Nach gerade mal drei Stunden Schlaf, wurden die Geschwister wieder von Ululala geweckt. Erneut setzten sie sich zum meditieren hin und durchliefen erst die erste, dann die zweite Phase der Sphärenwanderung. Bald schwebten ihre Seelen, erneut an der Decke, des Raumes der Stille. Sie schauten etwas ratlos auf ihre Körper. Wie nur konnten sie diesem befehlen, mit ihren Seelen die Grenzen all der verborgenen Reiche des Omniversums zu überschreiten?“ Sie versuchten sich auf ihren Körper zu konzentrieren, ihn mit ihrer Willenskraft durch den bunten Tunnel zu ziehen, der sich erneut vor ihnen auftat, um sie in eine andere Sphäre zu bringen. Doch nichts geschah. „Wir könnten wirklich etwas Hilfe gebrauchen“, sprach Benjamin und…in diesem Moment wurde seine Seele auf einmal weggezogen, an einen unbekannten Ort!
Die beiden Geschwister fanden sich wieder in einer herrlichen, grünen Welt, mit Hunderten von Blumen und gewaltigen, mit Schlingpflanzen, behängten Bäumen. Alles schimmerte in einem seltsamen güldenen Licht. Dieses Licht, schien alles wie ein leuchtender Schleier zu durchdringen. Vögel sangen fröhlich und obwohl die Geschwister keinen Körper hatten, rochen sie die würzige Luft, spürten den leichten Windhauch, der Gräser und Blätter sanft streichelte.
Willkommen in meiner Weissdornhecke!“ sprach eine glockenhelle Stimme. Vor ihnen stand die wunderschöne Fee Isobia! Sie sah jetzt noch viel strahlender aus, als das erste Mal, wirkte fast durchsichtig und war ganz in Weiss gekleidet. Farbige Lichtschleier umhüllten sie, diese schiene aus ihr selbst heraus zu strömen. Ihre vollkommene Schönheit, blendete die Geschwister förmlich. Lächelnd sah diese sie an und sprach: „ Seid gegrüsst, meine jungen Freunde!" Pia und Benjamin waren so erstaunt, dass sie im ersten Moment keinen Ton herausbrachten. „ Du siehst so anders aus, als bei unserer ersten Begegnung,“ stellte das Mädchen schliesslich fest. „ Ja, das ist mein Ätherkörper. Er ist feinstofflicher als jener, den ihr damals gesehen habt.“ Ich kann euch in dieser Form besser zur Seite stehen, wenn eure Geister vom Körper getrennt sind. Ist dein Geist auch vom Körper getrennt gerade?“ fragte Benjamin. „ Nein, bei mir verhält es sich etwas anders, ich kann mich materialisieren oder de-materialisieren, wie es mir beliebt.“ „ Bist du mächtiger als Ululala?" fragte Benjamin. Die Fee erwiderte: „ So kann man das nicht sagen, doch ich habe andere Fähigkeiten. Ich kann überall eure Begleiterin sein, denn ich kann jede beliebige Gestalt annehmen. Meine Seele ist nicht an einen Lebensraum gebunden." „Aber wenn du doch so gewaltige Fähigkeiten hast, warum braucht es dann noch solche wie uns, um das Omniversum zu retten?“ „Weil ich nur sehr beschränkt in die Geschicke selbigen eingreifen kann. Ich bin eine Wanderfee, wie ihr wisst. Wanderfeen können nicht lange am selben Ort bleiben.“ „Aber du könntest doch wenigstens schauen, wo sich die Viertel des Medaillons der Naturgewalten befinden.“ „Diese Dinge bleiben auch mir verborgen und das ist gut so, denn die Macht des Medaillons in den falschen Händen, könnte schlimme Folgen auslösen. Es ist euer Auftrag! Darum bin ich auch da, um euch zu helfen, so gut ich es eben kann. Wollt ihr diese Hilfe annehmen, oder nicht?“ „Aber natürlich!“ riefen die Geschwister. „Wir wissen wirklich nicht wo anfangen.“
„Es ist der Glaube, der euch fehlt, der Glaube an eure Möglichkeiten und eure Bestimmung. Dabei habt ihr doch schon so viel erlebt. Bedenkt, was der Herr der Finsternis über euch sagte, bedenkt das Malek euch gerade deswegen jagt.“ „Vielleicht irren sich auch alle und wir sind nicht die Auserwählten,“ gab Benjamin zu bedenken. „Oh doch, glaubt mir, ihr seid es! Ihr tragt ein Zeichen, ein Zeichen, das ihr selbst noch nicht sehen könnt, aber andere können es. Ich z.B. sehe dieses Zeichen. Schon bei eurer Geburt, wurde euch dieses Zeichen gegeben. Kommt mit zu jenem Teich dort und seht selbst!“ „Wir haben kein Zeichen, das wäre uns doch aufgefallen!“ sprach Pia. „Seht richtig hin!“ wies sie die Fee an.
