Für Sharmaya: Alles Gute zum Geburtstag!
Die Sonne war gute zwei Handbreit über den Horizont gestiegen, als Jorunn und Rúna ihr Morgenmahl beendeten. Die Heilerin überließ es der jungen Frau, danach das Grubenhaus in Ordnung zu bringen und den Boden zu fegen. Doch gleichzeitig trug sie auch Sorge, dass die Pflege von Rúnas Wunden nicht vernachlässigt wurde. Aus einer ganzen Handvoll Melkfett und einer guten Portion getrockneter Ringelblumen und Schafgarbe hatte sie eine Salbe zusammengerührt, die nicht nur die Heilung begünstigte, sondern die empfindliche Haut der Narben weicher und geschmeidiger machen sollte. Gerade hatte sie die zurückhaltende Sklavin überzeugt, dass diese die morgendliche Wundpflege noch eine ganze Weile bekommen musste, und war dabei, die helle, fettige Paste auf Rúnas Rücken zu verteilen, als es an der Holztür klopfte.
"Bleib liegen", brummte die überraschte Jorunn und drückte Rúna sanft zurück auf ihr Lager, als sich diese schnell bedecken und dann zur Tür eilen wollte. "Wir sind hier noch nicht fertig!"
Ein wenig schwerfällig erhob sich die Alte und öffnete selbst dem frühen Besucher. Als sie sah, wer da vor ihrer Hütte erschienen war, zog sie die Tür sorgfältig hinter sich zu. Noch war es nicht an der Zeit, Thorstein einen Blick auf die halb nackte Rúna zu gewähren. Bevor Jorunn das zuließ, sollte sich der aufbrausende Krieger erst einmal vor ihr bewähren.
"Ich bin gerade bei der Arbeit und kann dich nicht ins Haus bitten", ließ Jorunn ihn vage wissen. "Wenn du etwas möchtest, wirst du es mir hier sagen müssen." Die Alte ließ keinen Zweifel daran, dass Thorstein sie gestört hatte, was auch immer sie an diesem Morgen gerade trieb. Der Steuermann spürte jedesmal eine leichte Beklemmung, wenn er mit der Völva sprechen musste. Einerseits bewunderte er ihre heilerischen Fähigkeiten, andererseits verfügte sie aber auch über die Gabe einer Seherin, was sie für ihn undurchschaubar und gefährlich erscheinen ließ. Die Macht dieser Frau war einfach unheimlich. Also ließ sich Thorstein nicht anmerken, dass er die Unhöflichkeit Jorunns bemerkt hatte.
"Ich wollte mich gern nach Rúna erkundigen", gab er höflich zu. "Immerhin gehört sie ja noch zum Moorseehof und ich bin somit auch für sie verantwortlich." Das amüsierte Blitzen in den Augen der Völva entging dem aufgeregten Krieger völlig. "Ich möchte sie gern sehen und hören, wie es ihr geht", fuhr er fort. Doch das hatte sich Jorunn bereits gedacht. Ein wenig spöttisch hieß sie den großgewachsenen Mann auf der kleinen Bank neben ihrem Häuschen Platz nehmen.
"Sobald wir fertig sind, schicke ich sie zu dir", gab sie sich liebenswürdig. "Dann kannst du selber sehen, welche Fortschritte sie gemacht hat." Im Stillen nahm sie sich vor, Thorstein noch ein wenig warten zu lassen. Zuerst wollte sie Rúna auf den unerwarteten Gast vorbereiten. Dass ihr Schützling vor dem Krieger Angst hatte, lag für die Heilerin auf der Hand. Also eilte sie zurück ins Innere der Hütte und nahm die Pflege von Rúnas Rücken vorsichtig wieder auf. Geruhsam massierte sie das Fett in die Haut der jungen Frau ein, während sie ruhig den Namen des Besuchers und dessen Anliegen zur Sprache brachte. Wie erwartet, verspannten sich Rúnas Rückenmuskeln sofort, als sie von Thorsteins Anwesenheit hörte. Doch die Völva nahm sie weiter Zeit, auch diese Anspannung mit ihren warmen Händen zu lösen.
