Über all die Hektik hatten wir offenbar ausgeblendet, was da draußen noch immer auf uns lauerte. Wie auf Bestellung, wurden wir schlagartig daran erinnert...
Vor meiner Haustüre ging es zu, als hätte ich was zu verschenken. Reporter aller erdenklichen Medien versuchten an ein Interview zu kommen. Ich bat daher die Polizisten, dafür zu sorgen, dass die Zufahrtsstraße zu meinem Grundstück schon unten an der Hauptstraße gesperrt würde. Es dauerte geraume Zeit, weil die Fahrzeuge praktisch vor meiner Garage wenden mussten und daher Stück für Stück wieder auf die Hauptstraße geschickt wurden, während die anderen, bereits auf dem Privatweg befindlichen Fahrzeuge nacheinander zum Wenden heraufkamen. Ich stand mit meinen Krücken an der Haustür, als gerade der VW-Transporter eines Regionalsenders wendete, und sprach mit einem der Beamten. Plötzlich krachten Schüsse. Ich sah das Mündungsfeuer, eine Seitenscheibe des Busses barst und ein brennender Schmerz am linken Oberarm folgte auf einen trockenen kurzen Schlag. Noch während ich mich hinfallen ließ, hörte ich Selina panisch meinen Namen rufen und spürte etwas warmes meinen Arm hinunterlaufen. Der Beamte mit dem ich gesprochen hatte, reagierte unheimlich schnell. Er stellte sich tatsächlich in voller Breite schützend vor mich ging in die Hocke und feuerte sofort zurück. Der Transporter schoss mit aufheulendem Motor davon. Wie ein Maikäfer lag ich zwischen meinen Krücken. Ich konnte nur hoffen, dass sonst niemand verletzt worden war. Selinas Gesicht erschien über mir und ich spürte ein paar ihrer Tränen auf mein Gesicht fallen. Selina versuchte mich in den Flur hinein zu ziehen, was mir starke Schmerzen bereitete. "Halt Schatz, Stopp! Hilf mir auf bitte! Zieh nicht an meiner Schulter! Scheiße tut das weh!" Selina versuchte, mir auf die Beine zu helfen. Beim zweiten Versuch schaffte sie es. Ich humpelte mit ihr in die Bibliothek, die auf der dem Parkplatz abgelegenen Seite des Flurs lag. Selina zitterte wie Espenlaub. Ich spürte, wie der Schock bei mir langsam nachließ. Selina versuchte mit zittrigen Fingern die Wunde zu untersuchen, doch ich fasste ihren Kopf und zog sie ganz zu mir heran. "Beruhige dich, Schatz, es ist nur ein Streifer! Alles gut, Selina, beruhige dich!" Mit der unverletzten Rechten streichte ich über ihr Haar, während sie von einem Weinkrampf geschüttelt an meiner Schulter schluchzte... Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber ich schien das Glück gepachtet zu haben. Zumindest das Glück im Unglück! Der Beamte stürzte zur Tür herein: "Herr Montar, sind sie schwer verletzt?" - "Ich glaube sie haben das Schlimmste verhindert, Herr Brandmayr, Danke! Super-Reaktion. Danke! Bitte schauen sie nach ihren Kollegen! Und geben sie mir Bescheid. Er nickte und verließ die Bibliothek. Selina beruhigte sich langsam. Tränenüberströmt schaute sie mich an. "Einen Moment hab ich geglaubt, er hat es geschafft!" Ich strich noch immer mit der rechten über ihr Haar und küsste ihr die Tränen weg. "Ich bin untötbar, Liebes! Du wirst mich immer wieder zusammenflicken, meine kleine Göttin!" - "Oh Gott, ich wein mir einen runter und lass dich verbluten!" Sofort sah sie nach der Wunde. "Ich bin sofort wieder bei dir, Schatz!" Sie holte das Verbandzeug, welches sie für meine ursprüngliche Verletzung aus der Klinik mitgenommen hatte und schnitt meinen Ärmel auf. Sie hatte ihre Professionalität wiedergefunden und war jetzt wieder ganz Medizinerin. Behutsam, um den Behandlungsschmerz möglichst gering zu halten, säuberte sie die Wunde. "Du hast wirklich Glück gehabt. Es ist wirklich kein tiefer Streifschuss, aber es ist auch nichts da zum Nähen. Wenn die Blutung gestillt ist, leg ich dir ein Gewebe drauf mit dem es schöner zuheilt. Es tut mir leid Michael, das hätte mir nicht passieren dürfen, aber ich hatte einen Moment geglaubt..." - "Gar nichts braucht dir leid zu tun. Du bist das Beste was einem Mann passieren kann. Du bist klug , du bist schön, du bist liebevoll, du bist wahhhnsinnig sexy, du bist tausendmal besser als man sich seine Traumfrau ausmalen kann!" Ich küsste sie und hätte am Liebsten gar nicht mehr damit aufgehört...