Die Geschwister blickten in das glasklare Wasser, eines dunkelblauen, tiefen Teiches, welcher wahrlich wie ein Spiegel wirkte. Sie erkannten ganz klar ihr Spiegelbild. „Ihr habt das Zeichen auf der Stirn“, sprach die Fee erneut. „Da ist aber nichts.“ „Konzentriert euch, verbindet euch mit der Tiefe eures Herzens. Das Herz wird euch die Wahrheit stets weisen. So wie es euch bis hierher gebracht hat.“ Die Geschwister versuchten zu befolgen, was die Fee ihnen sagte. Pia fiel es etwas leichter, ihre vorgefassten Gedanken und Meinungen, beiseite zu schieben und sich einfach auf die Kraft ihres Innersten zu besinnen. Dieses Innerste wurde Herz genannt, aber es war viel mehr als ein blosser, pulsierender Muskel, denn sie war nun ohne Körper. Dieses Herz war der Sitz des tiefsten Seelenkerns, jenes Lichtes, das alle Lebewesen miteinander verband. Das war dem Mädchen ganz klar, während Benjamin noch über die Bedeutung des Wortes „Herz“ nachgrübelte. So erkannte Pia auch als erste, einen seltsamen, goldenen Schimmer auf ihrer Stirn. Dieses nahm immer mehr die Form einer kleinen Sonne an, welche hell strahlte und ihr Licht durch Pias ganzes Wesen pulsieren liess. Es war…das Zeichen! Sie trug wahrhaftig ein Zeichen!
„Da ist es! Ich sehe es! Jetzt auch bei dir Benjamin! Siehst du es auch?“ Der Junge, welcher sehr überrascht war, versuchte es nochmals. „Lass einfach alle hinderlichen Gedanken los!“ sprach die Fee. „Du kannst es, denn diese Fähigkeit wurde dir in die Wiege gelegt. Du bist ein Kind der Ewigen Sonne, verbinde dich mit dieser wundersamen Qualität und dann sieh!“ Und dann auf einmal gelang es Benjamin! Er besann sich auf die Sonne, welche für das Licht des Ewigen stand. Tatsächlich! Er selbst war mit der Sonne gezeichnet worden. Und diese schimmerte nun golden auf seiner Stirn….!
„Sehr gut,“ sprach die Fee „Nun da ihr wisst, das ich die Wahrheit spreche, können wir weitermachen. Der Anfang war gar nichts schlecht. Ihr habt versucht, euren Körper durch den Sphärentunnel mitzuziehen. Doch ihr glaubt nicht wirklich, dass euer Körper das kann. Darum müsst ihr ihn so mit eurem Geist durchtränken, dass er selbst seine grobstoffliche Form einen Moment lang aufgibt und feinstofflich wird. Ihr seid Eins mit allem, bedenkt das, alles ist Eins und alles ist veränderlich. Nichts ist so fest in Gesetze eingebunden, dass sich diese Gesetze nicht für einen Moment lang auflösen liessen. Doch das können die Menschen nicht glauben. Sie haben sich ihre grobstoffliche Welt, eigentlich selbst erschaffen. Es wird alles, wie man es denkt. Wenn man von Angst, Unsicherheit und Unfrieden erfüllt ist, wird auch die Welt, in der man lebt, so sein. Ist man aber von Liebe und Licht durchdrungen, wird auch alles um einem herum zu Liebe und Licht werden. Diese materielle Welt, in der ihr lebt, ist eine Folge eures lange gepflegten und gehegten Gedankengebäudes. Ihr könnt nur Licht in die Welt tragen, wenn ihr selbst Licht seid, ihr könnt nur Liebe in die Welt tragen, wenn ihr selbst zu Liebe werdet. Ihr habt dazu besondere Voraussetzungen erhalten, denn es wird sich vieles verändern im Omniversum und das Böse wird nicht schlafen, weder jenes das der Herr der Finsternis verkörpert, noch jenes in den Geschöpfen selbst. Ihr werdet das noch sehen und erleben. Doch dann werdet ihr dafür gewappnet sein, weil ihr die Sphärenwanderung beherrscht und eure Mission antreten könnt. So kehrte nun mit mir in den Raum der Stille zurück und versucht mit dem ganzen Licht, der ganzen Kraft, die euch innewohnt, euren Körper zu verändern!
