Kapitän Talvi lief unruhig in seiner Kabine auf und ab und fluchte leise vor sich hin. Auf seinem Schreibtisch lagen Karten, Nachrichten und Berichte willkürlich übereinandergestapelt, vermischt mit Sextanten, Zirkeln und diversen anderen Gerätschaften.
Beim ersten Angriff auf Belletristica hatte er den grössten Teil seiner Flotte verloren. Sie hatten keine Chance und mussten sich innerhalb weniger Tage geschlagen geben.
Talvi war verdammt froh, dass er hier unten im Süden postiert war und die Nachricht nicht persönlich seiner Königin überbringen musste.
Er fragte sich, ob der Bote das wohl heil überstanden hatte.
Nach ihrer Niederlage hatten sie sich aufs offenen Meer zurückgezogen, um sich neu zu formieren. Die Verstärkung würde erst im Verlauf der nächsten Woche eintreffen. Das wusste er genauso gut die Bewohner von Belle.
Also hatte er sich dazu entschlossen, nicht auf die Verstärkung zu warten, sondern klammheimlich einen neuen Angriff zu starten.
Es klopfte an der Tür und sein erster Offizier, ein hässlicher Dämon mit fettigen Haaren und langen, gebogenen Schneidezähnen, trat ein.
„Sir, wir haben soeben angelegt. Die Boote liegen bereit für den Landgang.“
Talvi nickte nachdenklich. „Sagt den Männern, sie sollen sich bereithalten. Sobald die Dämmerung einsetzt, gehen wir an Land.“
Mit einem knappen Nicken liess der Dämon ihn allein.
Der Himmel färbte sich bereits schwarz, als Talvi aus seiner Kabine trat und in Richtung der Insel blickte.
Seine Männer standen auf dem Deck verteilt und unterhielten sich leise.
Wie mit seinem 1. Offizier abgesprochen, waren die Beiboote bereits zu Wasser gelassen worden, mit Proviant und Waffen beladen.
Ein fieses Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Kapitäns aus als er sich an seine Mannschaft wandte.
„Männer,“, er sprach schnarrend und seine Augen glühten vor Freude. „die ganze Insel ist noch damit beschäftigt, ihren Triumpf zu feiern und niemand rechnet schon jetzt mit einem neuen Angriff. Genau das ist unsere Chance anzugreifen! Wir werden zuschlagen und noch bevor sie reagieren können, ziehen wir uns aufs offenen Meer zurück.“
Die Dämonen grölten vor Begeisterung und reckten Waffen und Fäusten gen Himmel.
Es dauerte nicht lange, bis die sieben kleinen Beiboote von der Icy-Queen hinüber zum Festland gerudert waren.
Jeder nahm etwas Proviant und jede Menge Waffen mit. Dann machen sie sich auf den Weg in Richtung Osten – ins Herz der Insel.
Während ganz Belle feierte, erreichten die Dämonen ihr Ziel schon nach einem kurzen Marsch. Gut versteck schlugen sie ihr Lager auf einer kleinen Lichtung in einem dichten Wald auf.
Sie schufen einen Wall aus Eis rund um die Lichtung, um sich vor Eindringlingen zu schützen und patrouillierten regelmässig in der Umgebung. Es gab keine Feuer. So etwas brauchten die Winter-Dämonen nicht.
Sie waren eine stille Bedrohung in der Dunkelheit.
Den ganzen folgenden Tag ruhten sie sich aus und feilten an ihrem Plan. Darauf wartend, dass es ein dunkelte.
Als schliesslich die Sterne an Himmel glitzerten näherten sie sich langsam den Gebäuden, die sich nur schwach in der Dunkelheit erkennen liessen.
Die weitläufigen Gehege der Smileyfarm waren von hohen Zäunen umgeben, aber solche Kleinigkeiten hielten die Dämonen nicht länger als ein paar Minuten auf.
Schnell liessen sie eine Treppe aus Eis aus dem Boden schiessen und kletterten anschliessend über den Zaun.
Auf der Farm war es seltsam still. Die meisten Gehege waren leer, die Smileys waren in weiser Voraussicht in eines der Gebäude genommen worden.
Talvi gab ein stummes Zeichen und rund die Hälfte seiner Männer verschwand in der Dunkelheit.
Er selbst und der Rest der Dämonen näherten sich dem Hauptgebäude.
Ein Krachen zerbarst die Stille, als Scherben zu Boden regneten und dort wo vorhin ein Fenster war, jetzt ein grosses Loch prangte.
Ohne sich weiter umzuschauen stieg der Trupp durch die Öffnung und verschwand im Inneren der Farm.
Derweil zerstörten die anderen mit grösster Freude all die lieblich eingerichteten Gehege, die zum guten Glück alles leer waren.
In der Farm drin war es war. Viel zu warm für die Krieger der Winterkönigin.
„Wir werden das nicht lange aushalten. In zwei Minuten müssen wir fertig sein.“
Niemand wiedersprach dem Kapitän. Alle beeilten sich und stoben in die verschiedensten Richtungen davon.
So viele Smileys wie sie finden konnten, hatte er angeordnet. Sie wollten die neuen, noch geheimen Kreationen stehlen.
Wieso wusste niemand, aber es interessierte auch keinen, als sie die Farm zwei Minuten später als geschlossene Gruppe wieder verliessen.
Niemand wusste welch teuflischen Plan die Königin im Schilde führte und das einzige, was von der Farm übriggeblieben war, waren eingerissene Mauern und eine gewaltige Statue aus Eis, die Darstellung einer furchteinflössenden Frau mit Eiskrone und Dreizack.