"Du musst nicht mit ihm gehen, Rúna", ließ sie die junge Frau wissen. "Er ist heute nur gekommen, um nach dir zu sehen. Unsere Vereinbarung, dich in den kommenden zwei Monden bei mir auszubilden, gilt nach wie vor. Da kann auch ein Schiffslenker nichts dagegen machen." Sie lachte leise und spürte, wie die Muskeln unter ihren Händen nachgiebiger wurden. "Lass dir ein wenig Zeit und stell dich auf Thorsteins Anblick ein. Lass dir deine Furcht nicht zu sehr anmerken!", riet ihr die Alte. Sie wischte ihre fettigen Hände an der Schürze ab. Dann reichte sie Rúna ihr Unterkleid. "Zieh dich in Ruhe an und richte auch deine Haare. Thorstein soll dich von deiner besten Seite sehen. Und dann, wenn du dir deiner sicher bist, geh einfach zu ihm und höre dir an, was er zu sagen hat."
Das Ratschläge der Völva waren gut gemeint. Doch Rúna war sich ihrer ganz und gar nicht sicher, als sie wenig später das hölzerne Türblatt aufschob. Thorstein war so abweisend gewesen, als sie den Moorseehof verlassen musste. Würde er ihr jetzt sagen, dass sie nicht zurückzukommen brauchte? Und, andererseits, wollte sie überhaupt zurück? Doch gab es überhaupt einen anderen Weg?
Thorstein stand mit dem Rücken zu ihr und starrte zum Meer. Viel konnte man von der endlosen Wasserfläche nicht sehen, das wusste Rúna. Zu viele Bäume verdeckten den freien Blick. Nur ein wenig Blau schimmerte durch das allumfassende Grün des Küstenwaldes. Dennoch schien der Blick des Steuermannes weit in die Ferne gerichtet. Dann, als die Tür leise hinter ihr zufiel, erwachte der Mann aus seiner Abwesenheit und wandte sich zu ihr um. Ein wenig erschrak Rúna, als sie die Veränderung in Thorsteins Gesicht sah. Offenbar hatte der Krieger tagelang gewacht oder getrunken. Seine Haut war grau, wie in ihren ersten Tagen auf dem Hof und die Augen gerötet. Dennoch traf sie sein forschender Blick, als er sie musterte und sie senkte unwillkürlich den Kopf, wie sie es gewohnt war.
"Ihr wolltet mich sehen, Herr?", murmelte sie leise, darauf vertrauend, dass der Mann vor ihr ein gutes Gehör hatte. Bei Ári hätte ihr ein solches Flüstern eine Ohrfeige eingebracht, das wusste sie. Doch Thorstein mochte es leise, auch das hatte sie gelernt.
Thorstein stand reglos vor der jungen Frau und konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Endlich war sie wieder bei ihm! Er konnte es kaum erwarten, sie in seine Arme zu ziehen und all die vergangenen Dinge ungeschehen zu machen. Doch dann, als sie ihn förmlich mit "Herr" und "Ihr" ansprach, wie kurz nach ihrem Eintreffen auf dem Moorseehof, erinnerte er sich auch an ihre letzte Zurückweisung. So einfach, wie er es sich vielleicht wünschte, würde es nicht werden, sie für sich zu gewinnen. Der Steuermann atmete tief durch. Er wollte Rúna für sich! Also musste er jetzt tun, was auch immer nötig war, um sie zurückzuholen.
Die Anspannung in ihrer ganzen Haltung entging ihm bei seiner genauen Betrachtung nicht. Sie hatte Angst, Angst vor ihm! Doch wenn er ganz ehrlich war, konnte es auch gar nicht anders sein. Jede Frau, und noch dazu eine abhängige Sklavin wie Rúna, musste sich vor einem Schläger wie ihm fürchten. Doch Thorstein wollte nicht, dass sich diese Frau vor ihm fürchtete. Sie sollte ihn anlächeln und freudestrahlend auf ihn zu laufen, wenn er zu ihr kam. So und nicht anders stellte er sich ihre gemeinsame Zukunft vor. Also gab er sich Mühe, sie nicht noch mehr einzuschüchtern.