Als die drei zurück im Raum der Stille war, versuchten die Kinder es nochmals. Sie konzentrierten sich auf ihren Körper, versuchten ihn, mit ihrem Bewusstsein zu verändern. Doch es tat sich nichts. „Versucht euch vorzustellen, euer Körper wäre nicht mehr „nur“ eine materielle Hülle!“ wies sie Isobia an. „Denkt, dass er mit eurem Geist verschmilzt, dass er und der Geist Eins werden! Der Geist ist der Herrscher, er kann den Körper nach seinen Vorstellungen gestalten. Nicht der Körper beherrscht den Geist. Werdet euch dessen ganz tief in eurem Innern bewusst! Ihr seid bereits soweit gekommen, dass sich euer Geist unabhängig vom Körper bewegen kann. Damit ist schon ein entscheidender Schritt getan. Doch nun ist es an der Zeit, dass ihr lernt euren Körper zu de-materialisieren und an einem anderen Ort wieder zu materialisieren. Nehmt euch auch ein Ziel vor, wo eurer Körper sich wieder materialisieren soll! Das ist wichtig, damit ihr die Verbindung zu ihm nicht ganz verliert und ihn dann nicht mehr materialisieren könnt. Ihr braucht dieses Gefäß noch, um eure Aufgabe zu erfüllen. Genauso wie der Körper auch euren Geist braucht, um nicht zu sterben. Das erste Mal ist es sehr schwierig, aber wenn ihr es erst mal beherrscht, dann wird es mit der Zeit immer selbstverständlicher und einfacher, bis es so leicht für euch geworden ist, wie atmen.“ „Ich kann mich einfach nicht von meinen Vorstellungen lösen“, klagte Benjamin. „Ich denke immer zu viel und ich kann es einfach nicht recht glauben, dass der Körper so einfach zu de-materialisieren ist.“ „Ich verstehe das, doch versuche all die Gedanken, die du dein Leben lang gepflegt hast loszulassen. Einfach nur loslassen und nichts erzwingen wollen. Einfach glauben, dass der Körper veränderbar ist!“
Doch noch fiel es Benjamin und auch Pia sehr schwer, das zu tun, denn sie waren es gewohnt, daran zu glauben, dass einige Dinge einfach festgeschrieben waren und sich nicht so einfach verändern liessen. Dazu kam noch die Angst davor, was passieren konnte, wenn sie den Körper nicht wieder zu materialisieren vermochten. Das alles beeinflusste sie und nagte an ihnen.
In den kommenden Tagen und Nächten, war die wunderschöne Fee Isobia stets an der Seite der Geschwister. Sie unterwies sie in vielen geistigen Gesetzen. Sie liess die Geschwister Visionen erblicken, die voller Schönheit und Vollkommenheit waren, zeigte ihnen verschiedenste Beispiele von Wesen, die es einst geschafft hatten, ihren Körper durch ihren Geist so weit zu bringen, dass sie beinahe überallhin reisen konnten, wo es ihnen beliebte, mit einigen Ausnahmen. Besonders im Reich der Märchen, Sagen und Legenden, gab es einige Magier, welche das schon beinahe bis zur Vollkommenheit geschafft hatten. Dazu gehörte auch Ululala. Er war schon hunderte von Jahren alt, hatte schon den größten Umwälzungen in den Welten beigewohnt, verschiedenste Schlachten gegen das Böse gewonnen. Er entstammte einem uralten Magier- Geschlecht das, wie man sagte, aus der göttlichen Welt kam und beauftragt wurde, die Geschicke der niedrigeren Welten, zum Positiven zu beeinflussen. Natürlich gab es unter diesen grossen Magiern aber auch die Irregeleiteten, welche ihre Macht missbrauchten und so dem Bösen anheimfielen. Ululala hatte auch schon viele wichtige Kämpfe gegen diese dunklen Magier gewonnen. Doch nun, so erzählte Isobia den Geschwistern, sei Ululalas Zeit schon bald abgelaufen. Alles hatte sich verändert, die alte Ordnung war drauf und dran einer neuen zu weichen und die Turner Kinder hatten in dieser neuen Ordnung, eine wichtige Position inne. Welche aber genau, das konnte ihnen die Fee nicht sagen, oder… sie wollte es ihnen vielleicht auch einfach nicht sagen.
