Was sollte dieses Treffen? Dieses Rendezvous im Schatten? Warum bestellte Stephen einen Meisterdieb ein, der ihm scheinbar zuwider war? Offenbar verbarg sich dahinter ein tieferer Sinn. Doch Kathy vermochte ihn nicht zu finden.
Erst Stephen zerriss mit seinen Worten die fast schon dämonische Ruhe.
"Es ist schwer eine Geschichte anzufangen, die keinen Anfang kennt.", begann der Detektiv, noch immer uneins darüber welche nun die richtigen Worte seien um der Wahrheit Genüge zu tun.
"Es ist so, dass in Felix Gehirn nicht nur die Welt der Krimis herrscht, sondern auch diejenige der Fantasy. Eine friedliche Koexistenz herrschte über Jahre hinweg, doch dann trat sie in diese Geschichte ein: Melanie.", Dabei wies Stephen auf ein Foto, welches er aus einem Aktenordner gezogen hatte. Es zeigte eine schwarzhaarige Schönheit mit smaragdgrünen Augen. Sie mochte so alt wie Stephen gewesen sein und dieser war kaum älter oder jünger als Kathy selbst. Kathy ergriff das Foto und betrachtete es eingehender. Melanie war wirklich attraktiv: Große Augen, sinnliche Lippenform und eine makellose Haut. Sie war sicher ein Zankapfel für viele männliche Wesen und Kathy hätte eine solche Person nicht in Felix Kopf erwartet.
"Was ist mir ihr?", fragte Kathy unwissend.
"Noch hat Felix sie in keinem Werk erwähnt, aber er macht keinen Hehl daraus, dass sie der verabscheuungswürdigste aller Charaktere, nein aller Gedanken seines Kopfes ist. Geboren wurde sie einst um mir in meinem letzten Fall einen Gegner zu präsentieren, der bereit war alles zu tun um seine Ziele zu ergattern. In der Tat ist Melanie genau diese Art von Mensch. Ein gieriges und bis ins Mark schlechtes Wesen, gebaut aus den Menschen die Felix verletzten, schockierten und anwiderten. An sich wäre sie in den Bereichen der Kriminaliteratur geblieben und nach ihren Auftritten verschwunden. Doch Melanie weiß um ihre Vergänglichkeit und versucht nun die Geschichte bzw. die Geschichten neu zu schreiben. Das beinhaltet nicht nur die Stephen Kiel Reihe, auch im Bereich der Fantasy oder in Felix Erinnerungen will sie Veränderungen vornehmen. Weitgreifende Veränderungen, die selbst seinen Charakter auslöschen könnten, in dem sie dann ihr bösartiges Wesen zu pflanzen gedenkt."
"Aber sie alleine, sollte doch aufzuhalten sein?", entgegnete Kathy mit Unwohlsein im Magen.
"Ganz Recht wenn sie denn allein wäre. Sie hat es geschafft auf allen Seiten: Krimi, Fantasy, ja selbst in der Welt der Erinnerungen Verbündete zu finden. Doch stehen ihr in jedem dieser Bereiche auch mindestens genauso viele Charaktere gegenüber. Selbst so noch wäre es ein leichtes gewesen sie zu stoppen. Wenn auch mit längerem Zeitaufwand verbunden. Aber sie hat selbst hierfür eine Lösung gefunden.", Stephen holte noch ein Mal tief Luft, seine Ausführungen gelangten zum dramatischen Höhepunkt. Die kurze Pause, welche er setzte, verfehlte ihre Wirkung nicht und erzeugte eine dramatisch knisternde Atmosphäre, "Sie hat es geschafft ihren Charakter umzuschreiben. Sich selbst zu verändern. Zu einem noch gefährlicheren, mächtigeren und kaum zu bezwingenden Wesen."