hier, um zu sterben.«
Ich war so demotiviert, hatte keine Lust auf alles und jeden. Das Beste war, dass ich dann anfing, Luke da mit reinzuziehen, indem ich ganz pessimistische Nachrichten versendete. Das war lustig.
Am vorletzten Augusttag feierte ich pre-Christmas. Ich backte Plätzchen und sang Weihnachtslieder. Es war wirklich total wie Weihnachten, weil meine Eltern mich ständig fragten, was ich mir wünsche. Zum Geburtstag zwar, aber trotzdem. Das, was ich mir wirklich wünschte, konnte man allerdings nicht kaufen.
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* Ja, wir hatten einen ganz ganz großen Hang zur Romantik, *hust*