All die Geschichten die die Jugendlichen hörten, die Visionen die sie erblickten, halfen ihnen sehr bei ihrer Aufgabe. Sie erfuhren mehr über die Schöpfung und den gewaltigen Schöpfergeist, der alles durchdrang und so voller Liebe und Licht war, das es sie zu Tränen rührte. Ja dieses grosse Licht, war stets an ihrer Seite und es würde ihnen den Weg weisen. So wuchsen das Vertrauen und die Liebe der Geschwister und damit auch ihre Möglichkeiten ihren Körper mehr und mehr zu beeinflussen. Isobia gab ihnen noch zusätzliche Hilfestellung, indem sie etwas des glitzernden, goldenen Feenstaubs, von welchem sie den beiden auch einst ein Säckchen geschenkt hatte, über die materielle Hülle der Jugendlichen streute. „Dieser magische Staub, wird es eurem Körper etwas erleichtert sich zu de-materialisieren“, erklärte sie. Die Jugendlichen glaubten ihr und ohne jemals sicher zu wissen, ob dieser Glaube es ihnen ermöglichte, oder der Feenstaub tatsächlich eine besondere Wirkung hatte, da gelang es ihnen auf einmal!!
Es war bereits die Nacht des sechsten Tages, als Ululala auf einmal durch eine seltsame Veränderung in seiner Umgebung, aus seiner unermüdlichen Meditationswache, neben seinen Schützlingen erwachte! Die Luft um ihn herum, schien auf einmal seltsam zu vibrieren, es war als ob stetige Wellen von den Körpern der Geschwistern ausgehen würden. Ululala, welcher es gewohnt war auf alle Veränderungen im Sichtbaren, wie Unsichtbaren zu achten, starrte auf die Leiber von Pia und Benjamin. Es war als verschiebe sich etwas, im sichtbaren Umfeld. Die Körper pulsierten seltsam, wie das flackernde Licht einer Kerze im Wind. Ululalas Aufmerksamkeit war nun bis zum Äussersten geweckt und er begann leise Worte zu murmeln, um die Geschwister, in ihrem Vorhaben, ihren Körper zu de-materialisieren zu unterstützen. Er erbat den Schutz der grossen Elementarfürsten- den Schutz des allmächtigen Lichtes, der Ewigkeit. Er wusste, dies war ein sehr sensibler Moment, hoffentlich hatten sich die Geschwister ein gutes Ziel vorgenommen. Der Zauberer wusste, das Isobia ihnen zur Seite stand. Ihm war das leider nicht in diesem Masse möglich, er musste auf die Körper der beiden aufpassen. Schon so manches seltsame Geistwesen hatte sich dafür interessiert, aber er hatte sie stets wieder weggeschickt, mit den Worten: „Die Zeit dieser Kinder, ist noch nicht gekommen, weichet!“ Die Geister hatten ihm gehorcht. Er musste dennoch stets wachsam sein. Nun aber, war ein besonderer Augenblick gekommen! Es schien, als ständen Pia und Benjamin, ganz nahe vor ihrem Ziel und dann, auf einmal… verschwanden die beiden Körper, lösten sich einfach auf!
(noch eine kurze Anmerkung zum Schluss: Das was hier diesen beiden Kindern möglich gemacht wurde, sollte im realen Leben keinesfalls ausprobiert werden. Ich weiss, es gibt Menschen, die sowas anstreben, oder ausserkörperliche Erfahrungen erleben wollen. Doch das kann grosse Gefahren für die Psyche beinhalten, wenn der Geist dazu noch nicht die nötige Reife besitzt und man versucht etwas zu erzwingen. Das wollte ich noch sagen)