Eines Tages, als Meister So Schukio und sein Schüler Odok in der Natur den abendlichen Himmel studierten, sagte So Schukio: "Mein wertester aller Schüler, wie geht es mit den Enchies voran."
"Ohne prahlen zu wollen, werter Meister, ich habe sie verinnerlicht und die Jikko eines Enchie bereits erreicht."
"Welche Ausführung eines Enchie hast du auf höchsten Niveau erlernt?"
"Das Springen."
"Lass es mich sehen.", bat Meister So Schukio
Odok atmete tief ein und aus, presste die Beine aneinander und katapultierte sich mit einem mächtigen Satz auf die Höhe der Wolken. In luftiger Höhe nutze er einige vorbeiziehende Krähen und Gänse als Trittbretter um luftig leicht durch den Himmel zu hüpfen, als würde er in einem Wasser planschen. Nach ein paar Minuten erreichte Odok den Boden und verneigte sich vor seinem Meister, als dieser ihm seine Bewunderung für die erbrachte Leistung aussprach.
"Meister sollte man es nicht Fliegen nennen, ich gelangte auf Höhen, die kein Vogel erreichen mag."
"Fliegen ist es nicht, du brauchst festen Boden um zu springen, ein Vogel braucht nur sich.", lachte So Schukio über die leichte Übermütigkeit seines Schülers. "Ein altes Sprichwort sagt: Ein schwarzer Lotus kann am nördlichen Eispanzer seinen Morgen beginnen und am Abend sich mit Korallen schmücken."
"Was meint ihr damit Meister?", fragte Odok das Sprichwort nicht verstehend.
"Das heißt, dass dein Jikko im weißen Lotus steht, übst du es werden die Blüten dunkler und du kannst Weiten erschließen, die höchste Übung einer jeder Jikko ist die des schwarzen Lotus, die neunzehnte Stufe."
"Woran mag ich erkennen, dass ich sie erreicht habe."
"Dann wenn du das Sprichwort nicht sprichst, sondern praktizierst."
"Das klingt schwer Meister."
"Nichts ist wirklich schwer in dieser Welt, es sind nur unsere Gedanken die diesen Anschein geben.", sagte Meister So Schukio trocken.
"Meister ihr seid so weiße, bitte unterweist mich, lehrt mich die Stufen bis zum Schwarzen Lotus dieser Jikko. Soviel habt ihr mich schon gelehrt, ich bin überzeugt, dass ihr mir dies auch noch lehren könnt. Tut mir den Gefallen."
Meister So Schukio seufzte ein wenig, sein Schüler war seit er erleuchtet wurde so wissbegierig und aktiv wie nie zuvor, aber erfüllt den Wunsch des Schüler, der ihn mit freudestrahlenden Blicken ansah. "Wenn ein schwarzer Lotus zu springen wünscht, setzt er sich mit gekreuzten Beinen hin und meditiert um Energie und Harmonie in sich aufzubauen. Ist die Energie vollkommen, richtet er sich in Windeseile auf und katapultiert sich wie du es tatest in die Luft. Nur das er es viel weiter vermag und ihm selbst ein Blatt oder eine Polle genügen würde, um einen neuen Sprung zu setzen."
Odok setzte sich hin und probierte es einige Male, ehe er sich an den Meister wandte: "Meister es will nicht klappen, was soll ich machen?"
Meister So Schukio betrachtete seinen Zögling kopfschüttelnd: "Über Jahre lebst und lehrst du bei mir und willst nicht dir verinnerlichen, dass jede große Macht an einen Zauber gebunden ist. Sprich das Enchie des Springens in deiner Mitte, balle deine Fäuste aneinander und entlade dich in einem einzigen Satz über hunderte von Kilometern weit."
Odok tat wie ihm geheißen und er schaffte es das Springen an diesem Abend noch als brauner Lotus zu vollenden.
Die anderen Schüler indes kicherten über Odoks vermeintliche Torheit, da sie ihn schon als zukünftigen Dauerboten des Meisters sahen. Doch begriffen sie nicht, dass die Enchie und die Jikko Grundlage dessen waren, nach was sie strebten.
Während Meister So Schukio und die anderen Schüler ihre Nachtlager aufsuchten, übte Odok seine Sprungkünste weiter und erreichte mit Anbeginn des Morgengrauens den Rang eines schwarzen Lotus. So erlangte er die Möglichkeit an die entlegensten Orte der Welt zu springen.