Einige hundert Jahre und über achtzig Kalender hatte Großkönig Odok das unbeschwerte Dasein seines Volkes genossen, als ihn während eines Festes, die Traurigkeit ereilte und ihn trübsinnig stimmte. Als erste Tränen die Augen des Großkönig verließen reihten sich seine Untertanen und fragten: "Herr, was ist mit euch? Habt ihr Grund zur Trauer?"
"In dieser Stunde.", antwortete der König den Tränenfluss stoppend, "Habe ich keinen Grund noch mehr salzgeliebtes Wasser zu vergießen. Doch mir ahnt, dass das Böse unseren Frieden wanken will und nach mir zu greifen ersucht. Die Zukunft betrübt mich."
"Herr ihr seid so Weise und doch von der nagenden Angst geprägt.", sagten die Ome,
"Kein Kalender ist uns trüb, wir erfreuen uns jeder Stunde. Sind kein Knecht von Mensch und Gott, sind frei als gäbe es nur uns. Ist das nicht Segen und Freudenanlass? Was mag einen weißen Herrscher wie euch dann zu diesem Kummer bewegen?"
"Es stimmt.", lenkte Odok ein, "Das ich ganz ungebunden an Mensch und Götter bin. Es stimmt auch, dass wir in Freiheit sind. Aber die Zeiten werden kommen, indem ich älter und schwächer sein werde, als alle Greise vor mir. Tamaschi -Gebieter aller Seelen und deren Ende- wartet nur darauf mir meine Seele zu nehmen und meinen Körper in die Teile zu teilen, die er einst gewesen war. Gibt es keinen Ausweg aus diesem Todesfluch und mir ein Leben gewährt, wie es die Wesen Akumas tun?"
Als die Ome diese Worte vernommen hatten, ergriff sie der Kummer des Königs und weinten bitterlich. Doch ein Ome, den Hitobi angehörend, ließ keine Träne frei. "Herr, ist es wirklich dies was euch bedrückt? Es scheint, das euer Herz zum Glauben an die göttlichen Mächte zurückgefunden hat. Unter allen Geschöpfen gibt es nur drei Arten, die Tamaschi zu trotzen wissen."
"Und welche sind es?", erwiderte Odok.
"Die Göttlichen, die Phönix und die Sorio, die Weisen die allen Bindungen entsagt haben.", antworte er demütig, "Nur diese Drei stehen außerhalb der Macht von Tamaschi. Sie haben Geburt doch ein Ende kenne sie nicht. Sie sind Himmel, Erde und Meer."
"Wo wird man sie finden?", fragte Odok.
"Die Göttlichen, die reinen und halben, findet man auf Erden nicht. Die Vögel des Fenikuso leeren nicht die ewige Lebenskraft, sie sind an der Macht und dem Leben ihres Meisters gebunden. Doch die Sorio sind frei und leben ewig, wie ihr es wünscht. Sie finden sich an entlegenen Orten. In Höhlen, zwischen verzauberten Hügeln."
Odok entzückte er als er diese Worte hörte: "Auf, auf so sei es, morgen werde ich auf Reisen gehen und die Sorio finden. Den Weg herabsteigen, den ich einst hier herauf genommen habe und mich wie der Himmel über Meer und Land hinweg setzen. Will es wagen von allen drei Wesen der Unsterblichkeit zu lernen und meine Reise beenden so jung wie ich immer war." Dieser Entschluss zeigte wie eins bei seiner Geburt, dass diesem Ome mehr inne wog, als allen anderen seines Geschlechts. Odok wagte den Schritt in die Unendlichkeit, sein Volk klatschte und feierte ihren Großkönig in einem rauschenden Fest. Das Bankett war so voll von Früchten, Blüten und Weinen, dass die Ome am nächsten Morgen nicht ein Mal merkten, als ihr Großkönig sich erhob und wortlos den Berg hinabstieg, dessen Aufstieg ihn einst zum Großkönig machte. Als er vom Wald aus das Meer sehen konnte, schlug er einige Bäume und band sie zu einem Floß. Zur Wegzerrung nahm er sich ein paar der Früchte von Fruchttragenden Bäumen und entriss dem Boden eine Bambusstange um rudern zu können. Ganz allein bestieg Odok das Floß, stieß kräftig ab und fuhr weit, weiter, weit auf das Meer hinaus. Günstige Winde führten ihn in den Süden, irgendwann erreichte er die Gewässer um die Hafenstadt Beischito. Odok prüfte das Wasser mit seinem Ruder und als er feststellte, dass es seicht war, verließ er sein Floß und gelangte an die Küste. Am Strand von Beischito waren allerhand Menschen, die fischten, Vögel schossen, Muscheln schöpften oder sich im warmen Wasser vergnügten. Als Odok auf sie zu lief und vor lauter Glück über die überstandende Reise jauchzte und jubelte, flohen die Menschen wie vor einem Tier das sie fressen wollte. Manche Menschen ließen bei ihrer Flucht die Körbe und Netze fallen und jene die in der Bucht schwammen ihre Kleider. Odok nahm welche der Kleider die ihm passten und schlüpfte selbst in sie herein. In seine neuen Gewänder gehüllt suchte Odok Beschito auf, er ahmte die Sitten und Sprache der Leute nach. Doch blieben die Gebräuche und das neue Wissen seinem Herzen fern, dies wollte allein die Unsterblichen finden und von ihnen geschult werden. Doch bald erahnte es Odok das im Umland von Beschito kein Wesen war, dass sich das ewige Leben wünschte und sie alle ihren Gegenwärtigen Nöten verfallen waren. So fand Odok in Beschito nicht, was er zu finden erhoffte.