Bedachtsam trat er ein paar Schritte näher, aufmerksam beobachtend, ob er dabei eine unsichtbare Grenze überschritt. Dann, als er sah, dass Rúna sein Näherkommen duldete, sprach er leise ihren Namen aus. Der wachsame Blick, der ihn daraufhin traf, war zumindest besser als ihr gesenkter Kopf.
"Ich wollte gern nach dir sehen, um sicher zu sein, dass es dir gut geht, Rúna", brachte er sein Anliegen vor. Und als sie schwieg, wiederholte er noch einmal: "Geht es dir hier gut, Rúna?"
Thorstein sah, dass Rúna sich straffte. Ihre Brust hob und senkte sich heftig, bevor sie antwortete: "Ja, es geht mir gut, Herr. Die Wunden heilen problemlos." Wieder senkte seine Sklavin den Kopf und wartete scheinbar empfindungslos auf das, was er ihr noch zu sagen hatte. So hatte er sich immer die perfekte Dienerin vorgestellt, demütig, ohne unnötige Fragen zu stellen oder ohne sinn- und verstandlos zu schwatzen, wie es viele Frauen aus seiner Sicht taten. Dennoch war ihm das erneute Schweigen auch nicht recht. Und es störte ihn, dass sie sich wie Fremde hier vor Jorunns Haus gegenüberstanden. So wurde das nichts!
Thorstein trat noch ein wenig näher in der Hoffnung, dass Rúna nicht sofort zurückweichen würde. Wie schön wäre es, jetzt mit ihr über die Hügel zu laufen, die zu seinem Hof gehörten. Weit hinauf in die Berge! Es wäre leichter, von dort aus ins Land zu sehen und ihr dabei zu sagen, was er für sie empfand. Hier, vor den lauschenden Ohren der Völva fühlte sich Thorstein unwohl.
"Lass uns ein wenig an den Strand gehen!", bat er. "Ich möchte, dass du mir erzählst, was du bei Jorunn für Aufgaben hast und welche Pläne sie für dich gemacht hat." Nachdenklich musterte er noch einmal die stille Rúna. "Du darfst mir doch sagen, was du hier tust, oder?"
Die letzte Frage ließ Rúna ein wenig lächeln. Glaubte Thorstein wirklich, das bisschen Kräutertrocknen und Tee zubereiten wären geheim? Sollte sich hinter dem Sieden von Seife ein Mysterium verbergen? Als sie nickte und sich bereits ein wenig dem Strandweg zuwandte, lag noch immer ein Hauch von Belustigung in ihrem Gesicht.
Wie schön sie doch war, wenn sie lachte! Mit einer einladenden Handbewegung gab Thorstein ihr den Weg vor. Dann, als der schmalen Pfad von der Hütte in den breiteren Hauptweg mündete, ging er entschlossen neben ihr. "Nun, Rúna, erzähl es mir", forderte er sie auf. "Erzähl mir, wie es dir ergangen ist, seit du auf diesen unsäglichen Ochsenkarren gestiegen bist."
Dass Thorstein das Gefährt, mit dem sie in die Siedlung gebracht worden war als "unsäglich" bezeichnete, irritierte Rúna. Konnte es der Mann wirklich bedauern, dass man sie weggebracht hatte? Dann aber sah sie erneut sein verschlossenes Gesicht vor sich und sein knappes Abschiedsnicken. Da war kein Gefühl in seiner Geste gewesen, gar nichts!
Ein Anflug von Trotz machte sich in der jungen Frau breit. Was wollte Thorstein sich oder ihr hier eigentlich beweisen? Dass sie es bei ihm besser gehabt hatte? Oder wollte er sich vergewissern, dass es ihr nichts ausmachte, den Moorseehof zu verlassen, dass sie so war, wie er es von ihr nach ihrer gemeinsamen Nacht gedacht hatte - berechnend und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht? Und wenn sie es wäre, wer sollte ihr das verübeln, nach allem, was sie erlebt hatte?
"Sie sind hier alle sehr freundlich zu mir", ließ sie den Mann neben ihr vage wissen. "Lathgertha, Jorunn … Es geht mir gut und sie sind mit meiner Arbeit bisher zufrieden." Ein neuer Grund für Thorsteins Besuch kam ihr in den Sinn und sie gab diesem auch sofort Ausdruck. "Ich werde euch keine weitere Schande machen, Herr!"
