Es war einmal ein kleiner Stern am großen Himmelszelt, der, so sehr er sich auch bemühte, keine Aufmerksamkeit auf unserer Erde erreichen konnte. Seine Leuchtkraft war einfach zu schwach, deshalb beschloss er, näher an die Erde heranzurücken. Er strampelte, er kugelte und er schlitterte, so lange, bis er die Flüsse und die Wälder der Kontinente erkennen konnte, doch er hatte die Anziehungskraft der Erde unterschätzt.
Josef, der nach Dienstschluss in die Dorfkneipe schlendert, den Blick auf den Boden gerichtet, die Gedanken noch im Büro, die Hände in den Manteltaschen vergraben, um den harten Tag ausklingen zu lassen, fühlt sich an diesem Tag beobachtet. Er bleibt kurz stehen, hebt den Kopf, dreht sich langsam um die eigene Achse und horcht, doch er kann nichts ungewöhnliches entdecken. Er geht langsam weiter und kurz bevor er die Kneipe erreicht, hört er einen dumpfen Knall. Josef schaut sich um, er sieht in den Himmel und er blickt auf den Boden.
Er fährt sich über die Augen, er blinzelt, doch was er vor sich auf der Straße liegen sieht, lässt ihm den Atem stocken und er schüttelt ungläubig den Kopf.
Vor ihm auf der Straße, liegt ein kleines „Etwas“, das sich zitternd am Boden festkrallt und ihm in die Augen leuchtet.
Josef nimmt langsam die rechte Hand aus seiner Manteltasche, bückt sich und hebt das kleine „Etwas“ vom Boden auf. Er dreht es hin und her, es sieht aus wie ein Stern, denkt Josef, doch ein Stern liegt doch nicht auf der Straße. Er schüttelt nochmals den Kopf und steckt den kleinen Stern in die Manteltasche, geht in die Dorfkneipe, setzt sich an seinen Lieblingstisch, er hatte Hunger und Durst …. und er war müde.
Der kleine Stern fühlt sich in der Manteltasche von Josef geborgen und pudelwohl und er erkennt, dass ihm nichts besseres hätte passieren können, als einfach vom Himmel zu fallen. Zum ersten mal in seinem kurzen Leben ist er wirklich glücklich und zufrieden und müde durch die lange Reise fallen ihm die Aüglein zu.
Josef hält sich nicht lange in der Dorfkneipe auf, nachdem er sich satt gegessen hat, marschiert er schnurstracks, ein altes Kinderlied pfeifend, nach Hause, er fühlt sich nun unbeschwert und unternehmungslustig, wie in alten Kindertagen, musste er doch das kleine „Etwas“, das er in seine Manteltasche gesteckt hat, erst mal genau unter die Lupe nehmen. Zuhause angekommen greift er vorsichtig hinein und hält den kleinen Stern in seinen Händen. Als er ihn neugierig von allen Seiten begutachtet, fängt der kleine Stern plötzlich hell zu leuchten an. Fast wäre er Josef aus der Hand gefallen, so erschrocken ist er und er drückt fest zu - der Stern erlischt.
„Au du tust mir weh“ ruft dieser empört. Josef ist sprachlos und schaut den Stern ungläubig an, das Herz klopft ihm bis in den Hals hinauf. Josef setzt sich zum Tisch, legt den Stern hin und kneift die Augen zusammen. Der Stern liegt unbeweglich und ohne Leuchtkraft da. Josef fährt wieder mit der Hand auf den kleinen Stern zu, da bewegt er sich und meint „ganz sachte, mein Freund, ich bin empfindlich und wenn ICH mich erschrecke, könntest du dir die Finger verbrennen“. Da beginnt Josef laut zu lachen, er findet es kurios, das ein Stern zu ihm spricht, doch der kleine Stern blickt ihn empört an „lachst du mich etwa aus?“ Und er ballte all seine Kraft zusammen und leuchtete so grell, dass sogar die Funken flogen. Josef zuckt zusammen „ich habe es nicht böse gemeint, diese Situation ist einfach ungewöhnlich und spektakulär, verzeih mir bitte“. Jetzt lächelt auch der kleine Stern.
Josef steht langsam auf, geht zum Kühlschrank und nimmt sich ein Bier heraus, er ist so konfus, dass er die Flasche ohne sie zu öffnen an den Mund führt. Der kleine Stern lacht schallend und Josef stellt die Flasche wieder in den Kühlschrank zurück, er kommt zu der Erkenntnis, dass Alkohol nicht die richtige Lösung ist und setzt sich wieder an den Tisch. Er überlegt, was sich der kleine Stern wohl von ihm erwarten wird, doch der kleine Stern kommt ihm zuvor, er kann seine Gedanken lesen und meint „ich will bei dir bleiben, ich werde dein persönlicher Glücksstern sein“ er macht eine kleine Pause und spricht etwas leiser weiter „ich werde immer für dich da sein und jedes Missgeschick von dir abwenden, oder wenn du einen Herzenswunsch hast, werde ich ihn dir erfüllen.“
Bei Josef fuhren die Gedanken Achterbahn, ER, der unscheinbare Josef hat nun einen Glücksbringer, einen persönlichen kleinen Stern. Abgefahren - Josef springt auf und hüpft vor Freude in die Luft, das muss die ganze Welt erfahren, er greift zum Telefon, doch der kleine Stern schreit „HALT - es gibt eine Bedingung“, Josef schaut ungläubig auf den kleinen Stern, er hält sein Handy ans Ohr und meint „und die wäre?“ „Du darfst niemand davon erzählen.“
Am Ende der anderen Leitung meldet sich Hans „was gibt es Neues, Jo?“ Josef blickt dem kleinen Stern fest in die Augen und antwortet „gehen wir morgen nach Feierabend joggen und dann auf einen Abzocker?“
Der kleine Stern lächelt, seine Zukunft beginnt heute und jetzt.