Branka kümmerte sich liebevoll um Michael. Sie vermieden das Thema Silvia und Branka spürte, das er auch nicht gefragt werden wollte, wie er denn darüber dachte. Bertl hatte ihr erzählt, dass er ihr noch zugeredet hätte und dass er sie eine Tussi genannt hatte, als sie von ihrem überzogenen Vorhaben nicht abrücken wollte. Michael, der immer so ein lustiger positiver Mensch gewesen war, konnte nicht verbergen, wie traurig er über den Verlust der beiden war. Sie hatten ihm alles bedeutet. Gut, es war schon klar, dass er sein Patent auch zurückstellen hätte müssen, wenn die beiden nicht gewesen wären, aber so wirkte Silvias Entscheidung noch undankbarer, noch mehr wie unverzeihlicher Verrat. Bertie machte kein Hehl daraus, dass er das so sah. Michael hatte ihm verziehen, dass er ihm den Brief vorenthalten hatte. Dank Brankas einfühlsamer Pflege in deren Genuss Michael täglich kam, war Michael nach fünf Wochen soweit, in eine Kuranstalt zur Reha entlassen werden zu können. Körperlich war er wirklich auf dem Weg der Besserung! Wie es in seinem Herzen aussah, kann man nur vermuten. Für ihn war der Verlust von Familie gleich einem Verlust des Lebenszwecks, zumindest eines großen Teiles davon, bedingt durch seine Jugend bei seiner lieblosen Mutter. Mittlerweile hatte Michael auch schon mit Mira und Mirko telefoniert und auch mit Horst hatte er schon gesprochen. Allerdings war aus dem lebensfrohen, immer gut gelaunten Sunnyboy ein ruhiger zurückhaltender und zur Zeit behinderter Mann geworden. Branka wusste, dass ihm sein Seelenschmerz fast körperliche Beeinträchtigungen bescherte. Er ging einfach nicht mehr in die Vollen. Auch nicht bei dem so wichtigen Training. Man konnte nur hoffen, dass die Reha noch Fortschritte bewirken konnte.
Silvia hingegen war völlig gesund, aber unglücklich. Sie hatte geglaubt, die Möglichkeit, ihr Sohn hätte bedroht sein können, wäre ihr Rechtfertigung genug für ihre Flucht aus der Beziehung mit Michael. Doch dem war nicht so! Im Gegenteil. Das schlechte Gewissen plagte sie in jede Richtung! Sie hatte Tommy seinen geliebten Beinahe-Vater genommen und ihn damit sehr unglücklich gemacht. Sie hatte geglaubt, Tommy würde schneller darüber hinwegkommen als sie... Er hatte all die Spielzeugteile, die Michael ihm in Porec gekauft hatte, mit einem Hammer zerschlagen. Er hatte geweint, getobt, geschrien und ging irgendwann dazu über Michael für den Verrat zu hassen. Einzig den kleinen Porsche Targa hatte er immer noch auf dem Regal über seinem Bett stehen. Silvia wagte nicht, ihn danach zu fragen. Wenn Tommy über Michael schimpfte, traf es Silvia besonders hart, wusste sie doch, dass alles nur ihre Schuld gewesen war und dass sie den armen Michael auch noch bei ihrem Sohn schlecht gemacht hatte. Und so als wäre das alles nicht genug, plagte sie die Sehnsucht nach ihrem so geliebten Partner, den sie so schändlich verraten hatte. "Wie kannst du ihn verteidigen?" fragte Tommy dann. "Früher haben wir jeden Tag zusammen gelacht. Jetzt höre ich dich nur mehr weinen! Und alles wegen dem blöden Michael, der einfach abgehauen ist. Ich möchte ihn nie wieder sehn! Nie wieder!"
Der gute Bertie, der alles zu einem "guten" Ende geführt hatte, kümmerte sich wieder um seine Arbeit und musste für Michael zahlreiche Erklärungen abgeben. Michael, der seiner Arbeit nicht nachgehen konnte, hatte keine Möglichkeit, bereits angenommene Aufträge zu erfüllen, geschweige denn seine Kundschaften zu betreuen. Bertie hatte bewiesen, dass er ein einzigartig guter Freund war, der alles für Michael getan hatte, was irgend möglich war. Er brachte Branka zum Flughafen. Er mochte sie sehr, allerdings wirklich nur auf freundschaftlicher Basis. Sie verabschiedeten sich herzlich in großem Respekt voreinander. Bertl würde Branka und Mira auf dem Laufenden halten. Er würde am Wochenende schon in die Kuranstalt zu Michael fahren, um ihn weiter mental aufzurichten...
Nach sechs Wochen Reha war Michael soweit, mit Bertls Hilfe endlich Horst zu besuchen. Die Freude beider Männer war groß und sie unterhielten sich lange. Horst erteilte Bertie den Auftrag, alles für die Übernahme seines Besitzes durch Michael vorzubereiten.
Michael hatte beschlossen, für ein, zwei Monate nach Kroatien zu ziehen. Mira hatte es ihm angeboten und da er nicht arbeiten konnte und über genug Geld verfügte, um gut leben zu können, hatte er angenommen. In dem milden Klima, würde er vielleicht schneller genesen und er freute sich auch auf Branka, die einfach einen guten Draht zu ihm hatte und ihn zum Körpertraining animierte, dass sein zusammengeflickter Körper so dringend brauchte. Eine Woche später brachte ihn Bertie mit dem Auto zu Mira. Er blieb ebenfalls ein paar Tage. Die Begrüßung war Filmreif und dieses Mal wurde auch Bertie ausgiebig geherzt. Bertie und Michael teilten sich die Dachsuite und als sie am ersten Abend schlafen gingen, schliefen sie beide im vorderen Zimmer. In der Dunkelheit und Stille der Nacht fand Michael endlich die Gelegenheit, Bertie zu danken. "Weißt du Bertie, ich hab das schon gewusst, dass du ein wirklich guter Freund bist, aber was du in den letzten Monaten geleistet hast, um deinen undankbaren, schwierigen Freund wieder auf den Weg zu bringen ist mehr als überdurchschnittlich und ich möchte dir sagen, dass ich mir dessen durchaus bewusst bin!" - "Geh, Michl, red do net so gschwoll'n daher, sonst fang i auf oamoi s' blatzn oh und des is kitschig! Woaßt, wia i des erste mal einikemma bin zu dir und zu deiner Beatmungsmaschin'... da hätt i am liabst'n plärrt! Aber des hätt dir net gholf'n. Also hab i mit dir gredt! Du hast des zwar net bewusst mitkriagt, aber i hab amoi ghört, das des guat is für Komatöse, wenn ma redt damit. Aber i woaß jetzt, für wen des guat war, nämlich für mi! I hab dir alles erzählt, was i als nächstes mach und dass du wieder gsund wirst, weil i des a braucht hab. Des hab i braucht, damit i des Richtige tua für di." - "Und du hast alles richtig gemacht, Bertie! Ich danke dir dafür!" - "Ja is scho guat, Michi! Und jetzt schlaf a mal, du Luschn! Guat Nacht!" - "Guat Nacht, Bertie!"