Liebe . . . Scheiße. Was soll ich damit? Das ist so ziemlich das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann! Was soll ich nur mit diesen Gefühlen anfangen, die Kristine in mir wieder hervor holt? Ich brauche sie nicht. Und ich will sie nicht!
Bisher habe ich das alles auch ganz gut so geregelt bekommen. Ich brauche niemanden. Schon gar niemanden, auf den ich Rücksicht nehmen muss. Oder der sich ungebetenerweise in meine Gedanken schleicht. In meine Träume. Die sind sowieso schon schlimm genug. Voller Selbstzweifel und Vorwürfen.
Aber Kristine gelingt das alles. Ob ich will oder nicht. Mein verräterisches Unterbewusstsein verselbstständigt sich und führt ohne meine Einwilligung ein Eigenleben. Und das Schlimme dabei: Wenn ich ehrlich bin, aus ganz tiefstem Herzen ehrlich, dann gefällt es mir.
Mir gefallen die Emotionen, die Kristine in mir weckt. Die leichte Gänsehaut, die schleichend meine Arme entlang kriecht, das schnelle, heiße Pulsieren in meinen Adern und die, blöderweise ziemlich weiblichen, und vor allem nervösen Schmetterlinge in meinen Bauch. Ich, als Mann natürlich, würde es eher als Vibrieren beschreiben. Wie das Erbeben des dröhnenden Motors meines alten Porsches oder des nagelneuen BMWs ... oder was weiß denn ich.
Ich hasse es, dass ich mir immer wieder aufs Neue überlege, wie ich ihr zufällig über den Weg laufen kann oder was ich sonst noch von Lisa oder Per brauchen könnte, nur um ein Gespräch mit ihr führen zu können oder nur einen kurzen Blick auf ihr wunderschönen, meist aber zurückhaltendes Lächeln zu erhaschen.
Und doch will ich es nicht. Kann ich es nicht. Und schon gar nicht möchte ich Hoffnung bei ihr wecken. Dafür bin ich innerlich zu kaputt. Ein emotionales Wrack. Das hat Kristine nicht verdient.
Unsere gemeinsame Nacht war ein idiotischer Fehler. Dass ich nicht rechtzeitig gegangen bin auch. Und der größte Fehler war, alles totzuschweigen. Mein größter Fehler.
Ich habe ihren verletzten Blick gesehen, auch wenn sie versucht hat, es vor mir zu verbergen. Sie ist eine furchtbar schlechte Lügnerin. Ihre traurigen Augen haben mich fast umgehauen. Vor allem, dass mir ihre Verwundbarkeit so einen heftigen, brennenden Stich versetzt hat. Das hat mich dann fast ein zweites Mal aus der Fassung gebracht. Ich, der sonst mit Pokerface und eisiger Gelassenheit alles an sich abprallen lässt.
Ich sollte mich von ihr fern halten. Sie durch mein ekliges, unnahbares Verhalten von mir wegstoßen. Abhalten. Um sie dadurch vor mir zu schützen.
Sie verdient Besseres. Nicht mich. Ich kann sie nur verletzen.