Die Feier war in vollem Gange und wie jedes Jahr, waren die ersten Dorfbewohner schon am frühen Abend betrunken oder anderweitig benebelt. Die Kämpfe am Morgen waren beendet und bis das Ritual des Mondes beginnen würde, war noch Zeit. Jeder ließ sich von der Stimmung anstecken, ein Hauch von Romantik lag in der Luft, Liebe war überall zu spüren und die Hormone gerieten bei Mann und Frau in Wallung. Auch wenn die Priester es nicht gerne sahen, wussten sogar sie, welche Wirkung dieses Fest auf alle im Dorf hatte.
Auch Killian hatte langsam wieder bessere Laune. Nicht einmal er konnte sich der Wirkung des Festes entziehen. Erst recht, nicht nachdem er eine Pfeife entgegengenommen hatte, die ihm der alte Ben breit grinsend in die Hand gedrückt hatte. Er hatte keine Ahnung, welches Kraut es war, doch es ließ ihn entspannter zurück. Jaroth hatte er aus den Augen verloren, aber selbst das war ihm egal. Langsam ging er durch die Straßen, fing aufreizende Blicke auf, die ihm sowohl von Männern wie auch von Frauen zugeworfen worden und ja er fühlte sich verdammt gut dabei. Manchen zwinkerte er zu, manchen warf er ein, in seinen Augen, verführerisches Lächeln zu. Nicht einmal der dunkle Schatten, der plötzlich vor ihm auftauchte, konnte seine Laune trüben und dass, obwohl er diese Visage wirklich nicht leiden konnte.
»Wenn das nicht der Oberhurensohn der Roten Sonne ist.«
Überrascht von seiner eigenen Wortwahl begann Killian nur noch dümmlicher zu grinsen, die Hände in die Hosentaschen zu stecken und vor und zurück zu wippen.
»Solltet ihr nicht schon weg sein? Eure Arbeit ist doch getan!«
Malik verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu Killian herunter. Nicht weit herunter, da sie beinahe gleich groß waren, aber immerhin ein Stück.
»Was ist dein Problem?« brummte Malik leise. »Außer das du nichts verträgst, wie es scheint. Deine Augen sind groß wie Teller.«
»Was gehen dich meine Augen an, dich gehen niemandes Augen etwas an.«
»Das werden wir noch sehen. Wo ist dein kleiner Freund, hat er dich etwa sitzen gelassen?«
Nun war es an Killian doch etwas die Fassung zu verlieren.
»Wir sind nicht gebunden und falls dein Spatzenhirn vergessen haben sollte, was das heißt, wir können alles tun und lassen was wir wollen, wo wir das wollen und wie lang, du allerdings solltest nichts mit ihm zu haben wollen, weil ...« Er hatte den Faden verloren.
Malik begann schallend zu lachen und zog einen kleinen Zweig aus der Tasche. Einen einfachen Stock nichts Besonderes, denn es war kein Zeichen eines Triebes oder Ähnliches zu erkennen. Mit einer langsamen Bewegung streckte der Anführer der Roten Sonne den Zweig nach Killian aus und dieser war zu perplex, um auch nur einen Schritt zu machen. Einen Moment später konnte er das kühle Holz auf seiner Wange fühlen, ebenso wie Maliks Atem an seinem Ohr.
»Malkovri Deziro.« Nichts geschah.
Jaroth hatte sich etwas abseits des Festes zurückgezogen und spielte nachdenklich auf seiner Querflöte. In dem kleinen Waldstück, welches an Aspura angrenzte, verirrten sich zu dieser Zeit wenige. Doch er musste über alles nachdenken, was Killian gesagt hatte. Jedes Jahr wieder kam diese Frage auf. Bund oder nicht Bund. Sie beide wussten, dass es ihre Reisen und ihre Suche beenden würde, denn dieser Moment war ein Wendepunkt im Leben der Menschen. Konnten sie sich vorher noch ausprobieren, sich austoben, die Welt bereisen und Partner finden wurde danach von ihnen erwartet und auch irgendwie verlangt, ihre ganze Kraft in den Dienst des Dorfes zu stellen. Selten passierte es das jemand mit dieser Tradition brach und außerdem war es sich immer wieder unsicher ob sein bester Freund, auch der beste Partner für den Bund sein konnte.
Der silbrige Klang der Flöte war nicht weit zu hören, doch jemanden hatte er angelockt. Jaroth hatte sie schon bemerkt, als sie auf den Baum über ihm geklettert war, doch hatte er sich nichts anmerken lassen. Für den Fall das ihm Gefahr drohte, würde er sich schon wehren können. Ohne Hast beendete er das Lied, legte den Kopf in den Nacken und lächelte.