Trotzig starrte Rúna auf den Sandboden zu ihren Füßen. Das war es bestimmt, was den Steuermann heute hierher führte. Er wollte sich sicher sein, dass sie brav ihre Arbeit verrichtete und ihn nicht vor seinen Freunden durch Faulheit und Schluder blamierte. Im Stillen klopfte sich die junge Frau selbst auf die Schulter. Sie hatte ihn durchschaut. Es ging ihm wie allen Männern um seine ach so wertvolle Ehre. Doch letztlich, wenn sie halbwegs unbeschadet leben wollte, hatte sie doch gar keine andere Wahl, als es allen anderen rechtzumachen. Thorstein brauchte sich da gar keine Sorgen zu machen.
Der Mann neben ihr schwieg beharrlich und Rúna, die weiter auf den Weg starrte, sah nicht, wie betreten seine Miene nach ihren Worten geworden war. Nun, da ihr innerer Widerstand erwachte, fuhr Rúna fort: "Ihr wisst doch sicher, welche Vereinbarung der Jarl mit mir getroffen hat, Thorstein. Seid ganz unbesorgt! Ich werde diese Möglichkeit ganz bestimmt nicht aufs Spiel setzen, indem ich noch einmal verschlafe oder meine Arbeiten nicht gründlich genug erledige. Ragnars Anweisung dazu war klar und deutlich!"
Unerwarteter Weise blieb Thorstein stehen und zog Rúna an der Hand zu sich herum. "Was hat Ragnar dir versprochen?", forschte er nach, gerade noch so leise, dass er sie nicht total einschüchterte. "Wovon sprichst du hier?"
Entsetzt von seiner abrupten Reaktion und der Hand, die ihren Unterarm umklammert hielt, starrte Rúna in Thorsteins Gesicht. Wusste er wirklich nichts von dem Handel, den Ragnar mit ihr geschlossen hatte? Sein Gesicht schien eine einzige Frage zu sein. Seine Hand umklammerte ihren Arm noch immer fest wie eine Klaue.
"Ihr tut mir weh, Herr", ließ Rúna ihn leise wissen und Thorstein ließ sie los, als habe er sich bei ihr verbrannt. Noch einmal wollte er ihr wirklich keinen Schmerz zufügen.
"Es ist so", begann Rúna nun und wandte sich wieder dem Weg zu, "dass Ragnar mir versprochen hat, dass ich nach fünf Jahren guter Dienste die Freiheit erhalten kann." Sie schwieg und dachte noch einmal über ihr bisher einziges richtiges Gespräch mit dem Jarl nach. "Er wollte, dass ich Euch auf Eurem Hof so gut es irgendwie geht, unterstütze." Rúna fiel wieder ihr Gespräch mit Lathgertha auf der Rückfahrt nach Straumfjorður ein und sie ließ Thorstein auch ihre Ängste wissen. "Als er mich dann wieder hierher brachte, hörte ich einem Gespräch zu, dass von dem geplanten Verkauf von Sklaven in Haithabu handelte." Rúna schluckte schwer bei dem Gedanken an jene furchtbare Angst, das Letzte zu verlieren, was sie noch ausmachte: Ihre Heimat und ihre Sprache. Als sie endete, flüsterte sie nur noch: "Zum Glück durfte ich bleiben!" Ihre Stimme zitterte. "Ich dachte wirklich, er würde mich wegbringen."
Erneut griff eine schwere Hand nach ihr. Doch dieses Mal nahm Thorstein Rúnas Linke nur sanft zwischen die Finger. Sie blieben stehen und sahen sich schweigend an. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, zog er sie näher zu sich und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
"Du brauchst keine Angst zu haben, dass Ragnar dich verkaufen könnte", versicherte er leise. "Niemand wird dich von unserem Land wegbringen, solange du es nicht selber willst." Der Steuermann legte einen Arm um die zitternde junge Frau und versuchte sie zu beruhigen. Noch immer stand Rúna regungslos bei ihm. Sie wusste, sie sollte Angst vor Thorstein haben, ihm gegenüber nicht zu viel preisgeben. Dennoch war da irgendeine ganz leise Stimme in ihr, die ihr zuflüsterte, dass er sie verstehen könne, dass er zuhören würde, wenn sie nur ehrlich war. Die junge Frau konnte sich selber nicht erklären, warum sie nun vor ihm aussprach, was sie im Innersten berührte, doch es fühlte sich auf eine seltsame Weise richtig an.
