Sie hatten ihn mit magischen Ketten an Hals, Händen und Füssen gefesselt. Tiefe Dunkelheit umgab ihn. Es würde nicht mehr lange dauern. Er wusste nicht, wie spät es war. Aber bald würden sie ihn holen. Skinner sagte, dass Severus ihn töten würde. Dieses hämische Grinsen hatte den Malfoyerben nicht getroffen. Im Gegenteil irgendwie hatte der Gedanke etwas Tröstliches. Severus brachte es bestimmt schnell hinter sich. Sein Patenonkel konnte effizient töten. Er tat nicht aus Mordlust sondern, weil er musste. Einen gepflegten Avada Kedavra aus Severus Zauberstab erlöste ihn aus dem Schmerz. Hoffentlich mussten seine Eltern nicht zusehen. Seine Mutter würde die Nerven verlieren. Er hoffte, dass Lucuis und Narcissa ihn nicht so leiden sehen mussten.
Draco weinte leise. Er dachte an Ginny und an Harry. Der letzte Kuss von Harry hatte ihm alles bedeutet. Natürlich bedeutete er Harry nichts. Schade, dass er Ginny nie geküßt hatte. Flammendrotes Haar. Unzählige Sommersprossen auf ihrer kleinen Stupsnase. Wie sie wohl schmeckte? Seltsam, was man kurz vor den Tod dachte.
Eine Gestalt erschien unerwartet im Kerkergang. Die Wache erschrak heftig. Man konnte im Schwarzen Schloss nicht apparieren. Wie kam sie hierher? Dennoch kam diese Gestalt auf Skinner zu. Sie winkte mit dem Zauberstab. Der Vampir fiel ohnmächtig zu Boden. Die Person öffnete ohne Probleme die magisch versiegelte Kerkertür.
Jede Faser seines Körper schmerzte Malfoy heftig. Potter kannte intensive Folterflüche. Trotzdem hatte der Dunkle Lord niemandem erlaubt, sich an Draco zu vergehen. Malfoy sei sein Spielzeug gewesen. Niemand anders hätte das Recht, ihn zu benutzen. Was würde eigentlich aus Theseus werden? Malfoy fühlte keine Angst mehr, sondern Sorge für das Kind. Was täte der Dunkle Lord mit dem Jungen? Wie viel Zeit wohl vergangen war? Ob sie bald kämen ihn zu holen?
Plötzlich spürte er einen unerwarteten Luftzug. War es schon soweit? Seine Augen narrten ihn vermutlich. Er meinte die Umrisse einer Gestalt an der Seite, wo er die Tür vermutete, zu sehen. Allerdings hatte er die Orientierung längst verloren. Vermutlich täuschte er sich. Nein. Die Gestalt bewegte sich lautlos auf ihn zu. Das Gesicht verbarg sich unter einer Kapuze. Die geschmeidigen Bewegungen der Person kamen ihm entfernt bekannt. Draco wollte etwas sagen. „Schweig.“, befahl eine verzauberte Stimme.
Der Mann. Jetzt war sich Malfoy sicher, es war ein junger Mann, kam zu ihm. Seltsamerweise hatte Malfoy keine Angst vor ihm. Der andere zog seinen Zauberstab. Er versiegelte Malfoys Augen magisch. Der Magier beendete die Folter mit einem komplizierten Zauber. Draco spürte eine zärtliche Berührung. Der andere wischte, scheinbar mit einem Taschentuch, seine Tränen fort. Dann umfasste der Zauberer Malfoys Kinn sacht: „Vertrau mir. Öffne den Mund. Trink.“ Draco hatte nichts mehr zu verlieren. Außerdem klebte die Zunge ohnehin am Gaumen. Diese unerwartete Zuwendung bot etwas Trost. Er tat, wie ihm geheißen. Der Andere goß einen sehr lieblichen und zugleich sehr sauren Trank hinein. Angenehm. Draco schluckte ihn hinunter. Es tat gut. Der Andere ergriff seine Hand und schob einen Ring auf den kleinen Finger der rechten Hand. Stärkende Wärme breitete sich von dort über den gequälten Körper aus. Als Draco seine Augen wieder öffnen konnte, war er allein.
Snapes ruhige Fassade bröckelte von Minute zu Minute mehr. Der Dunkle Lord befahl ihm unmissverständlich sein Patenkind hinzurichten. Mit dieser Wendung hatte der Tränkemeister nicht gerechnet. Potters Miene und Stimme duldete keinen Widerspruch. „Mylord. Laßt mich wählen. Ich zahle den Preis für Draco. Tötet mich statt ihm.“ Snape war ein Überlebenskünstler kühl und beherrscht. Hier aber kam er seine Grenze. Eisig klang Potter in seinem Ohren: „Du gehorchst mir oder wirst es bereuen. Warte nebenan bis wir gehen. Ich möchte nicht, dass Du in Versuchung gerätst, ihm zu helfen.“ Snapes Gedanken rasten, irgendetwas fiel ihm doch immer ein. Dieses Mal nicht. Potter dachte an alles.
Er hatte noch eine halbe Stunde Zeit bis zum Sonnenaufgang, daher setzte sich der Dunkle Lord vor den Spiegel. Dieser lächerliche Slytherin interessierte ihn nicht. Harry konnte jeden Mann und jede Frau besitzen, wenn er wollte. Er war nicht auf Malfoy angewiesen. Trotzdem wollte er sein Spielzeug nicht verlieren. Draco schenkte ihm Erfüllung. Lord Potter schob die Gedanken beiseite, leerte seinen Geist und aktivierte die Magie des Spiegels. Schließlich spielte es keine Rolle, ob er Malfoy zehn Minuten früher oder später hinrichten ließ. Lord Potter mochte den Spiegel, weil er unbestechlich war. Er sah hinein und lächelte. Eine interessante Perspektive enthüllte sich ihm. Der Spiegel log nicht. Er war absolut neutral.
Mittlerweile waren fast zwanzig Minuten vergangen. Severus Snape trank zum ersten Mal in seinem Leben Feuerwhiskey um sich zu betrinken. Poody servierte ihm das dritte Glas. Er wusste nicht weiter. Potter hatte seinen Zauberstab eingezogen. Er bekam ihn erst für Dracos Exekution wieder. Dieses Mal gab es keine Chance. Im ganzen Schloss brannte keine einzige Kerze mehr. Draco war verloren. Harry war verloren. Sie alle hatten verloren. Jetzt kam Potter in formaler Kleidung seine Treppe hinunter. „Komm´ jetzt, Severus. Es ist Zeit.“, sagte er mit berstendem Eis in der Stimme.