Ich hoffte, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch es war keiner, das wurde mir jeden Tag aufs Neue klar.
Ich erkannte nur den kalten Raum mit den grauen, dreckigen Wänden.
An der Decke hatte der Regen Wasserflecken zurückgelassen, auf denen sich Schimmel bildete.
Der eiskalte Boden, auf dem ich kniete, hätte mich krankmachen müssen. Vielleicht war ich krank. Ich fühlte mich schlecht, doch so ging es mir seit geraumer Zeit.
Wie lange war ich überhaupt schon hier? Ich wusste es nicht. Es mussten Wochen sein.
Meine Hände waren gefesselt und mit einem Seil an einen Haken an der Wand angebunden worden. Das Seil hatte mir die Gelenke wundgerieben, sie blutig gescheuert.
Das Fenster, durch das Licht hätte strömen können, war mit Brettern zugenagelt worden. Ich wusste nicht mal, ob es Tag oder Nacht war. Ich hatte mein Zeitgefühl verloren.
Ein einziger Gedanke hielt mich aufrecht.
Suchte die Polizei nach mir? Suchten Kai, Ray und all die anderen nach mir? Würden sie mich bald finden?
Ich musste jeden Tag davon ausgehen, dass ich den nächsten nicht mehr erleben würde. Ich wusste nicht, wieso ich noch lebte.
Der Mann, der mich entführt hatte, war vermutlich kein vorsätzlicher Mörder. Ihm rutschte oft die Hand aus, doch er schien nicht wirklich zu wissen, was er überhaupt tat.
Er war krank. Wenn ich zu viel sagte, dann verlor er die Kontrolle über sich.
Jedes Mal, wenn die Türe aufgerissen wurde, zuckte ich zusammen.
So war es auch in diesem Moment, doch er schien fast schon guter Stimmung zu sein.
Er schob mir einen Teller vor die Knie und löste das Seil von der Wand.
Ich sank zu Boden, konnte mich kaum aufrecht halten, denn ich hatte schon lange nichts mehr gegessen.
Er vergaß es oft, doch nun warf er einen Löffel in den Teller, in dem offenbar Suppe war.
„Iss“, ordnete er an.
Nun, das musste er mir nicht zwei Mal sagen, denn ich hatte unglaublichen Hunger.
Ich legte den Löffel beiseite, nahm den Teller in meine Hände und trank die Suppe in einem Zug leer.
Schmerz schoss durch meine Gelenke, als ich sie bewegte. Die Fesseln waren kein einziges Mal abgenommen worden, seitdem er mich entführt hatte.
Ich hörte ihn sagen, dass die Polizei eine neue Spur verfolgte.
Ich fragte ihn, was er jetzt tun würde.
Er warf mir nur die Zeitung vor die Füße und mein Blick fiel auf die Titelseite.