"Wenn man mich in den Süden verkaufen würde", murmelte sie leise, als spräche sie zu sich selber, "dann bliebe mir gar nichts mehr, nicht mehr meine Sprache, nicht mehr mein Glaube, nicht einmal mehr der eisige Wind, der auch hier vom Meer auf das Land weht. Der Gedanke an den Süden fühlt sich an, als ginge ich vollkommen verloren."
Für Thorstein war dieses Bekenntnis vielleicht jener Moment in dem ihm wirklich klar wurde, was für eine gefühlvolle, zerbrechliche Frau er im Arm hielt. Auch er empfand diese Nähe zu seiner Heimat. Er wusste genau, wie es sich anfühlte, nach einer langen, gefahrvollen Reise den vertrauten Fjord am Horizont zu erkennen. Ja selbst, als keine Snót mehr kam, um ihn am Hafen zu begrüßen, war er erleichtert gewesen, heimatlichen Boden unter den Füßen zu haben, den vertrauten Geruch der Holzfeuer zu riechen und den Klang der Stimmen seiner Siedlung zu hören. Ja, er kannte dieses Gefühl ganz genau!
Ohne Rúna loszulassen, nahm Thorstein langsam ihren Weg zum Strand wieder auf. "Ich habe gestern mit dem Jarl gesprochen", gestand er schließlich leise. "Ragnar hatte nie im Sinn, dich zu verkaufen." Aber er war auch nicht bereit gewesen, Rúna freizugeben, dachte Thorstein zähneknirschend. So sehr er gestern die Argumente seines Freundes verstanden hatte, so wenig schienen sie jetzt zu wiegen, als er Rúna in seinem Arm spürte, den sie noch immer über ihrer Schulter duldete. Doch er wollte ihr auch nicht von seinen zerstörten Hoffnungen berichten. Damit konnte er ihr nicht helfen. "Er hat Jorunn zugesagt, das sie dich zur Heilerin ausbilden darf", wiederholte er, was Ragnar ihm gesagt hatte. "Doch er hat gleichzeitig versprochen, dass du auf den Moorseehof zurückkommen kannst."
Thorstein schwieg nach diesem Satz lange. Dann nahm er sich ein Herz und stellte jene Frage, die ihm auf dem Herzen lag: "Möchtest du zurückkommen, Rúna?" Der Steuermann schluckte schwer. Dann fuhr er sanft über ihren Rücken, als könne er die Narben seiner Schläge durch das Kleid und ihr Umschlagtuch erahnen. "Wenn du wiederkommst … Es kommt nie wieder vor, Rúna, das verspreche ich dir!" Wieder folgte ein kurzes Schweigen. "Ich schwöre es dir! Auf Thors Hammer, auf meine Ehre, auf den Schild meines Vaters! Aber bitte, komm zurück auf den Hof, Rúna. Du fehlst dort allen und selbst Skinfaxi vermisst dich."
Die Erwähnung des störrischen, dickköpfigen Fjordhengstes ließ Rúna leise lachen. "Skinfaxi …" murmelte sie verträumt. "Leuchtmähne, der den Sonnenwagen zieht. Geht es ihm gut? Sind die Kratzer von den Wolfskrallen verheilt?"
Thorstein nickte. "Es ist alles in Ordnung gekommen und Teitr kümmert sich gut um ihn." Er überlegte und erlaubte sich dann auch ein Lächeln. "Ich bin mit Hrimfaxi gekommen. Sie steht drüben in der Siedlung im Stall." Er wandte sich nun mit einem offenen Blick Rúna zu. "Ich wollte dich sowieso auf den Markt mitnehmen. Möchtest du sie auf dem Weg dorthin gern besuchen?"