Sepp und sein Vater saßen nun schon eine gute Stunde zusammen in der gemütlichen Bauernstube und führten ein Gespräch, wie sie es noch nie getan hatten. Bisher war nie vorstellbar gewesen, mit Vater zielführend zu diskutieren, aber das hatte sich offenbar geändert. Hatte der Senior schon nach dem Gespräch heute früh begonnen, umzudenken, so hatte der Besuch der beiden Gemeinderäte schließlich dazu geführt, dass er seine Rolle als Sündenbock für die Machenschaften der Anderen erkannt hatte!
"Woast was, Sepp? I bin jetzt sogar dafür, dass du die Sauerei, die da lauft mit dem Schwarzbau, untersuachst! I hab mir nichts vorzuwerfen! Und alle, die sich quasi unter meinem Deckmantel auf unlautere Weise Vorteile in ungesetzlicher Weise verschafft haben, die soll´n selber dafür grad steh´n! Mir war des nie bewusst, dass in der Öffentlichkeit mittlerweile der Eindruck entstanden ist, dass i für die Zustände in unserer Gemeinde, im örtlichen Bauausschuss verantwortlich wäre! Aber denen geb´m mir iatz Gas, mein Sohn! Bist dabei?"
"Aber sicher doch, Vater! So gfallst mir! I werd morgn in der Fruah mitn Fischer-Michl rausfoahrn und die Baustell vom Wasser aus in Augenschein nehmen. Und dann lass mas krach´n, Vater!"
"Ja, Bua, aber pass guat auf auf di! I hab mittlerweile den Eindruck, dass di so mancher in unserer Gmoa liaber tot sahg...!"
"Geh, Vater! Des glaubst ja selber net!"
"Sepp! Unterschätz des net! I hab da des heint fruah scho gsagt! Da hängan Arbeitsplätze dran! Ganze Firmen hab´m ihre Seele verkauft mit der Auftragsannahme! Wenn da a Baustopp kummt, fallt der oane oder andre Unternehmer durch´n Rost! Wenn Pennale zum zahl´n is, Leihgeräte wochenlang bezahlt aber nicht verwendet werd´n! Da hängt scho was dran, Sepp! Aber des is net deine Schuld! Genausowenig, wie die Tatsache, dass sich einige beim Einkauf der Materialien hoch verschuldet hab´m, während der Bauherr erst nach Fertigstellung des Bauwerkes bezahlt! Aber nachdem i heint begriff´m hab, dass die mich eiskalt über´d Kling springen lasserd´n, für ihre Gier, is mir des jetzt a wurscht! Nicht mit mir! Die soll´n mi kennen lernen! Und di gleich mit!"
Es war heute schon das zweite mal, dass er gewarnt worden war... Nur langsam wurde ihm klar, dass er offenbar nicht nur Freunde hatte! Nicht mehr...
Peter Muhr saß vor seinem Laptop und suchte nach einem Internetcafe in der Nähe. Sobald er es gefunden hatte, setzte er sich ins Auto, fuhr nach Salzburg und setzte vor Betreten des Lokals eine Schirmkappe auf. Er achtete auf eventuelle Überwachungskameras und stellte insgeheim fest, dass er agierte wie er es aus dem Fernsehen kannte. Es war ihm wichtig, nicht erkannt zu werden ,er wollte aber beim Verfassen der Warnung keinen Zweifel daran lassen, dass es Leute von Jansens Baustelle waren, die ihm ans Leder wollten!
"Josef Brantner, sei gewarnt!" schrieb er an dessen offizielle Sachverständigen-Adresse, "Nimm dich in Acht! Ich habe Kenntnis davon, dass sich mehrere Unternehmer, die auf Jansens Baustelle arbeiten, zusammengetan haben, um sich deinen Tod zu kaufen. Auch wenn du deine Nachforschungen beenden solltest, wird dir das nicht mehr helfen, denn ein gekaufter Tod, ein Mordauftrag, verliert, einmal erteilt, nie mehr an Gültigkeit! Die Aktion ist nicht mehr aufzuhalten! Ich rate dir, ehest das Land zu verlassen! Dies ist KEIN Scherz Josef! Ich möchte deinen Tod verhindern! Deshalb die Warnung! Wir kennen uns, doch ich habe keine andere Möglichkeit, als dich anonym zu warnen, weil ich nicht selbst zum Opfer werden möchte!
Ich wünsche dir Einsicht und alles Glück dieser Erde!"
Peter las den Text noch zweimal durch und klickte schließlich auf senden.
Josef und sein Vater hatten gerade ihr allererstes kontsruktives Gespräch geführt. Josef konnte nun mit ruhigem Gewissen zu recherchieren beginnen, mit Genehmigung, ja sogar im Auftrag seinens Vaters!
Er freute sich über diese neue, unerwartete Entwicklung. Er würde nun Duschen geh´n und schließlich eine tolle Nacht mit Sonja verbringen. Als er sich entkleidet hatte und in die Dusche ging, hörte er noch das für sein Handy typische Klicken, welches den Eingang einer Nachricht oder eMail signalisierte...