»Na willst du nicht heraus kommen?« Ihm antwortete nur ein leises Rascheln.
»Es wird vermutet, dass ich Elfenblut in mir trage, ich habe dich schon vor einer ganzen Zeit gehört.«
Wieder ein rascheln, dann eine amüsiert klingende weibliche Stimme.
»Du willst nicht mit mir kämpfen?«
»Warum sollte ich das tun? Nur weil du wie ein Eichhörnchen da oben sitzt?«
Jaroth sah amüsiert nach oben und konnte gerade so einen hellen Haarschopf ausmachen. »Aber du hast doch sicher Angst vor mir oder?« fragte die weibliche Stimme.
»Oh aber ja… wie festgenagelt.« Er versuchte, so ernst wie möglich dabei zu bleiben, aber man konnte das breite Grinsen fast hören.
»Dann muss ich wohl gehen.«
Der Baum raschelte wieder stärker.
»Nein halt bleib, aber vielleicht kommst du herunter und zeigst dich.«
Einen Moment herrschte Ruhe, dann konnte er wieder ihren Kopf ausmachen und diesmal konnte er auch die leicht spitzen Ohren sehen.
»Brauchst du etwa meine Hilfe bei etwas Silberschopf? Dies ist mit Abstand die romantischte Nacht des Jahres und du sitzt ganz allein hier im Wald.«
Mit einer fließenden, eleganten Bewegung erhob sich Jaroth und lehnte sich an den Baum.
»Das stimmt, möglicherweise brauche ich bei etwas Hilfe, was hast du denn zu bieten.«
Wie ein Windhauch ließ sie sich vom Baum fallen und verschwand sofort hinter dem nächsten Baum. Sie war in ein weißes Gewand gehüllt, das praktisch nichts verdecken konnte. Sie hätte genauso gut nackt sein können. Mit aufreizenden Bewegungen schlich sie durch den Wald, einem Gespenst gleich. Jaroth begann nach und nach die Schnüre in seinen Haaren zu lösen, genauso wie andere Bänder die ihn zu viel Zeit kosten würden, sobald er sie irgendwann eingeholt haben würde. Ein leichter Duft von Lilien lag in der Luft und mit keinem Augenblick, dachte er daran, dass diese Halbelfe ihm etwas tun könnte. Nein er war der Jäger und sie seine Beute. Jaroth folgte ihr mit schnellen Schritten. Es war offensichtlich, dass sie mit ihm spielte, aber das fachte seine eigene Leidenschaft nur noch mehr an.
»Wie heißt du?« fragte er, nachdem er sie fast erreicht hatte.
»Du darfst mich Keona nennen Jaroth.«
»Du kennst meinen Namen? Interessant, mein Ruf eilt mir also voraus?«
Tief in ihm regte sich der Gedanke, dass es merkwürdig war, dass sie ihn kannte. Doch seine Bedenken waren beinahe sofort verschwunden, als er einen Blick auf ihren nur wenig verhüllten Körper erhaschte. Sie huschte an ihm vorbei und verbarg sich auf der anderen Seite des Baumes, an den er gelehnt war, ihr Kichern war laut und deutlich zu hören.
»Ich habe viel über dich gehört, aber von manchen Dingen überzeuge ich mich doch lieber selbst.«
Ohne dass er die Bewegung hatte erahnen können, war sie plötzlich vor ihm, völlig nackt, bis auf eine Kette mit Anhänger. Das weiße Kleid ließ sie aus ihren schlanken Fingern zu Boden fallen und machte eine einladende Geste.
»Wir haben nicht viel Zeit bis zu den abendlichen Feierlichkeiten, also bitte halte dich nicht weiter mit sinnlosen Gerede auf. Ich habe bisher immer bekommen, was ich wollte… und vor allem wen.«
Er musste sich nicht selbst entkleiden, Keona half ihm sehr bereitwillig dabei. Eigentlich hatte er vor gehabt dies lange auszukosten, mit ihr zu spielen, doch sie war von eher stürmischen Art und zeigte starkes Interesse an seiner hellen Haut und vor allem an seiner exotischen Haarfarbe.
»Steckt in dir wirklich ein Elf?« fragte sie heiser, während sie ihn auf den Rücken drückte und sich auf ihm nieder ließ.
»Das werden wir nie erfahren und nun halt die Klappe.« Jaroth wollte nun ganz sicher nicht an seine Eltern denken, die er nicht mal kannte. Nicht mit einer nackten Frau auf seinem Schoß, die sich willig an ihn schmiegte. Keona grinste und schwieg, wenigstens mit Worten.